Sehbehinderte und blinde Menschen leben immer seltener im Basler Blindenheim. Dafür nimmt die Zahl der Pflegeplätze laufend zu. Sorgen müsse man sich um das Blindenheim jedoch nicht machen.
Die Zeiten, in denen Blinde nur im Blindenheim anzutreffen waren, sind lange vorbei. Und der Trend hält weiter an: Junge Blinde leben lieber in ihren eigenen vier Wänden, als im Heim am Kohlenberg. Dieses wandelt sich so mehr und mehr zu einem Pflegeheim für alte Menschen, die nur noch wenig oder nichts mehr sehen. Aber auch alte Menschen mit anderen Behinderungen finden hier Platz. Jürg Utzinger, der Leiter des Blindenheims, hebt die besondere Kompetenz hervor: «Es gibt in allen Pflegeheimen Sehbehinderte, wir sind einfach etwas besser darauf eingestellt.» Im letzten Jahr hat das Blindenheim zehn neue Pflegeplätze geschaffen, auf Kosten von herkömmlichen Zimmern.
Selbstständigkeit als Trend
«Das ist Teil einer allgemeinen Tendenz zu mehr Selbstständigkeit von Behinderten», sagt Utzinger zum Schwinden der jungen Gäste aus dem Blindenheim. Diese machen noch vierzig Prozent der rund 100 Kunden aus. Die anderen sechzig Prozent sind Menschen im AHV-Alter.
Das Blindenheim unterstützt auch aktiv behinderte Menschen beim alleine wohnen. Längst kommt der grösste Teil der Arbeiter in der hauseigenen Blindenwerkstatt morgens von zu Hause zur Arbeit und geht abends wieder. Das Blindenheim ist für junge Leute eher ein Hotel oder eine Herberge geworden, vor allem, wenn sie mittelfristig in Basel sind: «Ein Drittel unserer Gäste sind in Basel in Ausbildungen, die Wochen, Monate oder Jahre dauern.» Dies beispielsweise an der Eingliederungsstelle für Sehbehinderte.
Kanton ist zufrieden
Felix Bader, Leiter der Abteilung Langzeitpflege beim Gesundheitsdepartement ist froh über den Wandel im Blindenheim: «Wir haben in Basel-Stadt einen relativ tiefen Anteil von Pflegeplätzen», sagt er mit Blick auf die aktuellen Zahlen. Da komme jeder zusätzliche Platz gerade recht. Insbesondere die Pflege von alten Menschen mit zusätzlichen Bedürfnissen sei immer gefragter. «Früher starben beispielsweise Trisomie-Patienten mit dreissig oder vierzig Jahren. Heute leben sie viel länger und brauchen entsprechende Betreuung.» Ähnliches gelte auch für andere Formen von Behinderung und für die Drogensüchtigen, die heute weitaus älter werden können als vor zwanzig Jahren.
Tradition hält sich
Trotz des höheren Anteils an Pflegeplätzen, Sorgen müsse man sich um das Blindenheim nicht machen, meint Utzinger: «Wir müssen uns an die Nachfrage anpassen, aber die Tradition des Blindenheims ist nicht in Gefahr.» Auch weiterhin würden am Kohlenberg Blinde zusammenleben, nur die Altersstruktur ändere sich.