Beide Basel unternahmen bereits etliche Schritte für die Einführung des Ausländerstimmrechts.
Eine Mehrheit des Basler Grossen Rats befürwortete am Mittwoch die Motion zum Ausländerstimmrecht auf kantonaler Ebene. SP, Grünes Bündnis und GLP stimmten Ja. Das knappe Ergebnis zeigt jedoch: Die Forderung ist umstritten. Seit 25 Jahren kommt der Wunsch nach einem Stimm- und Wahlrecht für Niedergelassene ohne Schweizer Bürgerrecht immer wieder auf. So stimmten die Basler bereits am 12. Juni 1994 über eine Initiative dazu ab. Mehr als 70 Prozent der Stimmberechtigten lehnten die Erweiterung des Rechts auf Ausländer, die länger als acht Jahre in der Schweiz leben, ab. Der nächste Versuch scheiterte noch vor der Urne: Die Humanistische Partei kündigte im Jahr 2000 eine entsprechende Initiative an, zog diese vier Jahre später aber wieder zurück.
Im September 2010 kam die nächste Initiative an die Urne. Baschi Dürr, der heutige Sicherheitsdirektor, unterstützte das Vorhaben damals. Er gehörte einem 50-köpfigen Komitee an, bestehend aus Politikern von SP, Grünen, FDP und CVP. Sie lancierten die Initiative 2007. Dürr sagte damals zur «Basler Zeitung»: «Das Ausländerstimmrecht ist ein altes Anliegen von mir.» Es gebe aus Sicht der Freisinnigen keinen Grund, weshalb Ausländer und Ausländerinnen nicht abstimmen dürfen. Sie würden ja auch Steuern bezahlen. Trotz der breiten politischen Abstützung wurden die Initiative und der Gegenvorschlag der Regierung an der Urne deutlich abgeschmettert.
den Kommentar von bz-Redaktorin Silvana Schreier:
Sechs Jahre später versuchte SP-Politikerin Tanja Soland den Weg über den Grossen Rat: Sie forderte eine sogenannte «Ausländermotion», mit der auch Nicht-Stimmberechtigte ihre Wünsche im Parlament einbringen könnten. Der Anzug versandete im Grossen Rat. Im Januar 2019 reichte schliesslich SP-Grossrätin Edibe Gölgeli einen Anzug ein. Dieser Vorstoss zu einem Migrationsrat wird derzeit vom Regierungsrat bearbeitet.
Auch im Baselbiet wurde das Ausländerstimmrecht in den vergangenen elf Jahren mehrmals auf dem politischen Parkett diskutiert. Während die Basler Gemeinden Riehen und Bettingen seit der Änderung der Kantonsverfassung von 2005 das Ausländerstimmrecht auf kommunaler Ebene einführen könnten, müssen die Baselbieter Gemeinden noch darauf warten. SP-Landrat Urs Hintermann forderte 2008 ein kommunales Stimm- und Wahlrecht. Der Landrat lehnte die Motion ab. Den nächsten Versuch startete Grüne-Landrat Jürg Wiedemann im Jahr 2010. Wieder stand der Wunsch nach einem kommunalen Ausländerstimmrecht im Raum, wieder sagte der Landrat Nein. Im Herbst 2017 folgte die nächste Motion: SP-Landrätin Regula Meschberger wollte das Recht auf Gemeindeebene erwirken und der Landrat lehnte dies ab.
Zuletzt wurde das Stimmrecht für Niedergelassene im Frühling 2018 diskutiert. Damals stimmten die Baselbieter über die Initiative von Juso und Jungem Grünen Bündnis ab. Über 80 Prozent der Stimmberechtigten waren dagegen.
«Wow!», twitterte Edibe Gölgeli nach der gewonnenen Abstimmung im Grossen Rat. Der Regierungsrat wird nun eine Gesetzesvorlage zum von ihr geforderten Ausländerstimmrecht nach fünf Jahren im Kanton Basel-Stadt ausarbeiten. Sollte der Grosse Rat diese an der nächsten Lesung ebenfalls gutheissen, könnte es bereits 2021 zur dritten Urnenabstimmung kommen. Doch schon jetzt kündigt sich Widerstand an. SVP-Fraktionschef Pascal Messerli zeigt sich enttäuscht über den Entscheid des Grossen Rats: «Die Resultate der vergangenen Abstimmungen zeigen, dass die Bevölkerung eine klare Meinung zum Ausländerstimmrecht hat. Sie hat mehrmals Nein gesagt.» Für die SVP sei der Weg über die Einbürgerung weiterhin der einzig richtige.
Dem schliesst sich Andrea Knellwolf an. Die Vorlage gehe viel zu weit, sagt die CVP-Grossrätin. Sie zog ihren eigenen Anzug zu einem strenger geregelten Stimm- und Wahlrecht für Basler ohne Bürgerrecht am Mittwochabend zurück. Er hätte zu wenig Zuspruch erhalten, ist sich Knellwolf sicher. An ihrer Forderung hält sie dennoch fest: «Im Ausländerstimmrecht sehe ich eine Massnahme, die die Integration fördern kann. Doch dafür braucht es klare Kriterien, die von den Personen erfüllt werden müssen.» Knellwolf und die Basler CVP werden sich gegen die Vorlage wehren.