Startseite
Basel
Basel Stadt
Für den Basler Polizeikommandanten Gerhard Lips sind verdeckte Fahndungen zentrale Instrumente. Im Interview mit der bz redet er über versteckte Fahndungen, Erfolge der Polizei sowie Probleme des Internets heutzutage.
Herr Lips, die Basler Regierung will verdeckte Fahndungen und Ermittlungen zulassen. Was können Ihre Polizisten künftig tun, was Sie bislang nicht durften?
Gerhard Lips: Sie werden das wieder tun dürfen, was sie bereits bis Ende 2010 getan haben. Verdeckte Fahndung und verdeckte Ermittlung sind keine neuen Instrumente. Vielmehr entstand mit Einführung der neuen Strafprozessordnung auf Bundesebene eine Gesetzeslücke bei jenen Ermittlungen, in denen sich Polizisten nicht als solche zu erkennen geben. Dass dieser Punkt damals nicht beachtet wurde, war ein Fehler. Als Reaktion sind die meisten Kantone nun daran, Bestimmungen zur verdeckten Fahndung und Ermittlung in ihre Polizeigesetze zu übernehmen.
Was bedeutet die Wiedereinführung der verdeckten Fahndung für die Arbeit Ihrer Polizisten?
Wir können künftig wieder Polizisten in Zivil in Situationen einsetzen, in denen wir mit Uniformierten nicht ans Ziel gelangen. Das typische Beispiel für Basel ist das Rotlicht- und Drogenmilieu. Unsere Polizisten werden als Kunden auftreten können, um herauszufinden, ob eine Person mit Drogen handelt oder sich als illegale Prostituierte hier aufhält. Daneben treten in diesem Umfeld Schwarzarbeit und Menschenhandel auf, teilweise in Kombination miteinander. Da diese Delikte aus Sicht der Öffentlichkeit tagtäglich stören, ist es besonders wichtig, dass wir möglichst schnell eine Rechtsgrundlage haben.
Daneben sollen auch verdeckte Ermittlungen wieder möglich sein. Um welche Delikte geht’s hier?
Hier geht es vor allem um die Bekämpfung der Internetkriminalität. Sie findet im Gegensatz zu den vorherigen Beispielen eher im Verborgenen statt. Ein klassisches Beispiel sind Pädophile, die sich in Chatrooms minderjährige Sexualpartner suchen. Hier muss sich der Polizist eine andere Identität, eine Opferidentität, geben können, um überhaupt in Kontakt zu treten mit möglichen Tätern. Das Thema Internetkriminalität war übrigens Auslöser eines Vorstosses von EVP-Grossrätin Annemarie Pfeifer. Nachdem dieser vom Parlament überwiesen worden war, hat die Regierung die Gesetzesänderung in Angriff genommen, die nun vorliegt.
Führen verdeckte Ermittlungen im Internet zum Fahndungserfolg?
Erfolge sind hier nicht einfach zu bewerkstelligen. Internetkriminalität macht nicht vor Kantonsgrenzen Halt. Hier schon nur potenzielle Täter aufzustöbern ist sehr aufwändig.
«Agent provocateur»-Fahndungen bleiben laut Regierungsbeschluss verboten. Was bedeutet das genau?
Die Polizisten dürfen keine Tat provozieren. Wenn jemand bereits mit einem Tatvorsatz zu Werke geht, dann kann man ihn auch nicht mehr provozieren. Wenn allerdings ein Polizist durch seine Tätigkeit zu einer Tat erst motiviert, dann gilt dies als provozierendes Einwirken. Hier eine Grenze zu ziehen, ist nicht immer einfach.
Finden Sie es richtig, dass solche Fahndungen verboten bleiben?
Ja.
Bei verdeckten Ermittlungen ist eine vorgängige richterliche Genehmigung notwendig. Nicht so bei der verdeckten Fahndung. Weshalb?
Eine verdeckte Fahndung soll möglichst niederschwellig ablaufen. Da wäre eine richterliche Genehmigung hinderlich. Hegt die Polizei einen Verdacht, dann soll sie die Fahndung ausführen dürfen und sie im Nachhinein genehmigen lassen. Bei verdeckten Ermittlungen hingegen laufen Vorarbeiten. Meist besteht genügend Zeit, um zuerst die Genehmigung einzuholen. Zudem muss hier ein Delikt gravierend sein, damit eine richterliche Genehmigung erteilt wird.
Inwiefern verbessern diese Instrumente die Arbeit der Polizisten?
Ich möchte es umgekehrt formulieren: Wir waren in den letzten anderthalb Jahren, in denen wir diese Instrumente nicht zur Verfügung hatten, eindeutig weniger schlagkräftig. Ich bin überzeugt, dass sich die Wiedereinführung von verdeckter Fahndung und Ermittlung positiv auf die Arbeit der Polizei, aber vor allem auf die Bevölkerung auswirken wird.
Können Sie die negativen Auswirkungen der letzten anderthalb Jahre beziffern?
Dies in Zahlen auszudrücken, ist schwierig. Wenn eine Polizei solche Mittel nicht mehr zur Verfügung hat, wirkt sich das nicht von heute auf morgen, aber schleichend negativ aus. Unsere «Kundschaft» ist in der Regel sehr gut informiert und nutzt dann solche Lücken schamlos aus.