Elisabethen-Kirche
Harte Kerle mit Mission — «Was in Liebe eingebettet ist, darf ich segnen»

An der fünften Ausgabe des Biker-Segens liessen sich wieder zahlreiche Biker mit ihren Maschinen vor der Elisabethen-Kirche segnen. Hinter dem Segen steht eine Mission.

Tanja Opiasa-Bangerter
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Pfarrer Frank Lorenz (mit Mikrofon) ist selbst Biker.
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Biker-Segen
Ein Stück Ewigkeit offenbart sich seinen Zuhörern meistens auf offener Strasse. Es folgen weitere Bilder.

Pfarrer Frank Lorenz (mit Mikrofon) ist selbst Biker.

Juri Junkov

«In den Fahrtwind schreie ich manchmal laut Halleluja», sagt ein charismatischer Biker und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Weil er dann so viel Dankbarkeit empfinde, betont der Basler, der ein schwarzes Kreuz auf der Lederjacke trägt. Gemeinsam mit Dutzenden von Gleichgesinnten empfängt er und sein Chopper an diesem spätsommerlichen Sonntagmorgen den fünften Biker-Segen der offenen Kirche Elisabethen.

«Möge der Fahrtwind euch streicheln», predigt Frank Lorenz und hebt seine Hände segnend gen Himmel. Ein Stück Ewigkeit offenbart sich seinen Zuhörern meistens auf offener Strasse. Vor dem Pfarrer stehen in der ersten Reihe keine gewöhnlichen Kirchgänger, sondern Motorräder.

Die Biker fahren Tausende Kilometer für Kinder in Not

«Hinter dem Segen steht eine Mission», erklärt uns ein charismatischer Biker in Ledermontur, Vollbart und auftragenden Halsketten. Der Schein der harten Kerle trüge, scherzt Hansi. Eher verbirgt sich hinter seinem überlegenen Auftritt ein weicher Kern, sagt der Berner und zeigt uns einen silbernen Anhänger mit einer Murmel. «Sie symbolisiert die Tränen der Kinder in Not und erinnert mich an meinen Auftrag», betont der Angehörige des Bikerklubs «B.A.C.A. Bikers against Child abuse». Mit seinem Chapter, also seiner Biker-Ortsgruppe, stehe er seit 25 Jahren für körperlich oder seelisch missbrauchte Kinder und Jugendliche ein, sagt «Roadrunner» und erklärt, dass der Strassenname ein Stück Anonymität bewahre. Auch ihre Schützlinge erhalten, sobald sie von Behörden oder Familienmitgliedern vermittelt worden seien, einen Roadnamen sowie Kutte und einen Teddy.

«Zu der Aufnahmezeremonie kommen Biker aus Nachbarländern», fügt Kollege «Samurai» an. Kompromisslos – da fahre man gerne 1000 Kilometer, versichert man uns. Wenn bei einer Aufnahmezeremonie plötzlich 100 Maschinen vor dem Kind stehen, verleihe dies ein immenses Schutzgefühl, betont der Biker, den grossflächige Tattoos zieren. Wie die Mahnwachen, die sie von Zeit zu Zeit nachts vor dem Elternhaus eines Kindes abhielten, berichtet der Biker aus dem Zürcher Chapter.

Mittlerweile stimmt Lorenz den Song «Hallelujah» an und neben uns fällt sich eine Familie in die Arme, ihre beiden Töchter rennen in Bikerhosen Ballons hinter her. «Sie sitzen bei unseren Touren gerne im Rücksitz», sagt die Basler Motorradliebhaberin, auf deren Jacket die Faust des B.A.C.A.-Logos prangt. «Sie steht zwischen uns und der Bedrohung, dem Täter», erklärt man uns – Gewalt werde im Club nicht toleriert. Eine gewisse Dominanz strahle man natürlich schon aus, meint sie: «Wir spielen mit dem Klischee», betont sie und stellt sich uns als «Zicke» vor. Der Name sei Programm, scherzt Mann «Nobody» und neckt seine Frau damit.

Pfarrer Lorenz segnet alles, «was in Liebe eingebettet ist»

Die psychische und physische Präsenz, die sie in belastenden Umständen bieten, sei sehr wertvoll, sagt Pfarrer Franz Lorenz, der sich ebenfalls als Biker entpuppt. Das Rheinknie-Chapter der B.A.C.A sei 2015 mit der Anfrage, ob er jeden Einzelnen mit seiner Maschine segnen könne, auf ihn zugekommen. «Alles, was in Liebe eingebettet ist, darf ich segnen», betont Lorenz, der für seine Tiersegnungen bereits diffamiert worden sei. Und alles, was die Welt zum Guten verändere, sei göttlich. Auch an diesem Sonntagmorgen segne er Beide, das Motorrad und den Menschen, sagt Lorenz und berührt eine Harley Davidson und ihren Biker mit Weihwasser.

«Ich habe den Segen für jeden in Not empfangen», sagt Edi, der Lorenz dringlichen Aufruf zu mehr Dankbarkeit verinnerlicht habe. «Nicht jeder ist körperlich in der Lage, selbstständig auf ein Motorrad zu steigen», betont der Solothurner, der ehrenamtlich körperlich Beeinträchtigte betreut. Er schätze die offene Form des Gottesdienstes, die ihn an Jungschar-Rituale erinnert. «In die Kirche hinein wäre ich wohl nicht gegangen», meint er, der aus dem Gottesdienst Kraft schöpfe. «Die reicht nun wieder für ein Jahr», sagt Edi.