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Der Basler Wirtschaftsdirektor Christoph Brutschin analysiert die Ablehnung längerer Ladenöffnungszeiten und die Entscheide Basels in den nationalen Vorlagen, wie das Ja zur Abzocker-Initiative.
Herr Brutschin, was bedeutet die Ablehnung des Ladenschlussgesetzes für Basel?
Christoph Brutschin: Ganz konkret bedeutet es, dass wir möglichst rasch eine neue Vorlage bringen müssen, weil wir keine gesetzliche Grundlage mehr haben für die beiden unbestrittenen Sonntagsverkäufe im Dezember. Wir werden die Vorlage rasch in den Grossen Rat bringen, ich hoffe, dass uns das Parlament dann auch folgt. Das Zweite wird das sein, was wir bereits in der letzten Legislaturperiode mehrfach gemacht haben: Wir werden die Sozialpartner noch einmal auffordern, zusammenzusitzen und zu schauen, ob es nicht möglich sei, einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zu erreichen, einen GAV, der nicht nur die Bedingungen der drei grossen Detailhändler sicherstellt, sondern auch für die anderen Marktteilnehmer stimmt.
Sie sprechen die etwas penible Situation an, dass wir als Stimmbürger über etwas entscheiden müssen, das eigentlich zwischen den Sozialpartnern ausgehandelt werden müsste.
Das ist richtig. Da haben die Sozialpartner ihre Aufgabe nicht so wahrgenommen, wie ich mir das gewünscht hätte. Es ist natürlich richtig, dass sie darauf pochen, dass ein GAV ihr Gebiet ist, dass da also weder der Stimmbürger noch die Politik oder die Regierung mitzureden hat. Damit ist aber auch die Erwartung verbunden, dass sie sich einigen müssen. Man kann es nicht dabei belassen, sich nicht zu einigen und uns Politikern oder wie heute den Stimmbürgern die Fragen zum Entscheid vorlegen.
Glauben Sie, dass der Entscheid für Basler Läden negative Auswirkungen hat, dass es also zu noch mehr Einkaufstourismus kommt, sei es ins Ausland, sei es ins Baselland?
Die Situation bleibt ja die gleiche, wir haben keine Veränderung. Der Detailhandel ist unter Druck, das macht mir auch Sorgen, aber ich glaube nicht, dass es an diesen beiden Stunden am Samstag liegt. Wer von den günstigen Wechselkursen profitieren will oder das Einkaufserlebnis im Ausland sucht, für den hätte sich nichts geändert, auch wenn das Basler Stimmvolk heute Ja gesagt hätte. Der Anreiz für den Einkaufstourismus sind nicht einfach die Öffnungszeiten.
Auch in den nationalen Vorlagen hat Basel solid links gestimmt - Basel bleibt also rot.
Das scheint so zu sein. Beim Raumplanungsgesetz hätte ich diese Deutlichkeit nicht erwartet. Das Resultat bei der Abzocker-Initiative ist mit zwei Dritteln ja etwa so ausgefallen, wie ich es erwartet habe. Da haben die Basler das berühmte Zeichen gesetzt. Es sind effektiv Positionen, die klar links sind.
Sie haben sich im Vorfeld der Abstimmungen kritisch zur Minder-Initiative geäussert - welche Folgerungen ziehen Sie persönlich aus dem deutlichen Resultat?
Das nehme ich so zur Kenntnis. Ich verstehe, dass die Stimmbürger ein Zeichen setzen wollten. Ich verstehe den Ärger über einzelne Salärexzesse, den die Bevölkerung heute dokumentiert hat. Ich glaube einfach, dass das Rezept, das die Minder-Initiative vorschlägt, nicht das richtige ist. Gesellschaftliche Probleme sollte man gesellschaftlich lösen und nicht über das Aktienrecht. Mir macht dabei vor allem eine Bestimmung sorgen: dass Verwaltungsräte jährlich wiedergewählt werden müssen. Das kann bezüglich Kontinuität und der Ausrichtung einer Firma und auch bezüglich der Möglichkeiten für eine unfreundliche Übernahme einer Firma zusätzliche Gefahren bieten.
Bei der Abzocker-Initiative, aber auch ein bisschen bei den Ladenöffnungszeiten ging es nicht einfach um die Sache, sondern es ging darum, ein Zeichen zu setzen. Es sind also eigentlich symbolische Abstimmungen. Ist das ein Trend?
Bei den Ladenöffnungszeiten habe ich das Gefühl etwas weniger, da haben die Stimmbürger schon abgewogen, ob sie die zwei Stunden am Samstag als Konsument benötigen. Bei der Abzocker-Initiative ging es aber ganz klar darum, ein Zeichen zu setzen und das macht mir auch etwas Sorgen. Das war interessant in den Diskussionen im Vorfeld. Auch in meiner Partei hat kaum jemand gesagt, dass die Argumente gegen die Initiative, die ich vorher aufgeführt habe, nicht zutreffen. Sie sagten aber, dass sie jetzt einfach einmal ein Zeichen setzen wollen. Es ist offensichtlich so, dass man das Thema lange vernachlässigt hat und glaubte, dass sich die Menschen an hohe Löhne gewöhnen. Das ist offensichtlich nicht so: Es gibt weiterhin in der Schweiz ein klares Verständnis davon, was geht und was nicht geht. Das wird halt manchmal auch in Form von Symbolen ausgedrückt.