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Nach dem Nein zu längeren Ladenöffnungszeiten gehen die Basler Gewerkschaften nun in die Offensive. Sie fordern einen Gesamtarbeitsvertrag für das Basler Verkaufspersonal und Mindestlöhne von 4000 Franken. Die Arbeitgeberseite ist skeptisch.
Die Basler Gewerkschaften wollen den Schwung mitnehmen. Nach dem wuchtigen Nein zu längeren Ladenöffnungszeiten der Basler Stimmbevölkerung vor knapp zwei Wochen gehen sie nun in die Offensive: «Wir hoffen sehr, dass wir bald einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das Basler Verkaufspersonal abschliessen können», sagt Franziska Stier, Sekretärin der Gewerkschaft Unia Nordwestschweiz. In diesen Tagen wird ein entsprechender Brief der Unia an den Basler Gewerbeverband verschickt, wie Stier gegenüber der bz erklärt.
Im Abstimmungskampf um die längeren Ladenöffnungszeiten am Samstagabend lautete ein häufiges Argument der Gewerkschaften: «Ohne GAV werden wir keiner Liberalisierung zustimmen.» Nach der Abstimmung meinte Wirtschaftsdirektor Christoph Brutschin, dass es an der Zeit sei, dass sich die Sozialpartner endlich auf einen Gesamtarbeitsvertrag einigten. Allerdings: Vor drei Jahren stand man kurz davor, einen GAV für das Basler Verkaufspersonal zu unterzeichnen. Die Gewerkschaften Unia und Syna liessen diesen im letzten Moment platzen. «Die Löhne, die man damals ausgehandelt hat, konnten wir unmöglich akzeptieren», sagt Serge Gnos, Unia-Co-Präsident Nordwestschweiz. Ungelernte Verkäufer hätten als Einstiegslohn 3300 Franken pro Monat bekommen sollen, gelernte 3400. Für die Unia sind das keine Löhne, «mit denen man leben kann».
Viele Verkäufer haben GAV schon
Nun nehmen die Gewerkschaften einen neuen Anlauf. Die Gegenseite ist jedoch skeptisch. «Wir haben noch kein entsprechendes Schreiben erhalten», sagt Nadine Bloch, Geschäftsleitungsmitglied beim Basler Gewerbeverband. Sie weist auf die Schwierigkeiten hin, die solche GAV-Verhandlungen mitbringen würden. «In Basel gibt es im Detailhandel keinen eigentlichen Arbeitgeberverband», erklärt Bloch. Zwar gebe es den Verein Basler Detailhandel, in dem die grossen Ketten wie Coop, Migros oder Manor Einsitz hätten sowie die Vereinigung Pro Innerstadt, welcher viele kleineren Geschäfte angehören. Nur: Die grossen Detaillisten wie Coop haben bereits einen schweizweit gültigen GAV für das Verkaufspersonal - also auch für die Angestellten in Basel. «Viele Geschäfte sind nicht Mitglied des Vereins Basler Detailhandel. Wir müssen uns also fragen: Für wen verhandeln wir überhaupt?»
Populismusvorwurf an Brutschin
Eine weitere Angst der Arbeitgeberseite: «Die Unia wird kaum Löhne unter 4000 Franken akzeptieren», meint Bloch. Tatsächlich sagt Unia-Sekretär Serge Gnos: «Das Vorbild ist der Coop-GAV.» Dieser hält ein Mindestlohn von 3800 Franken für ungelernte und 4000 Franken für gelernte Verkäufer fest. Gewerbevertreterin Bloch erwidert: «Das können sich die kleinen Geschäfte nicht leisten.»
Kommt hinzu, dass nur sehr wenige Basler Verkäuferinnen und Verkäufer Gewerkschaftsmitglieder sind. Um einen GAV aber allgemeingültig erklären zu können, müssen 50 Prozent der Arbeitnehmenden mitmachen. In Basel wäre das nicht der Fall..
Nadine Bloch glaubt, dass sich die Gewerkschaften mit einem GAV im Detailhandel profilieren wollen: «Es ist eine typische Tieflohnbranche.» Wenn es gelinge, hier höhere Löhne durchzusetzen, gewinne man Prestige. Unia-Gewerkschafter Gnos wiederum zweifelt grundsätzlich an der Bereitschaft der Arbeitgeberseite, überhaupt über höhere Löhne für die schlecht bezahlten Verkäufer diskutieren zu wollen.
Das alles zeigt: Es wird enorm schwierig, einen GAV im Detailhandel auszuarbeiten, hinter dem alle stehen können. Hinter vorgehaltener Hand wirft man deshalb in Gewerbekreisen Wirtschaftsdirektor Brutschin Populismus vor, wenn dieser neue Verhandlungen fordert. Immerhin: Gesprächsbereitschaft ist vorhanden. «Wir werden einen neuen Gesamtarbeitsvertrag im Verein Basler Detailhandel eingehend besprechen», sagt Nadine Bloch.