Stadtrundgang
Basler Frauengeschichte: Unterhaltung soll Bewusstsein schaffen

Seit 25 Jahren klären in Basel Frauenstadtrundgänge über Frauen und Geschlechter auf. Die Besucher sollen mit den unkonventionellen Stadtspaziergängen zum Nachdenken angeregt werden.

Silvana Schreier
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Auf 31 verschiedenen Frauenstadtrundgängen können Frauen wie Männer die Stadt Basel und die Geschichte der Frauen kennenlernen.

Auf 31 verschiedenen Frauenstadtrundgängen können Frauen wie Männer die Stadt Basel und die Geschichte der Frauen kennenlernen.

zvg

Frauen wurden als Hexen verfolgt, wurden zwangsverheiratet und durften nicht abstimmen. In den 90er Jahren änderte sich dies: Erstmals wurde an den Schweizer Universitäten Frauen- und Geschlechterforschung betrieben. Die Geschichte der Frauen wurde neu aufgerollt. Im Kampf für mehr Verständnis und Bewusstsein engagierten sich Historikerinnen aus ganz Europa. An einer Tagung in der Schweiz wurde das Beispiel aus Köln vorgestellt, wo es bereits einen Frauenstadtrundgang gab. Es weckte Interesse bei den Akademikerinnen und wurde 1990 auch in Basel lanciert. Nun feiert der damals gegründete Verein sein 25-Jahr-Jubiläum.

«Geschlechter sind konstruiert»

Rund 20 Frauen, die noch mitten in ihrem Studium stecken oder bereits einen Abschluss in der Tasche haben, haben es sich zum Ziel gesetzt, das erworbene Wissen weiter zu vermitteln. «Gleichzeitig ist es für die Studentinnen eine gute Möglichkeiten, praktische Berufserfahrung zu sammeln», sagt Nadja Müller, Theologin und Koordinatorin der Frauenstadtrundgänge. Finanzieren kann sich der Verein durch Gelder des Lotteriefonds und durch Beiträge von Stiftungen. Die Rundgangleiterinnen und Entwicklerinnen der neuen Führungen erhalten symbolische Honorare.

Der allererste Frauenstadtrundgang beschäftigte sich mit dem Thema Arbeit. Das aktuelle Programm besteht aus 31 öffentlichen Rundgängen im Raum Basel, wie Müller erzählt. Acht verschiedene Themen werden aufgegriffen. So werden Hintergründe der Entstehung des Kleinbasels aufgezeigt. Oder man kann sich auf einen historischen Rundgang begeben, der auch kulinarisch einiges zu bieten hat. Oder es werden die Traummänner und –frauen der Vergangenheit in den Basler Gassen gesucht.

Die Besucher sollen mit den unkonventionellen Stadtspaziergängen zum Nachdenken angeregt werden: «Es ist ein Irrtum zu meinen, dass das Geschlecht naturgegeben ist. Geschlecht wird immer wieder neu konstruiert.» Doch auch die Unterhaltung kommt nicht zu kurz: Vor allem die Rundgänge zu Themen wie der Hexenverfolgung oder Sexualität hätten ein breites Publikum angelockt. Mit Rollenspielen werden historische Szenen leicht verständlich präsentiert.

Jährlich erarbeitet das Team des Vereins einen neuen Stadtrundgang. Dabei stehen die Leiterinnen in nahem Kontakt mit der Universität. Die neuen Themen entstehen oft aus aktuellen Forschungsprojekten.

In diesem Jahr kommt der Rundgang auf dem Friedhof Hörnli dazu. «Man hat uns angefragt, ob wir auch dort einen Frauenstadtrundgang veranstalten möchten», erklärt Müller. Sowohl die mystische Schönheit dieses Ortes als auch die Tabuthemen Tod und Sterben sollen auf dem Spaziergang thematisiert werden.

Die Frauenstadtrundgänge wollen sich von der Masse an Stadtführungen abheben: «Unser Stammpublikum lässt sich als weiblich und älter als 30 Jahre beschreiben. Auch ist bei den meisten ein grosses Interesse an geschichtlichem Wissen vorhanden», sagt Müller. Doch in den vergangenen Jahren habe auch die Zahl der männlichen Besucher stark zugenommen.

Die Konkurrenz sei in den letzten zehn Jahren stark angewachsen. Der Verein habe dennoch sein spezifisches Publikum gefunden: «Wir richten uns an lokale oder schweizerische Besucher», erläutert Müller. Touristen würden andere Führungen bevorzugen, da die Frauenstadtrundgänge nicht die üblichen Sehenswürdigkeiten besuchen.

Am Sonntag, dem 1. Februar, findet die Jubiläums-Veranstaltung ab 13 Uhr am Burgweg 15 statt. Erwachsene und Kinder können auf einem Parcours den Frauenstadtrundgang kennen lernen. Zudem findet der Relaunch der Homepage statt.