Riehen
«Die Gefahr ist da, dass Arbeiten durch Wohnen verdrängt wird»

Nach 24 Jahren ist der Architekt Peter Zinkernagel als Präsident des Handels- und Gewerbevereins Riehen zurückgetreten. Das Gewerbe bewegt sich in Riehen in einem schwierigen Umfeld.

Tobias Gfeller
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Peter Zinkernagel, Präsident Handels- und Gewerbeverein Riehen: «Vielen ist gar nicht bewusst, dass es in Riehen rund 4500 Arbeitsplätze gibt.»

Peter Zinkernagel, Präsident Handels- und Gewerbeverein Riehen: «Vielen ist gar nicht bewusst, dass es in Riehen rund 4500 Arbeitsplätze gibt.»

bz

Herr Zinkernagel, wozu braucht es in einer Zeit der sozialen Vernetzung noch einen Gewerbeverein?

Peter Zinkernagel: Es braucht nach wie vor eine Interessensvertretung wie den Handels- und Gewerbeverein Riehen (HGR). Wir setzen uns direkt vor Ort für die Belange des Gewerbes ein. Durch unser Engagement wird das Gewerbe in der Bevölkerung, in der Verwaltung und letztlich auch in der Politik wahrgenommen. Ich spürte auch nach 24 Jahren als Präsident, dass wir als Verein ein Gewicht haben und wir ernst genommen werden.

Riehen ist doch eher eine Wohngemeinde. Braucht es ausser dem Detailhandel noch das lokale Gewerbe, wenn sich die Menschen in Riehen doch auch in der Stadt oder im Umland bedienen können?

Das Gewerbe hat nach wie vor eine grosse Bedeutung in Riehen. Die Grundversorgung der Bevölkerung soll durch Riehener Betriebe gesichert sein. Viele nehmen das lokale Gewerbe auch in Anspruch. Aber grundsätzlich haben Sie recht. Es besteht schon immer die latente Gefahr, dass Arbeiten in Riehen durch Wohnen verdrängt wird. Es ist eine stetige Aufgabe des HGR, aufzuzeigen, dass es auch in Riehen Gewerbe gibt. Vielen ist gar nicht bewusst, dass es in Riehen rund 4500 Arbeitsplätze gibt, für die wir uns einsetzen wollen.

Fühlt sich das Gewerbe in Riehen manchmal vergessen?

Das würde ich so nicht sagen. Das Gewerbe geniesst im Dorf eine breite Akzeptanz. Fünf der sechs Gemeinderäte und der Gemeindepräsident selber sind Unternehmer und Mitglieder des HGR. Zu verschiedenen Themen werden wir sogar schon zu den Vernehmlassungen eingeladen und können uns dazu äussern. Das wäre früher undenkbar gewesen. Im revidierten Zonenplan sind die Gewerbezonen an der Hörnliallee und am Rüchligweg zonenrechtlich als Arbeitszonen definiert und somit geschützt. Das ist ein grosser Schritt für das Gewerbe in Riehen. Diese Arbeitszonen waren unbestritten, was zeigt, dass die Akzeptanz des Gewerbes in Riehen nach wie vor vorhanden ist.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für das Riehener Gewerbe?

Diese liegen mit Bestimmtheit beim Detailhandel. Dieser hat es durch die Lage Riehens an der Landesgrenze und dem starken Franken momentan sehr schwer. Dazu kommen noch die Bauarbeiten am neuen Dorfkern. Der Riehener Detailhandel zeigt sich dabei aber sehr engagiert und kreativ. Mit diversen Aktionen versuchen die Läden auf sich aufmerksam zu machen. Die Politik und die Verwaltung können sie dahingehend unterstützen, dass die Geschäfte möglichst wenig Bürokratieaufwand erledigen müssen. Dazu versuchen wir beim HGR, in der Politik Vernunft walten zu lassen. Und am Schluss muss man auch an die Riehener Bevölkerung appellieren, weiterhin in Riehen einzukaufen. Sonst sind die Geschäfte irgendwann weg, wenn man sie dann wirklich braucht.

Worauf haben Sie als HGR-Präsident speziell Wert gelegt?

Mir war stets die Lehrlingsausbildung sehr wichtig. Die Möglichkeit des dualen Systems mit der praktischen Erfahrung beim Lehrmeister und der Theorie in der Gewerbeschule erachte ich als sehr wertvoll. Dies müssen wir weiterhin pflegen und auch schätzen. Auch das Riehener Gewerbe leistet dazu seinen Anteil. Ich sprach als HGR-Präsident bei den Unternehmern und in der Politik dieses Thema immer wieder an, damit die Voraussetzung für eine Lehre weiterhin gegeben sind.

Gab es auch Enttäuschungen während Ihrer 24-jährigen Amtszeit?

Natürlich gab es die. Die grösste Enttäuschung war die gescheiterte Gewerbeausstellung 2006. Wir haben in den Jahren zuvor immer wieder sehr erfolgreiche Ausstellungen durchgeführt, von denen das Gewerbe sehr profitiert hatte. Doch 2006 Mal fehlte das Engagement der Betriebe. Und alleine kann der HGR keine Gewerbeausstellung organisieren. Solche Plattformen sind auch in der heutigen Zeit der digitalen Vernetzung wichtig, damit der Verkäufer oder der Handwerker direkt mit der Kundschaft ins Gespräch kommt.