Basel
Alptraum im Solitude-Park: Kleinkind in WC-Automat eingeschlossen

Automaten-WCs verriegeln sich von selbst, sobald sich jemand in ihnen aufhält. Das wurde einer Mutter zum Verhängnis.

Benjamin Wieland
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WC-Drama im Solitude-Park
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Als die Tür zuschnappte, war das Kind allein: Die WC-Anlage im Solitude-Park.
Das WC-Häuschen im Solitude-Park.

WC-Drama im Solitude-Park

Nicole Nars-Zimmer (niz)

Es gibt angenehmere Ferien-Erinnerungen. Am vergangenen Samstagmittag betrat eine Touristin aus Holland mit ihrem Kinderwagen das öffentliche Automaten-WC im Solitude-Park. Sie ging nochmals kurz nach draussen, wo ihr Partner und Bekannte warteten. Dabei muss sie einen Augenblick lang die Tür losgelassen haben. Die schnappte zu, wenige Sekunden später schaltete sich die Türverriegelung ein. Der Kinderwagen war in der Kabine eingeschlossen – samt Kleinkind.

Minutenlang versuchte die Gruppe, die massive Metalltüre zu öffnen. Aus dem Innern drang Schluchzen. Doch auch das Drücken des grünen «Öffnen»-Knopfs blieb ohne Wirkung, und auf der Kabine selber sind keinerlei Hinweise angebracht, wie man sich in solch einem Fall zu verhalten hat.

Der Vater wusste sich nicht anders zu helfen, als den Notruf 112 zu wählen. Dort wurde er beruhigt: Im Normalfall werde die Verriegelung nach 15 Minuten automatisch wieder ausgeschaltet. Trotzdem schaute eine Patrouille der Kantonspolizei Basel-Stadt vorbei. Nach weiteren langen Minuten sprang die Flügeltür wieder auf. Die Familie konnte die Tochter wieder in die Arme schliessen, die restlichen Ferientage verliefen hoffentlich weniger stressig.

Sensoren melden: «WC besetzt!»

Doch weshalb konnte es überhaupt zum Vorfall kommen? Und weshalb finden sich an der Aussenseite keinerlei Hinweise – auch nicht darauf, dass sich die Kammer nach einer Viertelstunde von selbst wieder entriegelt?

Die Toilette ist in einem Häuschen der Basler Stadtgärtnerei untergebracht. Mediensprecherin Brigitte Vogel sagt auf Anfrage: «Es tut uns wahnsinnig leid, dass so etwas passiert ist.»

Das kostenlose WC gehört zur Produktlinie Swisstoilet. Hersteller ist die Autosys AG aus Glattfelden ZH. Laut deren Angaben ist das WC so eingestellt, dass es sich automatisch verriegelt, sobald die Türe geschlossen wird und sich jemand im Innern aufhält. Um das festzustellen, seien im Innenraum diverse Sensoren eingebaut.

Yves Kündig, Mitinhaber der Autosys AG, sagt auf Anfrage, es gebe mehrere Möglichkeiten, die Kabine von innen wieder zu öffnen: «Da wäre als Erstes die Türfalle. Dann gibt es einen Öffnungsknopf und für Notfälle einen SOS-Knopf beim Toilettensitz an der Wand. Aber das nützt natürlich alles nichts, wenn sich ein Kleinkind in der Kabine eingeschlossen hat.»

Die Sensoren hätten zwar erkannt, dass sich jemand im Innenraum befand. Gleichzeitig auch zu registrieren, dass es sich dabei um eine Person handle, die zu klein sei, um überhaupt an die Türfalle zu gelangen, dafür sei die Technik aber nicht ausgerichtet.

Laut Kündig gibt es Modelle, auf denen Warnhinweise angebracht seien. «Doch auch Piktogramme oder schriftliche Hinweise bieten keine 100-prozentige Sicherheit. Sie werden häufig falsch verstanden oder übersehen.» Die Autosys AG bringe an den Kabinen auch keine Telefonnummern an, aus zwei Gründen: «Erstens gibt es Spassvögel, welche die Nummer missbrauchen, und zweitens stehen unsere Toiletten in der ganzen Schweiz. Bis wir bei einem Notfall vor Ort wären, hätte sich die Situation meist schon geklärt.»

Nicht der erste Fall?

Brigitte Vogel von der Stadtgärtnerei sagt, Basel-Stadt betreibe einen eigenen Pikettdienst für die insgesamt 82 öffentlichen Toilettenanlagen im Stadtkanton. Die entsprechenden Informationen seien nicht auf den Toiletten angebracht, sondern bei der Polizei hinterlegt. «Wenn sich die Türe über längere Zeit nicht mehr öffnet, zum Beispiel wegen einer Störung, dann gibt es also die Möglichkeit, dass jemand ausrückt und die Tür manuell öffnet.»

Eine Augenzeugin des Vorfalls am Samstag sagt zur bz, es komme immer wieder vor, dass sich Kinder in der Toilette einschliessen würden. Gleich neben dem WC-Häuschen befindet sich der beliebte öffentliche Solitude-Spielplatz – mit Rutschbahn, Sandkasten, Planschbecken und Klettergestell.

Wenigstens nicht nassgespritzt

Man habe keine Kenntnis von vergleichbaren Vorfällen, sagt Brigitte Vogel. Trotzdem gebe man die Anregung für allfällige Verbesserungsmöglichkeiten an das für die WC-Anlagen zuständige Tiefbauamt weiter.

Rund ein Drittel der öffentlichen WC-Anlagen in Basel-Stadt reinigen sich selbst, ein grosser Teil stammt von Swisstoilet. Nach Gebrauch werden die Schüssel, das Brünnlein und der Fussboden mit Wasser abgespritzt, desinfiziert und getrocknet. Das Modell in der Solitude ist zwar mit Sensoren ausgestattet, gehört jedoch nicht zu den selbstreinigenden Kabinen.

Dem Kind drohte also in keinem Fall eine unangenehme Dusche. Doch auch das konnten die Eltern nicht wissen.