Staatskunde
Den Jungen ist der Lehrplan zu unpolitisch

Nachdem der Kanton Aargau das Fach «politische Bildung» eingeführt hat, erhoffen sich die Jungfreisinnigen Auftrieb für ihre Initiative. Das Erziehungsdepartement sieht keinen Handlungsbedarf.

Alice Guldimann
Drucken
Soll in der Schule auch Staatskunde unterrichtet werden?

Soll in der Schule auch Staatskunde unterrichtet werden?

Christian Beutler/Keystone

Aargauer Oberstufen-Schüler werden ab 2020 wöchentlich Politik-Unterricht erhalten. Dies zeigt der neue Lehrplan, der vergangene Woche veröffentlicht wurde. Das wünschen sich auch die Jungfreisinnigen Basel-Stadt, die dazu bereits 2016 eine Initiative lanciert haben. Vor einem Jahr kam sie mit 3120 Unterschriften zustande.

Die Initiative «Ja zu einem Fach Politik» fordert mindestens ein Jahr politische Bildung in der obligatorischen Schulzeit. Einmal wöchentlich sollen die Schüler die Grundlagen des politischen Systems vermittelt erhalten. Gleichzeitig sollten sie auch Gelegenheit bekommen, aktuelle Themen zu debattieren und sich eine Meinung zu bilden.

Wenn sie sich so im Unterricht an das politische System herantasten können, würden sie sich später eher an Wahlen und Abstimmungen beteiligen, schreibt die Partei auf ihrer Website. Dieses «Herantasten« komme im Lehrplan 21 jedoch viel zu kurz. Die Jungfreisinnigen befürchten, dass die politische Bildung unter dem Lehrplan 21 zu stark von der zuständigen Lehrperson abhänge. Lege ein Lehrer keinen grossen Wert darauf, blieben die Schüler mit grossen Wissenslücken zurück.

Initianten sind diskussionsbereit

Der Regierungsrat empfahl die Initiative im vergangenen April zur Ablehnung. Die geforderten Inhalte seien bereits Teil des Lehrplans, heisst es im Bericht. Gesellschaftlich relevante Themen wie Politik sollten gemäss dem Konzept «Bildung für nachhaltige Entwicklung» möglichst in alle Fächer eingebunden werden. Politik als Fach würde dem widersprechen. Ebenso befürchtet die Regierung, Basel-Stadt stünde mit einem separaten Fach Politik in den HarmoS-Kantonen alleine da. Das ist nun nicht mehr der Fall. Der Kanton Aargau, der den Lehrplan 21 erst im Jahr 2020 einführt, hat daran mehrere Änderungen vorgenommen. Eine davon ist das Fach «Politische Bildung» in der Oberstufe.

Die Jungfreisinnigen, bekräftigt durch die Ankündigung aus dem Aargau, vermelden nun in einer Medienmitteilung: «Der Kanton Aargau zeigt deutlich, dass eine Stärkung der politischen Bildung auch im Rahmen des Lehrplans 21 möglich ist.» Das Argument, Basel-Stadt stehe bei Annahme der Initiative alleine da, gelte ebenfalls nicht mehr.

Die Initianten fordern den Regierungsrat in ihrem Schreiben auf, seine Position zu überdenken. Titus Hell, Vorstandsmitglied bei den Jungfreisinnigen, gibt sich zuversichtlich: «Es wäre toll, wenn sich die Regierung etwas in unsere Richtung bewegen würde.» Die Entwicklung im Aargau verleihe der Diskussion mehr Ernsthaftigkeit. Nachdem bereits der Kanton Tessin eine Initiative zum Staatskunde-Unterricht angenommen hat, ziehe nun ein weiterer Kanton am selben Strang. «Es zeigt, dass unser Anliegen nicht einfach eine Idee ist, die aus dem Nichts kommt».

Die Jungfreisinnigen geben sich aber auch gesprächsbereit. Es müsse nicht alles über den Haufen geworfen werden, nach erst drei Jahren mit dem Lehrplan 21. «Es ist schön, dass es mit dem Konzept ‹Bildung für nachhaltige Entwicklung› diesen Raum bereits gibt», meint Hell. Die politische Bildung komme jedoch nach wie vor zu kurz und das Konzept entspräche nicht den Vorstellungen der Jungpartei.

«Schulfach Politik ist nicht nötig»

Das Erziehungsdepartement enttäuscht die Hoffnungen der Junpgpartei und hält am Konzept fest. «Die Ausgangslage verändert sich nicht», schreibt Sprecher Simon Thiriet der bz. Er wiederholt, dass sämtliche Kompetenzen im Lehrplan 21 erhalten seien und dass das Erziehungsdepartement ein Schulfach Politik nach wie vor als nicht nötig erachte. «Politische Bildung findet in unterschiedlichen Fächern und in einem langjährigen Prozess statt.»

Die Jungfreisinnigen können noch nicht sagen, wie es weitergeht. Vorerst wollen sie abwarten, wie sich die Diskussion entwickelt und wie der Regierungsrat auf die Ankündigung des Kanton Aargau reagiert. Die Debatte der Initiative im Grossen Rat steht noch aus.