Der Basler Fotograf Edgar Gilgen erinnert sich an die Begegnung mit dem berühmtesten Boxer der Welt im Jahr 1971, als Muhammad Ali Basel besuchte.
«Es war ein Chaos. Die ganze Greifengasse versank im Stau. Alle wollten ihn sehen, den Superstar. Dabei boxte er in Basel gar nicht. Im Zürcher Hallenstadion sollte er ein paar Tage später gegen Jürgen Blin kämpfen. Das Billett kostete damals 45 Franken. Das Warenhaus Rhybrugg, heute die Manor, lotste Mohammed Ali aber nach Basel. Es war ein Werbegag. Hier sollte er für seine Fans Unterschriften verteilen.
Ich glaube, die Rhybrugg liess sich dieses Spektakel etwa 25 000 Franken kosten. Das hat sich aber gelohnt. Schon Tage zuvor verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer, die Rhybrugg hat auch extra Reklame gemacht.
Ich arbeitete damals schon in einer Spedition, 40 Jahre lang habe ich diese geleitet. Am Tag, als Ali kam, war ich 39 Jahre alt. Ich weiss nicht mehr, ob das an einem Samstag war. Ich habe meine Kamera genommen und bin rauf in den fünften Stock. Direktionsetage. Ich habe damals als freier Fotograf gearbeitet, es war mein zweites Standbein. Meine Fotos habe ich an die Lokalpresse verkauft, früher gab es dafür noch gutes Geld. Den FCB habe ich so lange begleitet, ich besass deshalb einen Presseausweis. Da stand ich also, wartete vor dem Lift. Früher gab’s in der Manor nur diese Kettenlifte. Dann ging die Türe auf. Zuerst kamen Bundini Brown, der Assistenztrainer, und Angelo Dundee, sein Trainer. Schliesslich stand Ali da. Richtig chic, in einem gesteppten Anzug.
Er war sehr elegant. Im Sitzungszimmer der Direktion wurde ein Apéro serviert, Ali nahm irgendwas mit einem Orangensaft. Damals entstand auch dieses Bild, jemand schenkte ihm eine kleine Läggerli-Trommel. Ali versuchte sich sofort daran, ein Riesenspass. Eine englische TV-Equipe fragte ihn: ‹Und, wer wird gewinnen?› Ali antwortete: ‹Auf solch dumme Fragen gebe ich keine Antwort. Natürlich gewinne ich.› Es war die Zeit, als Ali jeweils genau vorhersagte, in welcher Runde er seinen Gegner KO schlagen wird. Ali begab sich dann hinunter, wo er Autogramme verteilen sollte. In der Bücherabteilung kippten die Regale um, der Ansturm war enorm. Hunderte drängten sich zu ihm vor, die Leute mussten schliesslich auf der Zwischenetage einzeln zu ihm vorgelassen werden. Gut organisiert war das damals nicht.
Als die ungefähr zehn anwesenden Fotografen ein Bild vom Boxchamp machen wollten, schaufelte er sie zur Seite. Ein kleiner Junge stand da, zitternd vor Nervosität, mit einer kleinen Instamatic. Ali wollte ihm eine Chance geben, ein Bild zu schiessen. Er zog seinen Kittel aus: ‹Zuerst kommt der Junge›, sagte er. Doch der war so verschupft, er hat wohl nur die Füsse fotografiert. Also hat Ali gewartet, ihm Zeit gegeben, bis der Kleine sein Foto gemacht hat.
Er hatte wahnsinniges Charisma. Er war sehr anständig, aber er hat dick angegeben. Ich war damals ein grosser Boxfan, bin ich heute noch. Für mich war diese Begegnung ein Highlight, obwohl ich in meiner Karriere viele berühmte Leute treffen durfte.»
Aufgezeichnet von Benjamin Rosch
*Edgar «Egge» Gilgen ist heute 84 Jahre alt. Während Jahren hat er die internationale und nationale Prominenz in Basel abgelichtet.