Agglomerationsprogramm
Das tut weh: Weil Millionenprojekte in den Sand gesetzt wurden, drohen der Region teure Abzüge

Erlenmatt-Tram, Margarethenstich: Weil in der Region vom Bund im Aggloprogramm finanzierte Projekte nicht umgesetzt wurden, könnte es künftig empfindliche Abzüge geben.

Peter Schenk
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Der Bund hätte sich mit 7,3 Millionen Franken am Projekt Margarethenstich beteiligt. Es wurde abgelehnt.

Der Bund hätte sich mit 7,3 Millionen Franken am Projekt Margarethenstich beteiligt. Es wurde abgelehnt.

Martin Toengi

Immerhin knapp 22 Millionen Franken sollten für vier Projekte vom Bund in die Region Basel fliessen. Die Zusagen im Rahmen des 1. Agglomerationsprogramms blieben ohne Folge, weil die Vorhaben Erlenmatttram, Veloparking beim Badischen Bahnhof, Margarethenstich und Zollibrücke an der Urne scheiterten und deshalb nicht umgesetzt wurden.

Laut der Regio-Kommission des Grossen Rats könnte das beim nächsten Agglomerationsprogramm der 4. Generation, dessen Baubeginn für Frühling/Sommer 2024 geplant ist, zu empfindlichen Abzügen von «zweistelligen oder im Extremfall bis zu dreistelligen Millionenbeträgen» führen.

Wie die Kommission im Bericht zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit 2017/2018 ausführt, bewertet der Bund die Agglomerationsprogramme mit Wirkungspunkten zwischen null und zwölf. «Werden Projekte nicht realisiert, kann er bei der Bewertung künftiger Agglomerationsprogramme einen Strafabzug von bis zu zwei Wirkungspunkten verhängen (Malus).»

Patrick Leypoldt, Geschäftsführer des Vereins Agglo Basel, bestätigt, dass es grundsätzlich zu massiven Abzügen kommen könnte. Er verweist darauf, dass die Richtlinie und Malus-Regel für das 4. Agglomerationsprogramm vom Bund erst Ende 2019 veröffentlicht werde. «Bereits in der 3. Generation existierte diese Malus-Regel, wurde im parlamentarischen Prozess allerdings vom Nationalrat wieder aufgehoben.»

Kritik an der Kommunikation

Die Regio-Kommission kritisiert die Kommunikation der Basler Regierung: Vor der Abstimmung über das Tram Erlenmatt im Mai 2014 sei «im Abstimmungsbüchlein mit keinem Wort erwähnt worden, dass der Bund in Zukunft andere Verkehrsprojekte in der Region nicht mehr mitfinanzieren könnte.» Bei allen vier Projekten hätte er sich mit 40 Prozent beteiligt. Beim Erlenmatttram, zu dem das Veloparking gehörte, waren das 12,4 Millionen Franken.

Weiter heisst es: «Auch der Baselbieter Stimmbevölkerung wurde in den Abstimmungsunterlagen nicht kommuniziert, dass der Verzicht auf die Investition von 7,3 Millionen Franken beim Margarethenstich anderweitig negative finanzielle Konsequenzen haben kann.» Die Kommission fordert deshalb: «Für die Zukunft müssen sich alle Akteure in der Region Basel stärker bewusst sein, dass Verkehrsprojekte, bei denen wie im Agglomerationsprogramm Bundesgelder im Spiel sind, nicht einfach folgenlos abgelehnt werden können.»

Der Basler Regierungsrat soll bis Ende Jahr darlegen, wie und welche der offenen Projekte doch realisiert werden können. «Das ist nicht nur wegen der Bundesmittel wichtig, sondern auch wegen der Beziehung zu unseren Nachbarn.» Mitglieder im Verein Agglo Basel sind die fünf Nordwestschweizer Kantone, der Landkreis Lörrach, Saint-Louis Agglomération, Baden-Württemberg und die Region Grand Est.

Beim Projekt Margarethenstich, das zu 95 Prozent auf städtischem Territorium verläuft, hält es die Kommission für denkbar, dass es wieder auf die politische Agenda kommt. Tatsächlich wurde Mitte Januar bekannt, dass die direkte Tramverbindung vom Leimental zum Basler Bahnhof SBB mit einer neuen Linienführung im neuen Netzplan zur Entwicklung des Basler Tramnetzes enthalten ist.

In Bezug auf das erheblich kleinere Vorhaben der Zollibrücke zeigt sich Tim Cuénod (SP), Präsident der Regio-Kommission, überzeugt: «Die Leute waren gegen den Veloring. Die Zollibrücke alleine könnte durchaus Chancen haben.» Ähnlich sei dies beim Veloparking beim Badischen Bahnhof, das als Teil des Erlenmatttrams abgelehnt wurde.

Veloparking bleibt aktuell

Alain Groff, Leiter des Basler Amts für Mobilität, betont, dass das Veloparking nach dem Nein in der Volksabstimmung über das Erlenmatttram völlig neu durchdacht werden musste. «Das Projekt ist aber nach wie vor von hoher Bedeutung und im Teilrichtplan Velo explizit festgehalten.» Dies gelte auch für die Zollibrücke. «Es macht als Einzelprojekt nach wie vor Sinn.» Beim Vorhaben bestünden aber grosse Abhängigkeiten zu den Planungen am Bahnknoten Basel. «Es ist daher wichtig, noch mehr Klarheit bei der Planung der Eisenbahngleise zu bekommen, bevor wir mit dem Brücken-Projekt vorwärts machen.»

Beim Tram Erlenmatt hält Groff es für denkbar, dass die Agglomeration Basel das Projekt zurückzieht. Dies müsse der Kanton aber noch politisch diskutieren und entscheiden. Den Margarethenstich sieht Groff immer noch «als kleines Element mit grossem Nutzen im regionalen Tramnetz».

Malus bisher noch nicht umgesetzt

Zur Kritik an der Kommunikation erwidert Groff, dass der Regierungsrat in den Ratschlägen und Abstimmungserläuterungen auf die Kostenbeteiligung des Bundes über das Agglo-Programm hinweise. «Ob ein allfälliger Malus künftig in den Abstimmungserläuterungen stärker zu betonen ist, liegt in der Entscheidungskompetenz des Regierungsrats.» Bisher sei nie ein Malus für ein nicht umgesetztes Projekt zum Tragen gekommen. Das Bau- und Verkehrsdepartement habe die Empfehlungen der Regio-Kommission zur Kenntnis genommen und werde prüfen, wie es damit umgeht.