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Heikle Unterstützung im Wahlkampf: Erdogan-Sympathisanten weibeln für FDP-Präsident Luca Urgese.
Gemeinsam posieren sie vor einem Wahlplakat. «Dank der Unterstützung vieler kleiner Betriebe und zusammen mit Yusuf Akpinar konnten wir heute zahlreiche Plakate in der ganzen Stadt aufkleben», schreibt FDP-Präsident Luca Urgese auf Facebook zu den Fotos. Sein Unterstützer Yusuf Akpinar postet am selben Tag: «Vollgas in den Nationalratswahlen. Wählt FDP.»
Nationalratskandidat Urgese hatte mit Akpinar einen besonders fleissigen Helfer während seines Wahlkampfes. Der 22-Jährige ist kein Unbekannter in der Basler Politiklandschaft. 2016 kandidierte er für einen Sitz im Grossen Rat. Noch während des Wahlkampfes berichtete die «Weltwoche» über ihn: Akpinar soll in Verbindung mit der rechtsextremen, türkischen Gruppierung «Graue Wölfe» in Verbindung stehen. Der FDP-Politiker bestritt sämtliche Vorwürfe.
Ein Blick auf die Facebookseite Akpinars zeigt jedoch: Der Basler verteilt öfters Likes an Accounts mit rechtsextremen Ansichten. Darunter ist eine Schweizer Gruppierung namens «Isvicre`deki Türkler». Auf Deutsch: «Türken in der Schweiz». Die Seite teilt Beiträge in deutscher und türkischer Sprache. Derzeit drehen sich die Inhalte vermehrt um die Intervention der Türkei in Nordsyrien. Auf Anfrage will sich Akpinar nicht zu seiner Haltung in dieser Thematik äussern.
Yusuf Akpinar kennt Parteipräsident Urgese seit Jahren. Er sagt: «Ich vertraue ihm. Dank ihm bin ich zur FDP und zur Politik gekommen.» Um ihm zu helfen, sei er in den vergangenen Wochen «Tag und Nacht unterwegs» gewesen. Er habe in Basler Läden Urgese-Plakate aufgehängt und Flyer verteilt – auch wenn er seit Juni nicht mehr Mitglied der Freisinnigen ist. Zur konkreten Information, wonach er Stimmberechtigten mit türkischen Wurzeln geholfen habe abzustimmen, will sich Akpinar nicht äussern. Er sagt: «Wenn die Leute mich fragten, wen sie wählen sollen, dann sagte ich natürlich, sie sollen für Luca Urgese stimmen.» Da einige nicht gewusst hätten, wie sie die Wahlunterlagen ausfüllen müssten, habe er sie auf ein Video von Urgese hingewiesen: «Ich sagte ihnen, darin werde es ihnen erklärt», betont Akpinar.
Während sich Akpinar als Mitglied von Urgeses Wahlkampfteam darstellt, beschreibt der FDP-Präsident dessen Rolle als deutlich unbedeutender: «Er bot mir an, in ein paar Läden Plakate aufzuhängen. Das nahm ich natürlich an, denn im Wahlkampf freue ich mich über jede helfende Hand.» Ausserdem habe er mit Akpinar darüber gesprochen, wie man die Bevölkerungsgruppe der Stimmberechtigten mit türkischen Wurzeln erreichen könnte. «Diese Gruppe ist sehr politisch, aber sie hat praktisch keinen Zugang zur Politik», sagt Urgese. Das habe er ändern wollen. Deshalb habe er die Einladung für die Podiumsdiskussion in der Mevlana-Moschee angenommen. Dort buhlte er mit SVP-Präsident Eduard Rutschmann und SP-Kandidat Christian von Wartburg um Wählerstimmen.
Da diese Moschee mit den rechtsextremen Grauen Wölfen sympathisiert, sah sich Urgese im Anschluss gezwungen, sich für seine Teilnahme zu entschuldigen – ebenso der SP-Grossrat von Wartburg. Die Grauen Wölfe sind in der Türkei für Gewalttaten an Christen, Kurden oder Juden verantwortlich.
Akpinar organisierte für Urgese das Podium. Er kontaktierte dafür den Präsidenten des Vereins der Mevlana-Moschee. Akpinar wusste denn auch um die politische Haltung der Mevlana-Moschee. «Auch in diesem Verein hat es Stimmberechtigte, die wissen müssen, wen sie wählen können.» Deshalb sei der Auftritt von Urgese gerechtfertigt gewesen, sagt Akpinar.
Neben Akpinar unterstützt auch Yavuz Selim Tasoglu tatkräftig Urgeses Wahlkampf. «Ich wähle Luca wegen seiner zukunftsgerichteten und authentischen Politik», sagt er. Das ehemalige CVP-Mitglied sitzt im Vorstand der Basler Muslimkommission und gilt als AKP-Sympathisant. Auf Facebook gefällt ihm nicht nur die Seite des türkischen Präsidenten Erdogan, sondern auch eine einschlägige Seite dessen Anhängerschaft, welche die gewaltsame Offensive in Syrien begrüsst. Er wolle sich nicht zur türkischen Aussenpolitik äussern, sagt Tasoglu. Doch er sagt auch: «In Basel ist die Sicht auf das Geschehen in Syrien einseitig.» Es sei wichtig, die Sichtweise der türkischen Bevölkerung zu sehen. «Es hat sich nun auch der türkische Botschafter klar geäussert. Ich finde, er hat das gut gemacht», so Tasoglu. Botschafter Ilhan Saygili verteidigte den Angriff der Türkei in Nordsyrien in einem Interview mit dieser Zeitung.
Urgeses Parteikollege Thomas Kessler, selbst Nationalratskandidat, verurteilte den Einmarsch der türkischen Truppen in Syrien in den vergangenen Tagen in den sozialen Medien scharf. Auf die Wahlkampfhelfer Urgeses angesprochen, sagt er, diese seien ihm nicht bekannt gewesen. «Meine Haltung zur Situation in Rojava ist völlig klar. Über allfällige Differenzen in der Partei würde ich nur intern sprechen.»