Startseite
Basel
Basel Stadt
Der Streit um das Elternhaus des Schriftstellers Alain Claude Sulzer spitzt sich zu. Die Familie wehrte sich gegen den Antrag auf Unterschutzstellung und bekam von der Regierung recht. Nun schaltet sich der Denkmalschutz ein.
Abbruch oder Erhalt? Der Entscheid über das Schicksal des «Haus Sulzer» in Riehen fällt nächste Woche: Am Mittwoch wird das Appellationsgericht über einen Rekurs des Heimatschutzes und der Freiwilligen Denkmalpflege gegen einen Entscheid der Regierung befinden. Letztere hatte vor rund einem Jahr den Antrag der Denkmalpflege und des Denkmalrats auf Unterschutzstellung des Gebäudes abgelehnt.
In Architekturkreisen wird das zwischen 1953 und 1956 vom Basler Architektenduo Rasser + Vadi erbaute Gebäude längst als «Ikone der Nachkriegsmoderne» verehrt. Die Architekten haben unter anderem auch das Gartenbad St. Jakob oder das Domus-Haus am Pfluggässlein entworfen.
Bauherrin in Riehen war die Familie Sulzer, im Haus wuchs Schriftsteller Alain Claude Sulzer auf. Die Familie wehrt sich gegen den Antrag auf Unterschutzstellung – und bekam von der Regierung recht.
Unter anderem verfüge das Haus über eine «relativ schlechte» Bausubstanz, führte der Regierungsrat zur Begründung aus. Die Sanierungsmassnahmen würden zu «erheblichen» denkmalschützerischen Einbussen führen. Die öffentlichen und privaten Interessen an einer zeitgemässen Nutzung der Parzelle, sprich: an einer möglichen Wohnüberbauung, überwögen.
Nun, knapp eine Woche vor der Verhandlung vor dem Appellationsgericht, meldet sich die rekurrierende Freiwillige Denkmalpflege zu Wort. In einem «Argumentarium zum Thema Denkmalschutz heute», welches dieser Zeitung vorliegt, plädieren die beiden Co-Präsidenten des privaten Vereins, Michael Hug und Silvio Schubiger, erneut mit Nachdruck für den Erhalt des Baus.
Der Entscheid der Verhandlung werde wegweisend sein: «Die Anzahl der schutzwürdigen Bauten aus der Nachkriegsmoderne – nicht nur in Riehen – und der Bedarf an neuem Wohnraum im Stadtkanton werden diese Frage in den kommenden Jahren immer stärker akzentuieren», schreiben die beiden Autoren.
Insofern handle es sich beim «Haus Sulzer» um einen Präzedenzfall. Wie stark solche Gebäude aus den Nachkriegsjahren gefährdet sind, zeigt derzeit die Ausstellung «Modern Living» im Museum Kleines Klingental: Generationenwechsel bei der Eigentümerschaft sowie stark gestiegene Bodenpreise führten in jüngerer Vergangenheit oft zu Abbrüchen.
Hug und Schubiger stellen an die Eigentümerschaft gerichtet eine Frage, die über diesen Einzelfall hinausgeht: Dürfe es, trotz eines geltenden Denkmalschutzgesetzes, «Strategie» sein, ein unzweifelhaft als schutzwürdig eingestuftes Gebäude nicht ausreichend zu unterhalten, damit es nicht mehr schutzwürdig erscheine?
Hug und Schubiger fragen ausserdem, ob es noch zeitgemäss sei, dass «praktisch nie Gelder als Kompensation einer materiellen Enteignung» bezahlt würden. Denn: «Unterschutzstellungen können einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen.» Grundsätzlich müsse es attraktiver werden, Eigentümer eines Denkmals zu sein.
Weiteren Diskussionsbedarf sehen die privaten Denkmalschützer Hug und Schubiger bei den Baunormen: «Inwieweit müssen Gebäude, die unter Schutz gestellt werden, die zeitgemässen Baunormen einhalten?», fragen sie und liefern gleich einen Lösungsansatz: «Kann nicht eine Sonderregelung greifen, wie dies bei den Veteranenfahrzeugen bei der Zulassung von Automobilen angewendet wird?». Ein historisches Gebäude an die aktuellen bauphysikalischen Normen anzupassen, sei häufig nicht sinnvoll: Man riskiere Veränderungen im Aussehen des Gebäudes.
Alain Claude Sulzer wollte gegenüber der bz unter anderem mit dem Verweis auf das laufende Verfahren keine Stellung nehmen.