Bildung
Basler Maturanden sind die erfolglosesten Studenten der Schweiz – Baselbieter dafür top

In keinem anderen Deutschschweizer Kanton gehen so viele Schüler ans Gymnasium wie in Basel. Doch spätestens an der Uni rächt sich die hohe Gymnasialquote, denn 22 Prozent der Basler Studis bleiben auf der Strecke.

Samuel Hufschmid
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Pauken ohne Erfolg: 22 Prozent der Basler Studenten schaffen keinen Abschluss.

Pauken ohne Erfolg: 22 Prozent der Basler Studenten schaffen keinen Abschluss.

bz

Die Basler Bildungsverantwortlichen haben diese Woche neue Rekord-Zahlen verkündet. 45 Prozent aller Neuntklässler werden im nächsten Jahr ans Gymnasium wechseln. Zum Vergleich: Im Baselbiet beträgt die Gymnasialquote 23, schweizweit rund 20 Prozent. Wie erfolgreich der Basler Rekord-Jahrgang zunächst am Gymnasium und später an der Uni sein wird, bleibt offen.

Daten des Bundesamts für Statistik zeigen jedoch, dass bereits jetzt kein Kanton mehr Ewig-Studenten und Studienabbrecher produziert als Basel-Stadt. 22 Prozent der Basler Maturanden, die 2008 ein Universitätsstudium aufgenommen haben, haben mittlerweile abgebrochen oder stehen selbst nach 16 Semestern ohne Bachelor-Abschluss da. Mit einer Baselbieter Matur im Sack scheiterten hingegen nur acht Prozent. Beides sind im Vergleich mit den anderen grösseren Kantonen Rekord-Werte, einmal Top – einmal Flop.

Die Basler Studenten sind dabei nicht nur die Erfolglosesten, sondern auch die Wechselfreudigsten, was die Fächerwahl angeht. Nur gerade 54 Prozent der Studenten ziehen ihr angefangenes Studium durch. Rund 20 Prozent machen ihren Abschluss entweder an einer anderen Fakultät oder einer anderen Uni, sechs Prozent machen einen Abschluss an einer anderen weiterführenden Schule.

Cramers Massnahmen

Wie Erziehungsdirektor Conradin Cramer bei der Präsentation der Basler Rekord-Gymnasiastenzahlen bekannt gab, sollen neue Massnahmen dazu führen, dass die Anzahl Gymnasiasten «stabilisiert» werden kann – auf 35 bis 40 Prozent. Ursprünglich war das Ziel der Schulharmonisierung, die Quote von damals 38 Prozent auf 30 Prozent zu senken. «Das wird uns nicht gelingen», sagte Ulrich Maier, Leiter Mittelschulen und Berufsbildung, bereits in der bz-Ausgabe vom 16. April. Eine der Massnahmen sind strengere Vorgaben an die Benotung von Sekundarschülern.

So sollen ab nächstem Semester Klassendurchschnitte von über 5,0 nur noch in begründeten Fällen zulässig sein. Und auch die Primarschüler werden stärker selektioniert: Nur wer die Zulassungskriterien in beiden Abschlusszeugnissen erfüllt, darf ins höchste Sekundarschul-Niveau wechseln. Zudem bereitet sich das Erziehungsdepartement auch auf eine hohe Anzahl gescheiterter Gymnasiasten vor. Maier plant eine Art Lehrstellenbörse in den Gymnasien, um potenziell erfolglosen Gymnasiasten frühzeitig eine Alternative aufzuzeigen.

Gaby Hintermann muss ob dieser Anstrengungen schmunzeln. Die Präsidentin der kantonalen Schulkonferenz Basel-Stadt sagt: «Seit ich denken kann, versucht man, die Berufsbildung zu stärken.» Auch sie ist der Meinung, dass die Maturandenquote in Basel zu hoch ist. Sie glaubt aber nicht, dass dies mit der angeblich leichteren Basler Matur zu tun hat. Die hohe Abbruchquote der Basler Studierenden könne verschiedene Gründe haben. «Im städtischen Umfeld ist die Hemmschwelle womöglich kleiner, ein Studium abzubrechen und etwas anderes anzufangen.»

Hintermann erinnert sich an das eigene Studium: «Ich kam vom Land. Eine Rückkehr in die Heimat hätte gewissermassen ein Scheitern bedeutet.» Vielleicht gehe es vielen so.

Unliebsamer Kantonsvergleich

Bereits die kantonalen Studienabbrecherquoten sind brisant. Die Kantone hätten sie am liebsten unter Verschluss gehalten. Doch es existieren noch pikantere Daten. Die «Schweiz am Wochenende» hätte vom Bundesamt für Statistik auch gerne gewusst, ob es Unterschiede zwischen den einzelnen Basler Gymnasien gibt. Die entsprechenden Daten liegen zwar vor, werden aber nicht herausgegeben. Dies mit dem Argument, dass bei all diesen Vergleichen Vorsicht geboten sei.

Andere Faktoren, wie das durchschnittliche Alter der Studienbeginner oder Unterschiede bei den gewählten Fächern, hätten gemäss aktuellem Wissensstand der Forschung einen grösseren Einfluss auf die Abbrecher-Quote als der Kanton, in welchem die Maturität erworben worden sei. Zudem gebe es grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Jahrgängen.

Die «Schweiz am Wochenende» hat nun mit Bezug aufs Öffentlichkeitsgesetz einen Antrag zur Herausgabe der Erfolgsquoten der einzelnen Gymnasien der Region gestellt.