Wirtschaftskrise
Am Ende einer glorreichen Expansion: Straumann kürzt wegen Corona 60 Stellen in Basel

Das Medizinaltech-Unternehmen redimensioniert weltweit – auch der Schweizer Hauptsitz ist betroffen. Mit der Coronakrise gelangt die Expansion der Gruppe an ein vorläufiges Ende. Die Lageanalyse der Firma verspricht allerdings wenig Gutes für High-Tech-Produzenten.

Andreas Schwald
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Für Hersteller von Zahnimplantaten hat die Coronakrise verheerende Folgen.

Für Hersteller von Zahnimplantaten hat die Coronakrise verheerende Folgen.

KEYSTONE/MARTIN RUETSCHI

Die Coronakrise schlägt am Rheinknie zu Buche. Nach dem Modekonzern Tally Weijl, der am Hauptsitz in der Stadt bis zu 80 Stellen streicht, zieht nun das Basler Medizinaltech-Unternehmen Straumann nach und streicht voraussichtlich bis zu 60 Stellen. Der Markt für zahnmedizinische Eingriffe, auf die sich der Implantate-Konzern spezialisiert hat, ist wegen der Virus-Schutzmassnahmen in allen Märkten zusammengebrochen. Weltweit will Straumann deshalb rund 660 Stellen abbauen.

Am Hauptsitz in Basel, direkt beim Bahnhof SBB, beschäftigt der Konzern 595 Personen. Damit würde es zu einer Massenentlassung kommen. Ein entsprechendes Konsultationsverfahren mit der Belegschaft werde daher eingeleitet. Straumann sei bestrebt, den Prozess «verantwortungsvoll, zeitnah und fair abzuwickeln».

Das Aus für den Expansionskurs

Anfang Jahr zeigte sich Straumann gegenüber den Investoren noch einigermassen zuversichtlich, mit neuen Produkten das Wachstum der vergangenen Jahre weiter voranzutreiben. Der Ausbruch der Corona-Pandemie in China war zwar schon damals ein Thema, allerdings konnten dessen globale Tragweite und die schwerwiegenden Folgen der Schutzmassnahmen kaum abgeschätzt werden.
Straumann baute auf einem forschen Expansionskurs vor allem im asiatischen Raum aus, aber auch am Hauptsitz entstanden unter ex-CEO Marco Gadola zusätzliche Stellen. Entsprechend verdoppelte sich der Personalbestand in den letzten drei Jahren auf insgesamt 7680 Mitarbeitende.

Straumann hatte bereits früh in der aufziehenden Krise reagiert. Arbeitspensen, Löhne und kurzfristige Kosten wurden reduziert, die Topmanager liessen ihre Saläre freiwillig zu Gunsten des Unternehmens senken. Die Lageanalyse des Konzerns verheisst allerdings auch für andere Firmen wenig Gutes.

Konsumenten verlieren Geld und Vertrauen

In nahezu allen Schlüsselmärkten von Straumann seien das Konsumentenvertrauen und die verfügbaren Einkommen deutlich gesunken. «Reaktionen aus wieder geöffneten Märkten deuten darauf hin, dass ein grosser Anteil nicht dringender Zahnbehandlungen aufgeschoben wird», teilt das Unternehmen mit. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass die Konsumenten sich für kostengünstigere Behandlungen entscheiden. Entsprechend drastisch fallen nun die Massnahmen zur Schadensminderung aus.

Insgesamt erwartet die Straumann Gruppe für 2020 Einsparungen in der Höhe von etwa 15 Millionen Franken. Für 2021 werden im Rahmen des Stellenabbaus weitere Einsparungen von etwa 30 Millionen Franken erwartet.

Bereits Anfang Mai teilte die Basler Modekette Tally Weijl mit, dass weltweit zwischen 750 und 800 Stellen und damit rund ein Drittel des Personalbestands abgebaut werden soll. Dem Konzern fehlen zurzeit über 24,7 Millionen Franken, die mit Bankkrediten kompensiert werden sollen. Bis 2024 könnten über verschiedene Massnahmen jährlich über 20 Millionen Franken eingespart werden. Am Hauptsitz an der Basler Viaduktstrasse sollen 50 bis 80 Stellen verschwinden.