Basel
Ein Laden, der mithilft, dass der Abfallberg kleiner wird

Es ist der erste Laden dieser Art in der Schweiz: Ein Basler Laden sammelt und verkauft Gebrauchtmaterialien, Produktionsabfälle und Resten wie Textilien, Papier oder Schaumstoffe. Die Idee dazu kam der Ladeninhaberin in Australien.

Jasmin Grasser
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Ein Laden, der alte Papierresten vertreibt
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Gebrauchtmaterialien, Überschüsse, Produktionsabfälle und Resten werden wieder verkauft.
Gebrauchtmaterialien, Überschüsse, Produktionsabfälle und Resten werden wieder verkauft.
Gebrauchtmaterialien, Überschüsse, Produktionsabfälle und Resten werden wieder verkauft.
Gebrauchtmaterialien, Überschüsse, Produktionsabfälle und Resten werden wieder verkauft.

Ein Laden, der alte Papierresten vertreibt

Jasmin Grasser

Papierreste, Karton und Stoffe sind in hohen Regalen gestapelt. Daneben liegen Bühnenmoltonstücke, Holzschnitte und Mappen. «Wir verkaufen Rohmaterial zur kreativen Weiterverarbeitung», sagt Simone Schelker, Mitgründerin des Materialmarkts Offcut. Der erste Laden dieser Art in der Schweiz öffnete morgen seine Türen im Turbinenhaus auf dem Gebiet der Aktienmühle.

Die Rohstoffe stammen hauptsächlich aus Unternehmen. «Wir haben rollenweise Buchbinderleine von einem Buchbinder bekommen», sagt Schelker. Der Bühnenmolton und mehrere Notausgangleuchten stammen von einer Eventfirma, Teppich und Holz stammen teils von einer Theaterproduktion. «Besonders bei kurz laufenden Produktionen werden die Bühnenbilder meist entsorgt, weil Lagerplatz fehlt», sagt Schelker, die selbst im Freien Theater arbeitet. Dem schafft der Materialmarkt Abhilfe. «Hier können Bühnenbildner auch wieder Werkstoffe für neue Aufführungen beziehen.»

Der soziale Gedanke spielt mit

Denn Offcut soll kein Museum oder Lagerraum werden. «Wir wenden uns an alle kreativen Selbermacher und Vermittler», sagt Schelker. Sie könne sich auch vorstellen, Materialen für den Werkunterricht an Schulen oder fürs Basteln in Alters- und Pflegeheimen zu verkaufen.

Ein Ziel sei es, Kunstschaffende anzusprechen. «Menschen im kreativen Bereich schätzen es oft, wenn die Werkstoffe bereits eine gewisse Geschichte haben, die auch sichtbar sein darf.» Was die Rohstoffe kosten sollen, sei eine Wertfindung. «Wir richten uns nach den Beschaffungskosten, dem Neupreis, der Qualität des Stoffes und auch dem Zweck der Wiederverwertung.» So will Schelker vor allem gemeinnützigen Projekten mit wenig Budget entgegenkommen.

Auf den Gedanken eines Werkstoffladens aus zweiter Hand kam Schelker während eines Auslandjahres im australischen Sydney. «Ich habe dort Bildende Kunst studiert und war oft im Gebrauchtmaterialcenter «Reverse Garbage», um mich mit Materialen einzudecken. In Basel entwickelte sie mit Tanja Gantner und Lucas Gross während eines Jahr das Projekt Offcut, vor kurzem stiess Christian Müller hinzu.

Etablieren und wachsen

Der Name Offcut ist die englische Bezeichnung für Abschnitte und Reststücke, die normalerweise nicht mehr gebraucht werden können. «Uns liegt es auch am Herzen zu zeigen, was man mit vermeintlichem Abfall alles machen kann.» Fertige Produkte mit Funktion verkauft der Laden nicht. «Es gibt genug Brockenstuben in Basel.» Der Stiftung Habitat gefiel die Idee – die Räumlichkeiten im Turbinenhaus auf dem Gebiet der Aktienmühle bekam das Team gratis als Zwischennutzungsobjekt zur Verfügung gestellt.

«Die Stiftung wird wieder Gewerbe auf dem Gebiet der Aktienmühle ansiedeln», sagt Schelker. Deswegen sei die Lösung momentan ideal, auch wenn der Raum an der Gärtnerstrasse im Winter unbeheizt sei. «Wir werden uns warm einpacken», sagt Schelker lachend. Sie und ihr Team arbeiten bisher ehrenamtlich und sind weiter auf Spenden angewiesen, obwohl sie in einem Nachhaltigkeitsprogramm der Swiss Academies und von der Ernst Göhner Stiftung eine Anschubfinanzierung bekommen haben.

Das Team hinter Offcut hat grosse Pläne. «Wir wollen nach dem Pilotjahr wachsen und einen festen Betrieb etablieren.» Schelker hofft, dass die Idee auch in anderen Schweizer Städten Nachahmer findet. «Die Wiederverwertung und somit Abfallvermeidung ist unser höchstes Ziel», sagt sie.