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Die Liestaler Politik der letzten Jahre hat in der Stadt tiefe Spuren hinterlassen, schreibt bz-Chefredaktor Patrick Marcolli. Gefragt ist nun eine mutige Gegenreaktion zum Fusions-Nein. Es gilt, die Kooperation zwischen Basel-Stadt und Baselland in allen Bereichen zu vertiefen.
Das Wetter sollte man als Symbol für menschliche Handlungen nicht allzu oft ins Spiel bringen, sonst taugt es nicht mehr zum mächtigen Sprachbild. Aber am Sonntag lag die Analogie auf der Hand: Zuerst zog ein heftiger Sturm über Stadt und Land, danach folgte eine Kaltfront. Die deutliche Ablehnung der Spitalfusion im Kanton Basel-Stadt – bei gleichzeitiger deutlicher Annahme im Baselbiet – ist ein politischer Sturm, wie ihn die Region nur selten erleben musste. Mit dem Nein aus der Stadt ist das grösste politische Projekt der letzten Jahre in den beiden Basel gescheitert. Was nun folgen könnte, ist eine verharrende Kaltfront über der Politik zwischen Basel und Liestal.
Die Gründe für das Veto aus Basel-Stadt sind vielfältig. Zum einen war im sozialdemokratisch dominierten Kanton die urlinke Angst vor einer grossen «Spital AG» zu spüren, die dem Zeitgeist einer immer stärkeren marktwirtschaftlichen Orientierung-und damit einer Ent-Solidarisierung des Gesundheitswesens entsprochen hätte. Zweitens ist in der Stimmbevölkerung ein grosses Misstrauen gegenüber der Gesundheitspolitik generell festzustellen: Was wurde den Prämienzahlern, Stichwort Fallkostenpauschale, nicht schon alles als Heilmittel gegen die stetig steigenden Kosten angepriesen. Und was ist geschehen? Gar nichts. Oder zumindest nichts Positives.
Diese beiden Gründe und die unheilige Allianz der Linken mit den einflussreichen Privatspitälern allein hätten zu einem knappen Resultat geführt. Den Ausschlag zum klaren Nein der Stadtbasler hat aber etwas Drittes gegeben: Die tief sitzende Skepsis gegenüber dem Landkanton und dessen Verständnis von politischer Kooperation. Mehr oder weniger offen stellten die Gegner der Spitalfusion die rhetorisch gemeinte Frage, weshalb nun die Stadt plötzlich ein willkommener Partner für das Baselbiet geworden sei? Natürlich wegen der desolaten Situation des Gesundheitswesens im Baselbiet. Herrscht Not in Liestal, wendet man sich an Basel, so der Tenor in den vergangenen Wochen. Das jahrelange Hin und Her um die Abgeltung von Zentrumsleistungen, die damit verbundenen landschaftlichen Rappenspaltereien und das klare Nein der Landschaft zu einer Fusion der Halbkantone vor fünf Jahren haben in der Stadt tiefe Spuren hinterlassen.
Auch das ist eine Erkenntnis dieses Abstimmungssonntags. Es ist eine niederschmetternde Erkenntnis. Und es ist eine, die sich die mächtige Sozialdemokratische Partei in Basel zu Herzen nehmen sollte. Sie hat mit dem Nein zur Spitalfusion nicht die Grösse und den Pragmatismus gezeigt, die es für eine gedeihende Partnerschaft braucht. Wie beiläufig nimmt sie in Kauf, dass das Universitätsspital Basel im Wettbewerb der Forschung und der Spitzenmedizin an Boden verlieren wird. Das ist ein Eigengoal, welches den so stolzen Pharma- und Universitätsstandort Basel teuer zu stehen kommen könnte.
Die Befürworter der Fusion im Stadtkanton, allen voran Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (CVP), hatten angesichts der lärmigen Phalanx aus Sozialdemokratie und Privatspitälern von Anfang an einen schweren Stand. Szenarien des Niedergangs heraufzubeschwören, ist nicht die Sache des zurückhaltenden Sachpolitikers Engelberger. Er hätte dieses Mal wohl über seinen Schatten springen und auch lauter werden müssen.
Wie soll es nun weitergehen in der Zusammenarbeit zwischen den beiden Basel? Guter Rat ist teuer. Gefragt ist eine mutige Gegenreaktion zum Fusions-Nein. Es gilt, die Kooperation zwischen Basel-Stadt und Baselland in allen Bereichen zu vertiefen. Der Staatsvertrag zwischen den Kantonen zur Gesundheitsversorgung, der in beiden Basel als Trostpflästerchen für die enttäuschten Fusionsbefürworter angenommen wurde, kann einen Anfang markieren. Damit die Kaltfront über Basel und Liestal weiterziehen und endlich der Frühling Einzug halten kann.