Schlechte Stimmung
9200 Überstunden vergessen: BVB-Mitarbeiter unzufriedener als während der Krise

Die neue Mitarbeiterbefragung der Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) zeigt: Auch zwei Jahre nach der grossen Krise ist die Stimmung beim öV-Betrieb ausgesprochen schlecht. Die Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen sank sogar nochmals.

Christian Mensch
Drucken
Die BVB haben Mitarbeitern, die nachts Gleise erneuern oder Trams warten, keinen Nachtzuschlag gewährt.

Die BVB haben Mitarbeitern, die nachts Gleise erneuern oder Trams warten, keinen Nachtzuschlag gewährt.

Nicole Nars-Zimmer niz

Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) kommen nicht zur Ruhe. Das Personal ist unzufrieden mit dem Arbeitsklima und der Führung, die krankheitsbedingten Abwesenheiten häufen sich und nun dies: Bei rund hundert Mitarbeitern im Bereich Technik und Infrastruktur wurden in den vergangenen vier Jahren die Schichtzulagen nicht korrekt verrechnet.

In den Verhandlungen zu einem neuen Arbeitszeitreglement ist bei den Gewerkschaften der Verdacht aufgekommen, dass den Werkstatt- und Bauarbeitern seit 2014 der Schichtbonus vorenthalten worden sei. Die Zulage ist in der Arbeitszeitverordnung für das Kantonspersonal geregelt. Demnach wird Mitarbeitern, die zwischen 20 Uhr und 6 Uhr Nachtarbeit leisten, ein Zeitzuschlag von zwanzig Prozent ausgerichtet, sofern mindestens fünf Stunden der Schicht in diese Zeitspanne fallen.

Die BVB räumen die Benachteiligung ihrer Arbeiter zerknirscht ein. Sprecher Benjamin Schmid sagt: «Die BVB bedauern diesen ärgerlichen Fehler sehr und haben sich bei den betroffenen Mitarbeitenden in aller Form entschuldigt.» Mit der Januar-Abrechnung würden ihnen die fehlenden Stunden gutgeschrieben. Nach vorläufiger Berechnung müssen rund 9200 Stunden Überstunden angerechnet werden, was sich im BVB-Jahresabschluss als Rückstellung in Höhe von rund 540'000 Franken niederschlagen wird. Nicht betroffen sind die Bus- und Tramchauffeure, die ihre Arbeitszeiten nach einem anderen Zeitwirtschafts-System abrechnen.

Unbefriedigende Arbeitssituation

Für die Belegschaft wird der eingestandene Fehler ein weiteres Indiz sein, dass der Führung des Unternehmens nicht zu trauen ist. Dies kommt auch in der neuen Mitarbeiterumfrage zum Ausdruck, deren erste Resultate vorliegen. Demnach entspricht die aktuelle Arbeitssituation bei weitem nicht den Erwartungen: Von 100 Punkten erhält das Unternehmen lediglich 61. Die Zufriedenheit hat sich damit gegenüber der letzten Studie von 2016 sogar noch um einen weiteren Punkt verschlechtert. Unverändert ist das Commitment zur Firma mit 80 von 100 Punkten. Doch unter dem Strich bleibt die Erkenntnis: 46 Prozent der Belegschaft schätzen die BVB nicht als attraktiven Arbeitgeber ein.

Die Geschäftsleitung versucht, das schlechte Resultat in einer internen Mitteilung einerseits mit der «hohen Arbeitsbelastung» zu erklären. Andererseits «dürfte der gemeinsame Geist unter den vielen Veränderungen der letzten Jahre gelitten haben und viele Mitarbeitende möchten wieder stärker gehört und eingebunden werden.»

In der Aussage eindeutiger, wenn auch nicht repräsentativ sind die Wertungen, die Mitarbeiter auf der Plattform Kununu über die BVB abgegeben haben: «Chaotisch», «unstrukturiert», «unprofessionell», «arrogant» trete vor allem die Geschäftsführung auf. Im Schnitt erhalten die BVB von ihren Mitarbeitenden nur gerade 2,74 von fünf möglichen Punkte.

Als die BVB vor zwei Jahren erstmals die Mitarbeiterbefragung durchführten, stand das Unternehmen vermeintlich auf dem Höhepunkt der Krise. Die Krisen-Stimmung bei den Mitarbeitenden hatte politische Folgen. Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates sprach in ihrem Spezialbericht von «beunruhigenden Zahlen» und forderte Abhilfe. Als Folge traten der Verwaltungsratspräsident und sein Vize per sofort zurück. Die Basler Regierung forderte ihrerseits die BVB-Führung auf, die Belegschaft stärker einzubeziehen. «Prioritär» seien Massnahmen zu treffen, um die Situation zu verbessern.

Die Vorgabe fand sogar expliziten Eingang in die neue Eignerstrategie für die BVB. Darin heisst es normativ: «Das Unternehmen verfügt über eine fortschrittliche und soziale Betriebskultur. Die Mitarbeiterzufriedenheit und ein positives Betriebsklima geniessen einen hohen Stellenwert». Vor allem die Führung wird in die Verantwortung genommen: «Ein respektvoller und wertschätzender Umgang und die offene Kommunikation sollen die Grundlage der Führungskultur sein, in der die Führungskräfte die Voraussetzungen für ein motivierendes und auf gegenseitiges Vertrauen basierendes Betriebsklima schaffen.»

Massnahmen im neuen Jahr

Verwaltungsratspräsidentin Yvonne Hunkeler hatte sich bei Amtsantritt zu den Zielen des Eigners bekannt und neuen Wind versprochen. Doch die Auflagen blieben so wirkungslos wie ihr Bekenntnis dazu. Im Gegenteil: Die Zufriedenheit ist sogar noch leicht schlechter geworden.

Die Direktion unter Direktor Erich Lagler verbreitet währenddessen Absichtsbekundungen im praktisch gleichen Wortlaut wie vor zwei Jahren: «Die BVB nehmen die Resultate der Mitarbeitendenbefragung sehr ernst und analysieren sie nun im Detail.» Welche Massnahmen getroffen würden, werde im Februar diskutiert und kommuniziert.