Theater Basel
"Expats. Eidgenossen in Shanghai" am Theater Basel uraufgeführt

Süssigkeiten und Sekt, Nudelsuppe und eine Qigong-Lektion: Das Billett für das Stück "Expats. Eidgenossen in Shanghai" in Basel kommt mit Extras. Einsichten werden ebenfalls geboten. Allerdings wird dem Publikum auch einiges abverlangt.

Drucken
Im Foyer des Theater Basel (Archiv)

Im Foyer des Theater Basel (Archiv)

Keystone

Durchgehend sensationell ist der Abend für alle, die sich ernsthaft für China interessieren und vielleicht sogar das Auswandern in Betracht ziehen. Denn die Autorin Gesine Schmidt ist tatsächlich ins Reich der Mitte gereist, und die Aussagen, die in Basel von Schauspielern vorgetragen werden, stammen von richtigen Expats.

Rund 2000 Schweizer sollen in Shanghai leben, wie es heisst. Basel ist selber als Destination für Arbeitsmigranten aus anderen Erdteilen bekannt, so ist es eine reizvolle Idee, gerade hier den Strom in die umgekehrte Richtung - von Europa nach Asien - zu betrachten. Als Klein-Shanghai dient das Hotel Dorint an der Messe.

Gezeigt werden im sensationellen Bühnenbild von Evi Bauer eine Imbissbude, eine Garküche, zwei Privatwohnungen und mehrere Konferenzräume. Insbesondere der Kiosk, der authentische chinesische Spezialitäten feilbietet und auch als Karaoke-Bar und Qigong-Feld fungiert, lohnt den Besuch.

«Schlafen, Essen, Shopping»

Das Theaterpublikum absolviert in mehreren Kleingruppen eine Tournee durch die nach China ausgelagerten Basler Hotelräume. Als Drache wird man zu Beginn einer Betriebswirtschaftlerin (Ariane Andereggen) ausgesetzt, die über Ost und West schwadroniert.

«China ist ein Wachstumsmarkt, China kostet Geld!», ist ihre Kernbotschaft. Später lädt ein junger Mann (Johannes Schäfer) zu Nudelsuppe ein und berichtet von seinen wirtschaftlichen Absichten. Dass er eine chinesische Freundin hat, erwähnt er nebenher.

Eine Projektmanagerin, die für eine Schweizer Firma tätig ist, harrt schon einige Jahre aus, ist angestrengt und müde und «konstant im Spannungsfeld beider Welten. Obwohl das Publikum ihr in der Wohnung begegnet, ist von Privatem kaum die Rede. Freundinnen oder Freunde hat sie offenbar keine. Was hält sie in Shanghai?

Der Konsul (Andrea Bettini) weiss von den Spitzeltechniken des Regimes zu berichten, doch auch er konzentriert sich auf Wirtschaftsthemen. Schweizer Künstler, Köche oder Kommunisten hat die Autorin bei ihrer Recherche offenbar nicht auftreiben können.

Eine Ärztin (Mareike Sedl) kritisiert zumindest die langweilige Freizeitgestaltung ihrer chinesischen Kolleginnen - «Schlafen, Essen, Shopping». Und ein deutscher Pfarrer (Christian Heller) berichtet von dem erstaunlichen Tempo, in dem verheiratete westliche Manager chinesischen Massagedamen verfallen.

Qigong-Lektion mit Panda

Die interessantesten Szenen sind diejenigen, in denen Chinesen zu Wort kommen - auch wenn sie ebenfalls der BWL-Welt entstammen. Eine Frau mittleren Alters berichtete von ihrer Jugend, als die Partei noch weit dezidierter herrschte als heute, und sucht nach Ursachen für die vielen Fehlentwicklungen in ihrem Land.

Ein chinesischer Manager schliesslich berichtet von seiner Seite des kulturellen Grabens, erzählt von unflexiblen, pedantischen Schweizern und wenig erfreulichen Erfahrungen als Expat in Basel. Dass er in der Kulturmetropole keine Freunde fand, erstaunt allerdings wenig, da sich Erfolg für ihn in Automarken misst.

Wer den China-Hype der Gegenwart mit Skepsis verfolgt, wird durch «Expats. Eidgenossen in Shanghai» keines Besseren belehrt. Das Hecheln nach materiellen Gütern, wie es sich hier präsentiert, ist weder neu noch schockierend - aber doch recht langweilig.

Lohnenswert machten diesen von Antje Schupp inszenierten Theaterabend im Hotel, eine vom Premierenpublikum am Samstagabend sehr freundlich beklatschte Uraufführung, das Bühnenbild und die Darsteller - samt strengem Panda als Qigong-Instruktor.