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Am Mittwoch tagte das Basler Parlament erstmals in seiner neuen Zusammensetzung. Neben politischen Debatten hatte auch viel Menschliches Platz. Ein Tag zwischen Politik, Gipfeli und Selfies.
«Darf ich vorstellen: mein Göttibueb.» In einer der vielen Pausen der gestrigen Grossratssitzung machte SP-Grossrätin Tanja Soland mit ihrem Parteikollegen Sebastian Kölliker im Schlepptau unter anderem vor den Medienplätzen die Runde. Dieser hatte kurz zuvor als jüngster Parlamentarier die Sitzung eröffnen dürfen. «Mein heutiges Bestreben war, das Rednerpult zu finden, meine Ansprache zu halten und danach wieder den Weg zurück», witzelte Kölliker anschliessend gelöst. In seiner Rede gab er sich demütig, sprach aber von der «Vorfreude», diese Legislatur nun zu beginnen.
Auch andere Neulinge im Basler Parlament machten aus ihrer Nervosität keinen Hehl. «Ich habe mir meine ersten Voten in Schriftgrösse 14 ausgedruckt», sagte Michelle Lachenmeier (Grüne). «Alles halb so schlimm», beruhigte sie Balz Herter. Der 32-jährige CVP-Grossrat zählt schon zu den alten Hasen. Er sass bereits von 2009 bis 2011 im Basler Parlament. «Sali Balz! Willkommen zurück!», schallte es schon im Vorzimmer des Grossratsaals. «Viel verändert hat sich nicht. Ausser, dass man damals noch mit Händehochhalten abstimmte», meinte der Angesprochene.
Für die kommende Legislatur ist er optimistisch. «Wir haben in mehreren Parteien junge Politiker, die etwas reissen wollen. Da lassen sich sicherlich viele Gemeinsamkeiten finden.» Zu jenen gehört auch der Riehener SVP-Politiker Pascal Messerli. Auch bei der Volkspartei schien es so etwas wie ein Göttisystem zu geben: Heinrich Ueberwasser begleitete den Neuling auf dem Tramweg zu dessen ersten Sitzung.
Zum anderen Spektrum des neu zusammengesetzten Parlaments gehört Roland Lindner. Der bald 80-jährige SVP-Grossrat durfte gestern schon zum dritten Mal als ältester Grossrat eine neue Legislatur einläuten. Von Kölliker trennen ihn 53 Jahre Altersdifferenz.
Auch auf der Tribüne war am Morgen jeder Platz besetzt. Unter den Zaungästen war eine Reihe ehemaliger Parlamentarier – oder solche, die es werden wollten. Etwa Philipp Schopfer – der BDP-Politiker erschien im gewohnten gelben Pulli – aber auch der abgewählte Eric Weber machte seine Aufwartung. SP-Grossrat Seyit Erdogan hatte gar einen eigenen kleinen Fanclub auf der Tribüne.
Selbstverständlich wurde der glorreiche Tag auch noch in einer Reihe Selfies verewigt. Vor allem die kurdischstämmigen Politiker haben offenbar eine Vorliebe dafür. Kurz nach Sitzungsstart postete Edibe Gölgeli (SP) ein Foto von ihr und ihrem «Göttikind» Alexandra Dill.
Der zweieinhalb Monate alte Nachwuchs der frisch nachgerutschten SP-Grossrätin schlief derweil friedlich in einem Retrokinderwagen im Vorzimmer der Tribüne und sorgte bei politischen Mitstreitern und Gegnern gleichermassen für Entzücken.
Durch die vielen Unterbrüche während den Wahlen bot der gestrige Morgen reichlich Gelegenheit, um Hände zu schütteln und Duzis mit den frisch gewählten Parlamentariern zu schliessen. Zumal der Kaffee umsonst war. Regierungsrat Baschi Dürr hatte die Spendierhosen an, denn vorgestern durfte er den 40. Geburtstag feiern.
Generell glänzten die Magistraten mit ihrer Präsenz: Selten sah man so viele Regierungsräte an ihrem Platz. Manche Grossräte nutzten die Pause und versuchten, mit den anwesenden IT-Technikern die neu personalisierten WLAN-Zugänge einzurichten. Schnell machten die ersten Big-Brother-Gerüchte die Runde. Nachdem zuletzt immer mehr Interna durch Indiskretionen öffentlich wurden, solle so die Kontrolle über die Parlamentarier verbessert werden, wurde gewitzelt.