24-Stunden-Betreuung
Gewerkschaft will Kündigung der couragierten Care-Migrantin anfechten

Die polnische Care-Migrantin Bozena Domanska hat sich für faire Arbeitsbedingungen in der 24-Stunden-Betreuung eingesetzt - nun ist sie seit Ende Juni ihren Job los.

Pascale Hofmeier
Drucken
Der VPOD protestiert für Bozena Domanska (mitte).

Der VPOD protestiert für Bozena Domanska (mitte).

Martin Töngi

Das Engagement und ihre Hauptrolle in einem Dok-Film von SRF haben der Care-Migrantin Bozena Domanska Bekanntheit, Sympathie und eine Nomination für den Prix Courage eingebracht - und eine Kündigung. Diese hat die private Spitex Perspecta AG zuerst damit begründet, sie erscheine durch das Engagement in schlechtem Licht. In der zweiten Fassung hiess es, die Leistungen der Angestellten hätten stark nachgelassen.

Kündigungsschutz unter Druck

Für die Basler Sektion der Gewerkschaft VPOD ist klar: Gekündet wurde der Pflegerin wegen ihres gewerkschaftlichen Engagements - und das ist missbräuchlich. Mit einem Strassentheater vor dem Firmensitz der Perspecta in der Steinen rief der VPOD gestern zu einem Boykott des Pflege--Anbieters auf, bis dieser die Kündigung zurückzieht. «Bozena Domanska hat gewagt, am Image der Firmen zu kratzen und musste darum gehen», sagte VPOD-Regionalsekretärin Marianne Meyer.

Während aus den Büroräumen im vierten Stock keine Reaktion kam, ärgerte sich eine Mieterin im 1. lautstark über die Aktion. Bozena Domanska selber war gerührt über die Unterstützung durch die rund 40 Gewerkschafter: «Ich erhalte auch sonst viel Unterstützung.» Arbeitslos ist sie trotz der Kündigung nicht: «Ich habe mehr Arbeit als vorher.» Sie hatte sich dafür eingesetzt, dass ihr Arbeitgeber die Spesen bezahlt, die Wegzeiten zu den Klienten als Arbeitszeit entlöhnt werden, nicht nur sechs, sondern alle 24 Stunden pro Betreuungstag bezahlt werden und dass der Lohn auch bei Krankheit bezahlt wird.

Das Engagement des VPOD hat denn auch mehrere Ebenen: «Für Gewerkschafter gilt ein Kündigungsschutz. Dieser gerät in der Schweiz immer stärker unter Druck», erklärte Meyer. 100 Tage bleiben dem VPOD, gegen die Kündigung vorzugehen. Mit einem Rückzug rechnet Meyer nicht. Zudem sollte die Aktion auf die Situation der 24-Stunden-Betreuerinnen im Allgemeinen aufmerksam machen. «Die Firmen verdienen das drei bis vierfache dessen, was die Pflegekräfte verdienen», sagte Meyer.

Firma streitet Vorwürfe ab

In einer Stellungnahme weist die kritisierte Firma Perspecta sämtliche Vorwürfe ab. Die Mitteilung liest sich wie ein Arbeitszeugnis - ein Dokument, das eigentlich persönlich ist. Aufgelistet werden etliche Verfehlungen der Angestellten im Detail. Unter anderem, sie habe während der Arbeitszeit privat telefoniert und Kunden hätten sich über sie beschwert. An diesen Aussagen hält Perspecta-Geschäftsführer Alessandro Hunziker auf Nachfrage fest: «Wir haben Gespräche geführt und Leistungsvereinbarungen getroffen, diese hat sie nicht erfüllt.» Es sei ihm nicht leicht gefallen, sie zu entlassen. Den Vorwurf der Gewerkschaft, seine Firma halte sich nicht ans Gesetz, dementiert Hunziker: «Wir müssen uns an die Richtlinien halten.»