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Das Historische Museum Basel räumt seinem Sponsor viel Platz für dessen Männerfantasien ein.
Die Ausstellung stand auf der Kippe. Marc Fehlmann, der Direktor des Historischen Museums Basel, klagte im kleinen Kreis, er finde keine Geldgeber für die Jubiläumsausstellung zu Friedrich Nietzsche. Vor 175 Jahren hatte der Philosoph das Licht der Welt erblickt. Vor 150 Jahren wurde er zum Professor der Universität Basel berufen. Wohlhabende Basler Kreise finanzierten sein Leben, als er, zunehmend geistig umnachtet, das Lehramt aufgeben musste. Doch Mäzene der Ausstellung wollten sie nicht sein.
Eingesprungen ist der Solothurner Peter Buser, 82. Ein mit Finanzgeschäften reich gewordener bunter Vogel, ein Playboy, der die Bezeichnung als Ehrentitel trägt, und ein Nietzsche-Verehrer, dessen moralische Entfesselung ihm die Blaupause für seinen Lebenswandel gibt. Fehlmann lobt im Ausstellungskatalog, wie spontan, unkonventionell und unbürokratisch Buser das Projekt mit 400'000 Franken «gerettet» habe. An das Kleingedruckte im Vertrag mag sich das Museum allerdings nicht richtig erinnern: Es sollte aktiv ein Symposium unter der Leitung des Geldgebers unterstützen. Doch in Zeiten von #metoo verspricht das Thema bloss Ärger: «Ein Spielzeug sei das Weib dem Manne.»
In den Nobelherberge Trois Rois hätte die philosophische Tagung zunächst stattfinden sollen, nun steigt sie am kommenden Samstag in der altehrwürdigen Aula des Naturhistorischen Museums. Unter Busers Leitung debattieren geladene Gäste das «Verhältnis von Gehorsamkeit und weitere Geschlechterfragen». Die bei Nietzsche entlehnte These, die Buser aus Überzeugung vertreten wird: Die Frau habe zu ihrem Wohl dem Manne zu gehorchen. Seine kleine Einschränkung ist, dass er nur Frauen meine, die dies auch wollten. Buser, der sich gerne mit einer 19-jährigen Südamerikanerin zeigt, sagt: Von sich könne er sagen, dass ihm vor allem junge Frauen gerne gehorchten.
Nietzsche und sein Frauenverständnis ist ein Topos. In der Vergangenheit wurde er vor allem zum Macker gestempelt. Aktuell versuchen seine Exegeten eine Umdeutung. So rapportierte die NZZ jüngst von einem wissenschaftlichen Kolloquium in Sils Maria, Nietzsches Männlichkeitskonstruktion sei das Produkt eines eigentlich «femininen Denkers».
Buser, immerhin ein Doktor der Philologie, agiert weit entfernt vom akademischen Diskurs.
Statt gelehrt zu schwurbeln, äussert er sich gerne provokativ. Er gibt sich ironisch und tolerant. Doch wer anders denkt, den empfindet er vor allem als fehlgeleitet. Feminismus sei wider die Natur der Frau, erzählt er in der Biografie, die der stellvertretende «Weltwoche»-Chefredaktor Philipp Gut für ihn aufgeschrieben hat. Tief im Innersten würden sie Männer verachten, «die Jammerlappen sind und Schwäche zeigen.» Männer wiederum, die sich nicht diesem Schema fügen, seien «Spiesser», die sich nicht getrauten, ihre Träume zu leben.
Nach dem Frauenstreik liess Buser den Tweet vom Stapel: «#Frauenstreiks werden weiter toben solange ihr dummen, lendenarmen mitteleuropäischen Männer nicht #Winkelrieds werdet. Ich hasse Euch, ihr Abwaschboys in den Küchen.» Nicht alle Gäste seines Symposiums werden ihm zustimmen, wohl aber Svenja Flasspöhler, die im deutschen Sprachraum als eine der schärfsten #metoo-Kritikerinnen gilt. Sechs Frauen und fünf Männer hat er eingeladen. Darunter Prominenz wie die Schriftsteller Martin Walser und Matthias Politycki, dazu Philosophen und Publizisten beiderlei Geschlechts sowie die 28-jährige Pianistin Danae Dörken. Sie ist häufig anzutreffen, wo Buser den Geldbeutel locker macht.
Einen besonderen Gaststatus hat der Publizist und Philosophiedozent Andreas Urs Sommer. Er ist das Bindeglied zwischen Buser und Fehlmann. Er ist in der Öffentlichkeit getreten, um den arg umstrittenen Museumsdirektors zu verteidigen, er bildet den «Wissenschaftlichen Beirat» der Nietzsche-Ausstellung und verfasste die Einleitung des begleitenden Katalogs. Sommer ist aber auch im Vorstand von Busers Stiftung res ubique, die den Geldbetrag überwiesen hat. Sinnreich ist der lateinische Name nur, weil die ersten fünf Buchstaben rückwärts gelesen auf den Stifter verweisen. Buser finanziert damit seine Egoprojekte; die Nietzsche-Tagung ebenso wie das Leichtathletik-Stadion in Grenchen oder neu das «World Music Forum» in Davos, das er am vergangenen Samstag angekündigt hat.
Buser hatte erwartet, dass sich Fehlmann und Sommer stärker für sein Nietzsche-Symposium einsetzen würden. Doch Fehlmann fällt krankheitshalber aus und Sommer wolle sich wohl nicht zu sehr exponieren, sagt Buser. Er hat dafür ein gewisses Verständnis: «Das Thema ist ein heisses Eisen.» Doch er habe schon erwartet, dass er zumindest so unterstützt werde, wie es vertraglich vorgesehen sei. Dass bei der Ausstellung zumindest ein Flyer aufliegt, ist ihm nun das Mindeste. Ein Zurück gibt es aber nicht: «Ich pauke die Sache durch.»
Tickets für die fünfstündige Veranstaltung verkauft er an der Tageskasse für 50 Franken. Dazu sucht er via Facebook Sponsoren, die bereit sind, eine Tranche von 10'000 Franken zu übernehmen. Sie würden eingangs des Symposiums lobend erwähnt. Zudem sei zu erwarten, dass das «zu erstellende Video rasch von über einer Million Personen angeschaut wird.» Dafür sucht er allerdings noch eine TV-Station, die bereit ist, die Veranstaltung zu filmen. Zwei oder drei seien angefragt, zugesagt habe allerdings noch keine.
Sie zieren sich wie das Historische Museum, das die rettenden 400'000 Franken gerne genommen hat.