Kantiverbindung
Induster loteten die Zeitgemässigkeit ihres Männerbundes aus

Nach 10 Jahren ohne grosse Feierlichkeiten hat die Industria, eine der klassischen Verbindungen an der Alten Kantonsschule, den Wunsch verspürt, wieder einen überdurchschnittlichen Anlass auf die Beine zu stellen.

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Martin Burkard, Olivia Kühni, Claudio Passardi und Ueli Mäder (v.l). Bild: uhg

Martin Burkard, Olivia Kühni, Claudio Passardi und Ueli Mäder (v.l). Bild: uhg

Urs Helbling

Am Wochenende feierten die weiss, rot und grünen Farbenbrüder das Jubiläum «160 Jahre Industria». Unter anderem mit einem Podium zum Thema «Männerbünde: Wie zeitgemäss sind Studentenverbindungen?».

An der von Olivia Kühni moderierten Veranstaltung war auch Mia Jenni angesagt, die vor einer Woche beinahe zur Präsidentin der Juso Schweiz gewählt worden ist (AZ vom 2. 9.). Doch war sie kurzfristig verhindert. Die Diskussion verlief dennoch erfreulich vieldimensional, was auch das Verdienst des emeritierten Soziologieprofessors Ueli Mäder war, der etwa darauf hinwies, dass es beim Alkoholkonsum sehr wohl Grenzen gibt. Er sagte aber auch, Verbindungen, logischerweise aller Art, seien für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig. Und: «Man ist privilegiert, wenn man einer Verbindung wie der Industria angehört.»

Im Leben der Alten Kantonsschule mit ihren 1200 bis 1400 Schülern seien die Verbindungen zwar präsent, aber heute nur noch eine kleine Gruppe, erklärte Martin Burkard v/o Camus, Rektor der Alten Kanti. Er war selber nie in einer Verbindung («Ich hatte das Erlebnis nicht»), ist aber heute Freimitglied der Industria. Er wies darauf hin, dass der Wert von Verbindungen vor allem auch in dem besteht, was nachher passiert. Also in der lebenslangen Freundschaft auf Stufe der Altherren. Deren Wert strich auch Claudio Passardi v/o Gigolo («Ich bin mittlerweile verheiratet») heraus. Er ist seit 12 Jahren Auslandschweizer, kommt primär noch nach Aarau zurück, um hier seine Farbenbrüder zu treffen. «Wir sind im Endeffekt ein heterogener Verein», erklärte Passardi. Es mache den Wert der Verbindungen aus, dass man andere Standpunkt zulasse.

Passardi schnitt die Frage an, ob die Diversität noch grösser wäre, wenn Verbindungen gewisse Grenzen öffnen, beispielsweise Frauen zulassen würden. «Die Verbindungen haben eine lange Tradition. Sie wurzeln in einer Zeit, in der es an der Kanti noch kaum Frauen hatte», sagte Rektor Burkard. Eine Votantin aus dem Publikum meinte: «Männer unter sich haben ganz andere Themen, als wenn Frauen unter sich sind.» Das gelte speziell in der Altersklasse der 16- bis 20-Jährigen. Ein Altherr sagte: «Frauen-Verbindungen finde ich genial – aber ich will keine Vermischung.» An der Alten Kanti Aarau gibt es seit über zehn Jahren wieder eine Frauen-Verbindung. Was könnten in Zukunft die Aufgaben einer Verbindung sein? Rektor Burkard machte den Weiss, Rot und Grünen nicht allzu grosse Hoffnungen. Im Gegensatz zu früher decke die Kantonsschule selber bereits sehr viel ab. Es gebe kaum noch Nischen.

Es sei denn die generationenübergreifende Pflege der Beziehungen und der Gemütlichkeit – so wie das die Induster am Wochenende getan haben.(uhg)