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Rings um den Kunstmuseums-Neubau ist ein leuchtender Streifen geplant. Ob er nur diskret strahlen soll oder ob das Kunstmuseum darauf mit Leuchtbuchstaben werben kann, ist in Diskussion.
An der Dufourstrasse sind die groben Arbeiten im Gang: Für den Erweiterungsbau des Basler Kunstmuseums, der 2016 eröffnet werden soll, wird die Baugrube vorbereitet. Während es dort lärmt und staubt, tüfteln Spezialisten an Feinarbeiten. Vor kurzem hat der Kanton den Auftrag für den LED-Fries an der Fassade des Erweiterungsbaus ausgeschrieben.
«Von innen heraus leuchten»
Ein LED ist eine Leuchtdiode, die Abkürzung steht für light-emitting diode. Unter einem Fries verstehen Kunsthistoriker ein streifenförmiges Fassadenornament. Gesucht wird eine Firma, die technisch umsetzen kann, was als Lichtkonzept bereits vorliegt: Durch die Installation von mehreren hunderttausend LED soll das Gebäude «von innen heraus leuchten», wie es in der Beschreibung heisst. Das rund 170 Meter lange Leuchtband umläuft das Gebäude in einer Höhe von zwölf Metern.
Auf den LED-Fries angesprochen, stellt Architekt Emanuel Christ gegenüber dem «Sonntag» eines sofort klar: «Es geht hier nicht um eine Leuchtreklame, und auch nicht um eine Leuchtschrift wie über dem Eingang des Stadttheaters oder des Kultkinos», sagt er. Die Lichtinstallation sei Teil der Architektur. Das Büro Christ & Gantenbein habe damit ein klassisches architektonisches Element weiterentwickelt: den Fries als Zierband, das den Baukörper gliedert. «Mit dem Einsatz von Licht haben wir eine zeitgenössische Form für dieses Element gefunden», sagt Christ.
Valentin Spiess von der Firma Iart AG, der die Architekten beim Lichtkonzept beraten hat, ergänzt: «Die LED werden nicht direkt nach aussen strahlen. Sie sind so angebracht, dass das Mauerwerk das Licht diffus reflektiert. So entsteht der Eindruck einer von innen nach aussen durchlässigen Wand.»
Medienfassaden werden immer häufiger entwickelt
Ein konkretes Beispiel für vergleichbare Installationen können weder Christ noch Spiess nennen. Medienfassaden, die multimediale Elemente zum Bestanteil von Architektur machen, werden aber immer häufiger entwickelt. Manchmal handelt es sich um Kunst am Bau, für die Künstler mit bestehender Architektur arbeiten. Oft haben Medienfassaden jedoch eine explizit kommerzielle Komponente.
Valentin Spiess ist Fachmann auf diesem Gebiet. Von seiner Firma stammt zum Beispiel das Lichtkonzept des Stücki. Nachts zaubert eine aufwendige LED-Installation einen leuchtenden Strichcode auf die Fassade des Einkaufszentrums. Für den Coca-Cola-Pavillon an der Expo in Schanghai 2010 entwickelte Spiess eine interaktive Fassade, die mit Licht und Geräuschen auf Bewegungen der Besucher reagierte. Und für den kürzlich fertiggestellten Basler Messeneubau von Herzog & de Meuron hat ein Team um Spiess farbige Leuchtbänder gestaltet, die die Ästhetik von Leuchtreklamen aufnehmen, die also die Anmutung haben, die Christ für den LED-Fries am Kunstmuseums-Erweiterungsbau ausschliesst.
Doch auch auf dem LED-Fries des Kunstmuseums werden sich Schrift und Filme darstellen lassen. So steht es in der Ausschreibung, und so zeigen es auch Modelle des Erweiterungsbaus. Das legt die Vermutung nahe, dass dennoch - ähnlich wie bei einer klassischen Leuchtreklame - die Namen der aktuellen Kunstmuseums-Ausstellungen über den Fries ausgestrahlt werden, oder sogar Filme im Zusammenhang mit dem Programm auf der Fassade ablaufen. Architekt Emanuel Christ sagt: «Natürlich ist das für besondere Fälle denkbar. Aber der Fries ist nicht in erster Linie als Kommunikationsmittel gedacht.»
«Natürlich muss eine Museumsleitung da Freiheiten haben»
Beim Kunstmuseum, wo Interesse an einer zusätzlichen, multimedialen Werbefläche am eigenen Haus bestehen könnte, hält man sich mit Wünschen zurück: Der kaufmännische Direktor René Charles lässt über die Medienstelle ausrichten, das Bespielungskonzept des Fries sei noch nicht detailliert geklärt, Fragen dazu würden erst im Rahmen der Kommunikationsstrategie für 2016 beantwortet.
Doch wie weit hat der Architekt Einfluss auf die Nutzung der Lichtinstallation? «Die Fassade wird am Ende von den Nutzern des Gebäudes bespielt und nicht von den Planern», sagt Valentin Spiess, und Emanuel Christ räumt ein: «Natürlich muss eine Museumsleitung da Freiheiten haben.» Diese lassen sich allerdings begrenzen: Je nach Programmierung bleiben mehr oder weniger Möglichkeiten zur Nutzung der LED offen. Christ sagt: «Wir sind im Moment daran, die typografischen Vorgaben zu entwickeln, die für den Fries zur Verfügung stehen». Das heisst, es werden bestimmte Schriften und grafische Muster festgelegt, die mit den Lichtpunkten auf dem Fries dargestellt werden können.
Von vornherein ausgeschlossen ist bei den Leuchtelementen der Einsatz von Farbe: Die Ornamente und Buchstaben auf dem Fries werden in weissem Licht leuchten, dessen Intensität je nach Sonneneinstrahlung variieren wird.
Interaktive Nutzung
Technisch könnte die Nutzung des LED-Fries noch weit über den Einsatz von Schrift, Filmen und Grafiken hinausgehen. Valentin Spiess entwirft in einem Aufsatz für die Publikation «Urban Media Cultures» (Av Edition 2012) Ideen für eine interaktive Nutzung. Zum Beispiel könnten auf dem Fries Museumsbesucher sichtbar werden, die in der Ausstellung gefilmt und zeitversetzt auf das Leuchtband auf der Fassade projiziert werden. Ein Besucher, der das Museum verlassen hat, könnte sich so möglicherweise selbst auf dem Fries beim Betrachten von Kunstwerken zusehen. Eine andere Variante wäre, dass Künstler selbst Arbeiten auf dem Fries realisieren.
Die Ideen zur interaktiven Nutzung sind vorerst Gedankenspiele - doch sie passen zum Trend multimedialer, interaktiver Fassaden. In Basel dürften sie vorerst nicht umgesetzt werden. Neben der Intention des Architekten, den Kunstmuseum-Fries «kultiviert und zurückhaltend» zu bespielen, könnten Datenschutz-Überlegungen eine interaktive Nutzung verkomplizieren. Ganz zu schweigen von den Kosten. Von diesen hängt es denn auch ab, ob der LED-Fries tatsächlich wie geplant gebaut wird. Kostenschätzungen gibt das Baudepartement nicht bekannt, um die laufende Ausschreibung nicht zu beinflussen. Bis Anfang April gehen Offerten für die technische Umsetzung ein und im Verlauf dieses Jahres wird die zuständige Baukommission einen Entscheid über die Ausstrahlung der Fassade fällen.