Pflegeheim
Brief an Mitarbeitende verschickt: Kritik an Marthastift soll nicht mehr nach aussen dringen

Das Pflegeheim «Neues Marthastift» steht allerorts unter Druck. In der Chefetage will man nun für Schadensbegrenzung sorgen. Und geht gegen Mitarbeitende vor.

Benjamin Rosch
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Die Mitarbeitenden vom Marthastift fürchten die direkte Konfrontation mit der Leitung.

Die Mitarbeitenden vom Marthastift fürchten die direkte Konfrontation mit der Leitung.

Kenneth Nars

Im Demenzheim «Neues Marthastift» ist die Unruhe gross. Vergangene Woche berichtete die «Schweiz am Wochenende» über die zahlreichen Probleme im Pflegeheim: eine hohe Personalfluktuation, Auseinandersetzungen mit dem Gesundheitsdepartement, unangenehme Untersuchungen durch Behörden. Mitarbeitende berichteten von katastrophalen Zuständen mit Demenzkranken, die sich kaum an das ständig wechselnde Personal gewöhnen könnten – zumal inzwischen viele Pflegende nur temporär angestellt würden. Die Leitung um Monica Basler sei überfordert, so der Tenor, und reagiere mit Härte auf Kritik.

Mitarbeitende fürchten Kündigungen

Die Leitung möchte nun aber vor allem dafür sorgen, dass die Kritik nicht mehr nach aussen dringt. Vergangene Woche hat der Vizepräsident des Stiftungsrats, Thomas Leyhe, einen Brief an die Mitarbeitenden verschickt, der dieser Zeitung vorliegt. Darin äussert er seinen Unmut darüber, dass sich Mitarbeitende beim Gesundheitsdepartement über die Zustände im Marthastift beklagt hatten. «Seit einigen Wochen gehen bei der Abteilung für Langzeitpflege (ALP) Beschwerden über das Neue Marthastift ein. Wir wissen nicht namentlich, wer konkret sich bei der ALP beschwert hat», beginnt der Brief.

Ohne auf den Inhalt der Beschwerden einzugehen, heisst es: Das sei nicht richtig, es sei der Dienstweg einzuhalten. Man solle das Gespräch mit den Vorgesetzten, der Zentrumsleiterin oder dem Stiftungsrat suchen. Der Stiftungsrat hat sich bis jetzt hinter Basler gestellt: Eine separate Anfrage dieser Zeitung liess er unbeantwortet.

Mitarbeitende berichten allerdings, sie fürchteten sich vor einer Konfrontation mit Monica Basler. Es sei in der Folge solcher Gespräche schon zu Kündigungen gekommen. Ins Bild passt auch: Nach der Berichterstattung der «Schweiz am Wochenende» soll Monica Basler vor allem das Personal nach möglichen Quellen durchsucht haben. Zu regelrechten Kreuzverhören sei es gekommen, heisst es. Dabei sagte die Heimleiterin noch vergangene Woche: «Es herrscht kein Klima der Angst. Unser Führungsstil beruht auf Partizipation und Kooperation.»

«Der Finanzdruck verschärft alles»

Daniel Simon ist Präsident des Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner beider Basel (SBK). Der SBK hat einen sehr direkten Einblick in das Marthastift: Ein Vorstandsmitglied arbeitet dort. Simon sagt, die Coronakrise habe die Situation im Heim deutlich verschärft. Das Marthastift hatte 15 Todesfälle zu beklagen. «In der Folge entstand viel Unruhe im ohnehin schon belasteten Heim.» Die Fluktuation von 20 Prozent empfindet er zwar als sehr hoch, «erstaunt mich aber auch im Vergleich mit anderen Heimen nicht so».

Ganz sicher sei es aber so, dass das Marthastift grosse Probleme bekunde, geeignetes Personal zu finden. «Ungelehrte Mitarbeitende einzusetzen, ist aber nicht die Lösung. Das ist sicher ein Teil des Problems im Marthastift.» Seine Rückmeldung aus dem Heim sei denn auch, dass man derzeit nicht die Qualität bieten könne, die man anstrebe.

Ungelehrte Mitarbeitende einzusetzen, ist aber nicht die Lösung.

(Quelle: Daniel Simon, Präsident Pflegekraftverband)

Einen Grund dafür ortet Simon beim Geld. Das Zentrum hat vor wenigen Jahren einen teuren Neubau bezogen. Die aktuelle Heimleiterin Basler hat denn auch den klaren Auftrag, das Marthastift «betrieblich fit zu machen und für die Zukunft nachhaltig aufzustellen», wie es im Jahresbericht hiess. «Der finanzielle Druck verschärft alles», sagt Simon.

Als beunruhigendes Zeichen deutet er auch, dass sich die Mitarbeitenden nach aussen wenden. «Es ist richtig, dass man sich zuerst intern mit Kritik an die Vorgesetzten wendet. Wenn man dort aber nicht weiterkommt, muss man sich an das Gesundheitsdepartement oder auch an den Berufsverband wenden. Dafür gibt es diese Institutionen.»