An der Basler Uhren- und Schmuckmesse arbeiten Leute im Sicherheitsbereich ohne entsprechende Ausbildung. Das Sicherheitsrisiko möglich macht eine Gesetzeslücke. Luxusobjekte im Gesamtwert von über einer Milliarde Franken werden von Amateuren bewacht.
Die Baselworld ist in Sachen Qualität und Stil einzigartig». Das sagte Messechef René Kamm bei der Eröffnung der Uhren- und Schmuckmesse im vergangenen Jahr. Dabei vergass er etwas. Die Baselworld ist auch in Sachen Preis einzigartig. Kaum ein Fabrikant kann es sich leisten, bei der wichtigsten Veranstaltung ihrer Art zu fehlen. Schon für einen bescheidenen Stand blättert ein kleiner Aussteller einen Betrag hin, für den er sich auch etwas Hübsches anderes kaufen könnte. Etwa einen Porsche.
Die Baselworld hat aber auch eine Seite, die nicht so schön glänzt, wie es die Messeoberen gerne hätten. Die Sicherheit. Denn obwohl in den Hallen Waren ausgestellt werden, deren Wert die Milliardengrenze wohl überschreitet, steht auch nicht ausgebildetes Security-Personal in den Hallen. Und das nicht zu knapp.
«Während der Baselworld wimmelt es immer mehr von Gelegenheits-Wachmännern, meist aus Deutschland», sagt Insider A. F. «Diese Leute meinen es gut, sie haben aber null Ortskenntnisse und wissen zum Beispiel nicht einmal, wie man eine Personenkontrolle vornimmt, da sie normalerweise vielleicht studieren und Erfahrung als Gärtner vorweisen können, aber nicht als Angestellter im Objekt- oder Personenschutz.» Viele der Amateur-Securitys werden während der Baselworld, deren diesjährige Ausgabe am 19. März beginnt, extra nach Basel geholt. Sie würden in einem Luftschutz-Bunker bei der Messe übernachten, weiss A. F. Er macht sich Sorgen, nicht zuletzt auch um das Wohl der eigenen Leute. «Ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn es in der Halle einmal zu einem richtigen Ernstfall kommt.»
Das Problem sind die Subunternehmer. Zwar engagiert die Messe für die achttägige Luxusschau die beiden Schweizer Branchenriesen Protectas und Securitas. Während die Securitas versichert, nur eigene Leute einzusetzen, räumt Protectas ein, «mit mehreren Subunternehmern» zusammen zu arbeiten. So kommen am Grossanlass viele Temporärkräfte zum Einsatz – darunter etliche, die nicht für derartige Einsätze ausgebildet sind. Ganz legal.
Möglich macht das eine Gesetzeslücke. Der «Gesamtarbeitsvertrag für den Bereich der privaten Sicherheits-Dienstleister» schreibt zwar als absolutes Minimum eine Grundausbildung vor. Diese Regelung kann aber umgangen werden. Die sogenannte Basisausbildung, die mindestens zwanzig Stunden umfassen muss, ist innerhalb der dreimonatigen Probezeit abzulegen. Bis diese Frist greift, sind die Tagelöhner aus dem Ausland jedoch längst wieder weg.
Und so gucken die mit der Personalsuche beauftragen Drittfirmen bei den Bewerbern nicht so genau hin – das zeigt eine Stichprobe der bz: Ein Mitarbeiter gab sich als Student aus Süddeutschland aus, der sich währen der Uhrenmesse ein Zubrot verdienen möchte. Erfahrung im Security-Bereich: keine. Ausbildung ebenda: keine. Zwei E-Mails an eine einschlägige deutsche Agentur genügen, und schon flattert die Anmeldung in den Posteingang. «Aber keine Garantie, obs noch klappt», heisst es im Antwortschreiben. Denn los ginge es schon in wenigen Tagen.
A. F. schätzt, die Zahl der Tagelöhner könne durchaus dreistellig sein. Wie hoch sie in Wirklichkeit ist, bleibt streng unter Verschluss. Denn die Messe Schweiz schweigt. Das Unternehmen, das sich seit 2009 MCH Group nennt, gibt in Sachen Sicherheit grundsätzlich keine Auskünfte – aus Sicherheitsgründen. Eine Zahl verriet die Securitas für die Baselworld 2012 in ihrer Firmenzeitschrift. Allein in ihrem Auftrag waren damals 450 Mitarbeiter im Einsatz, jedoch nicht nur in den Hallen, sondern auch im Aussenbereich, etwa bei der Warenanlieferung. Ausserdem patrouilliert die Kantonspolizei Basel-Stadt zwischen den Ständen. Mit dem 2013 eingeweihten Hallen-Neubau ist die Zahl des Sicherheits-Personals wohl nochmals gestiegen.
Wer in den Hallen arbeitet, sollte die Messe auch aus einem anderen Grund interessieren. Denn sie verkauft den Ausstellern die Sicherheit im Package für die Standmiete, zusammen mit der Reinigung und dem Catering. Und dafür bezahlen die Aussteller einen hohen Preis. Mit dem starken Frankenkurs ist dieser nochmals deutlich gestiegen.
Was sich der MCH Group entlocken lässt: Wer während der Baselworld im Objekt- und Personenschutz arbeiten will, muss sich von den Behörden durchleuchten lassen. Die Krux: Nur Straftaten in der Schweiz werden dabei erfasst, wie eine Nachfrage bei den Basler Behörden zeigt. Gerade bei den Temporären aus dem Ausland ist das problematisch. Selbst, wenn die Personalvermittlungsagenturen ihr Personal prüfen, begibt sich die Messe in deren Abhängigkeit.
Dabei ist die Baselworld ein gebranntes Kind. Zuletzt sorgte 2011 ein Diebstahl für Aufsehen. Betrüger konnten vier Edelsteine mitlaufen lassen. Schon damals kritisierten einige Aussteller die Messe offen. Vor allem die Sicherheit. Sie sei mies.
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