Am Montagabend geht eine Podiumsdiskussion der Frage nach der Zukunft des Theaters Basel nach. Eigentlich sollte das Theater aber von sich aus zum Stadtgespräch werden. Basel braucht ein Theater, das die Leute bewegt, das inspiriert, verändert, berührt, anstösst und stört.
«Theater Basel: Wie weiter?» so ist das Stadtgespräch von heute Abend überschrieben. Das Regionaljournal von Radio SRF und die Volkshochschule laden zur Podiumsdiskussion über die Frage nach der Zukunft des Theater Basel: Wohin soll sich das Theater Basel entwickeln? Für welches Publikum soll zukünftig Theater gespielt werden – und mit welcher künstlerischen Ausrichtung?
Wer über das Theater diskutiert und dabei vor allem darauf schaut, was auf der Bühne passiert, hat nicht verstanden, um was es im Theater geht. Denn im Theater geht es nicht um das, was auf der Bühne passiert, im Theater geht es ums Publikum. Das steckt schon im Wort drin: Theater kommt ursprünglich von «theaomai», das bedeutet «anschauen». Die wichtigste Tätigkeit im Theater findet also im Zuschauerraum statt. Im Theater geht es nicht so sehr darum, was auf die Bühne gebracht wird, sondern darum, was das im Publikum auslöst an Gefühlen und Gedanken und Inspiration. Theater ohne Publikum geht nicht. Das ist wie ein Buch, das niemand liest.
Bedeutet das, dass das Theater Basel möglichst viel Publikum anlocken muss, dass also nur eine ausverkaufte Vorstellung eine gute Vorstellung ist? Im Gegenteil! Wenn es nur auf die Zuschauerzahl ankäme, bräuchte das Theater keine staatliche Unterstützung, dann könnte es sich einfach nach dem Markt richten und im Seichten versacken. Gerade das aber ist nicht die Aufgabe von Theater.
Kunst unterscheidet sich von Unterhaltung dadurch, dass sie das Publikum inspiriert, verändert, berührt, anstösst, ja: stört. Das ist denn auch die zentrale Aufgabe des Theaters Basel: Es muss Basel stören. Das Theater muss die Wunden in Basels Gesellschaft finden. Und wenn es sie gefunden hat, muss das Theater Basel Salz in diese Wunden reiben. Das geht natürlich nur, wenn das Publikum so lange still hält. Und das macht es nur, wenn das Theater fesselt. Deshalb muss das Theater Geschichten erzählen. Spannende Geschichten, die berühren.
Anders gesagt: Damit das Theater das Publikum stören kann, muss es dem Publikum zuerst einmal schmecken. Wohlverstanden: dem Publikum, nicht den Kritikern. Theaterkritiker vergleichen mit München und Wien und versuchen uns zu erklären, warum etwas nicht neu und deshalb nicht wichtig sei. Das ist, mit Verlaub, egal. Es kommt nicht darauf an, was anderswo ist. Theater ist immer nur hier und immer nur jetzt. Es kommt also nicht auf die Zahl der Zuschauer an, sondern darauf, was das Theater bei den Zuschauern bewirkt. Eigentlich ist es deshalb verkehrt, wenn man ein Stadtgespräch zum Theater organisieren muss. Eigentlich sollte das Theater von sich aus zum Stadtgespräch werden.
Es liegt nicht nur am Theater, dass es wieder Stadtgespräch wird. Es liegt auch an uns. Am Publikum. Denn wir Zuschauer sind das Wichtigste im Theater. Wir müssen nur hingehen und uns einmischen. Hingehen und uns zu Zuschauern machen lassen. Mit uns Theater geschehen lassen. Wir alle. Denn das Wort «Publikum» bezeichnet nicht eine spezielle Gruppe. Es kommt vom Lateinischen «publicus» und das meint schlicht: «das Volk.» Das Theater, das ist deshalb nicht ein Haus oder drei Häuser, es ist nicht eine Truppe und es sind nicht die Bretter. Das Theater ist das Publikum. Wir sind das Theater.
Das Stadtgespräch findet am Montag von 20 bis 21.30 Uhr im Hotel Trois Rois statt.