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Die Larvenmacher planen als finanzielle Unterstützung in der Coronakrise eine Solidaritäts-Plakette.
Soviel ist jetzt schon klar: Die Basler Fasnacht erscheint 2021 in einem neuen Kostüm. Das Comité zeigt sich optimistisch und will die Fasnacht im kommenden Jahr auf irgendeine Art durchführen.
So oder so erleiden die Fasnachtskünstler starke Einbussen, da viele Cliquen für das nächste Jahr keine neuen Laven und Kostüme benötigen. Sie verwenden die nicht gebrauchte Montur, deshalb gibt es für die Künstler auch keine oder nur wenige Aufträge. Das beschäftigt aktuell auch Roman Peter von der Larven Atelier Charivari. Er sagt: «Die grossen Cliquen haben alles schon im Keller.» Sein Arbeitsausfall sei gigantisch: «Noch einmal ein Jahr Ausfall wäre tragisch.»
Wie Recherchen dieser Zeitung zeigen, planen die Larvenmacher nun eine Solidaritäts-Plakette, die in der Stadt und an dem Land an Fasnachtsfreunde verkauft werden soll. Zusammen mit seinen Berufskollegen aus acht verschiedenen Ateliers hat Roman Peter am Dienstag nun einen Verein gegründet. Mit den Ateliers Bibo, Hell und Dildi sind auch drei Vertreter aus dem Baselbiet im Bunde. Der Verein Larvenmanufakturen setzt sich aus Künstlern zusammen, die vom Fasnachtsgeschäft leben und nun extreme Erwerbsausfälle haben.
«Uns allen geht es sehr schlecht, aus diesem Grund wollen wir die Idee, die wir bereits im Frühling hatten, in die Tat umsetzen», sagt Hans Ledermann vom Atelier Bajass, der das Präsidentenamt im Verein übernimmt. Der Verkaufsstart ist auf Ende Oktober angesetzt, sofern bis dahin ein geeigneter Sponsor gefunden wurde, bestätigt Ledermann. Er zeigt sich optimistisch: «Wir haben bereits Gespräche mit möglichen Sponsoren geführt, die uns in dieser schwierigen Zeit unterstützen möchten. Die Suche ist aber noch nicht abgeschlossen.» 10'000 bis 20'000 Franken hat der Verein für die Solidaritäts-Plakette budgetiert.
Aktuell werden die Entwürfe der verschiedenen Künstler im Verein gesammelt. Entschieden wird demokratisch, jedes Mitglied hat eine Stimme. Die bisherigen Skizzen möchte Hans Ledermann nicht veröffentlichen. Wie bei der Plakette des Fasnachts-Comités wolle man ebenfalls eine Enthüllung des endgültigen Modells veranstalten.
Für den Verkauf strebe der Verein eine Zusammenarbeit mit den Cliquen, Guggen und sonstigen Formationen an. Analog zur offiziellen Fasnachts-Plakette sei laut Hans Ledermann die Idee, dass die Verkäufer 30 Prozent der Einnahmen behalten dürfen. Beim geplanten Preis von zehn Franken pro Stück wäre dies eine Beteiligung von drei Franken für sich oder für die Fasnachts-Kasse der jeweiligen Formationen. «Wer sich besonders solidarisch zeigen möchte, darf uns auch gerne den Gesamtbetrag spenden. Das würde uns sehr helfen», so Ledermann. Dies sei aber jedem selbst überlassen. Auch mit dem Fasnachts-Comité haben die Larvenmacher Gespräche geführt – erfolglos. Obfrau Pia Interbitzin zeigt sich kritisch: «Wir sind nicht begeistert von der Idee der Solidaritäts-Plakette, die in Konkurrenz zur Fasnachtsplakette steht.» Man würde die Sorgen der Künstler ernst nehmen, jedoch habe das Comité auch seine Bedenken geäussert.
«Es wird dieses Jahr ohnehin eine Herausforderung, Plaketten zu verkaufen.»
Hans Ledermann betont im Gespräch, dass die Solidaritäts-Plakette auf keinen Fall als Trotzaktion oder Angriff gegen das Comité zu verstehen sei. Vielmehr sei es eine Ergänzung zum bestehenden Angebot, das den Künstlern helfen soll, finanziell über die Runden zu kommen oder sie sogar vor einem möglichen Konkurs zu bewahren.
Auch Larvenmacher Daniel Ebner vom Atelier Larvemacherei hat es aktuell schwer. «Normalerweise beginnt bei uns im September die Saison. Bis jetzt haben wir aber noch keine konkreten Aufträge erhalten», sagt Ebner, der in einem normalen Jahr bis zu 1500 Larven für die Fasnacht herstellt. Er unterstützt die Idee der Solidaritäts-Plakette und wird auch vom Verein auf dem Laufenden gehalten. Ebner selbst ist aber kein Mitglied. Für ihn sei die Situation nicht ganz so prekär wie für anderen seiner Berufskollegen. Er könne sich dieses Jahr noch über Wasser halten, auch wenn sein Umsatz um die Hälfte eingebrochen sei. Generell zeige sich Daniel Ebner aber vorsichtig optimistisch. «Das Comité ist bemüht, dass man eine geeignete Form für die Fasnacht 2021 findet. Hier kommen sicher noch Ideen zusammen.»
Laternenmaler Urs «Däge» Degen beschreibt die aktuelle Situation als «dramatisch». Sein Umsatz sei im letzten halben Jahr um 95 Prozent eingebrochen. Wie viel Geld ein Maler an einer Laterne verdient, würde stark variieren. Je nach Clique und abhängig davon, ob die Laterne für eine Junge Garde, den Stamm oder die Alte Garde sei. Der Preis liege laut Degen in der Regel pro Laterne zwischen 1000 bis 5000 Franken. Einige Künstler – so auch Degen – malen die Laternen für mehrere Cliquen.
Bestellungen für eine mögliche Fasnacht im kommenden Jahr hat Urs Degen noch keine erhalten. Für drei Cliquen hätte der Basler die Laternen realisieren sollen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich noch einen Auftrag bekomme. Es würde schon fast an ein Wunder grenzen». Einige Cliquen würden die Laterne verwenden, die sie bereits für die diesjährige Fasnacht bereit gehabt hätten. Für andere sei die Unsicherheit im Moment schlicht zu gross und sie wollen noch keinen definitiven Entscheid treffen. «Wir alle hängen einfach komplett in der Luft. Es ist auch nicht Sache des Comités, über eine mögliche Fasnacht zu entscheiden. Diese Kompetenz liegt bei den Behörden», sagt er weiter.
Die Fasnachtsclique CCB Alte Garde überlegt sich, auch die Fasnachtskünstler finanziell zu unterstützen, heisst es auf Anfrage. «An unserer letzten Sitzung wurde die Idee aufgenommen, einen Teil der Subventionen und der Verkaufsprovision aus den Plakette-Verkäufen abzugeben», sagt Daniel Bollinger, Obmann der CBB Alte Garde.
Beschlossen sei aber bis jetzt noch nichts, dafür sei es zu früh. Die Absage der Umzüge an der Luzerner Fasnacht habe ihm auch bewusst gemacht, wie kurzfristig man auch Entscheide rund um die Basler Fasnacht treffen und wie flexibel man in dieser ausserordentlichen Zeit sein muss.