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Die Besitzverhältnisse rund um den Flughafen sind vertraglich gar nicht geregelt – mit möglichen Folgen.
Susanne Leutenegger Oberholzer kann es kaum glauben: «Das darf nicht wahr sein. Aus rechtlicher Sicht ist das eigentlich eine Katastrophe», sagt die Baselbieter SP-Nationalrätin. Und doch ist es Tatsache: Es ist nicht geregelt, wem der Euro-Airport Basel-Mulhouse eigentlich gehört. «Der Staatsvertrag von 1949 äussert sich nicht direkt zur Frage der Eigentumsverhältnisse», räumt der Bundesrat auf Anfrage ein. Das Abkommen regelt einzig den Fall eines Verkaufs. Der Nettoerlös würde dann zwischen Frankreich und der Schweiz aufgeteilt – im Verhältnis der durchschnittlichen Verkehrsanteile im französischen und im Schweizer Sektor.
Sind im Schweizer Recht die Eigentumsverhältnisse nicht klar geregelt, gehört eine Immobilie immer dem Grundbesitzer, stellt Juristin Leutenegger klar. «So drohen wir unterzugehen. Geht es hart auf hart, hat die Schweiz gar nichts zu sagen.» Das sei alles andere als harmlos. Immerhin komme es regelmässig zu Streitigkeiten. Sei es über Steuerfragen, Anstellungsbedingungen, Mobilfunkanlagen oder Anflugrouten.
Alles in Ordnung am Euro-Airport. Das ist das Fazit der Regierungen beider Basel. Diese haben den Bericht der Fluglärmkommission über das vergangene Jahr an die jeweiligen Kantonsparlamente verabschiedet.
Und doch: Es sind einige Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr festzuhalten. So hat sich das Passagieraufkommen um etwa acht Prozent auf 7,1 Millionen erhöht. Auch beim Frachtgeschäft ist eine Zunahme zu beobachten: Es hat mit einem Gesamtaufkommen von über 100 000 Tonnen gegenüber 2014 um drei Prozent zugelegt. Das führte zu einem Anstieg bei den Starts und Landungen um rund 5,4 Prozent. Insgesamt kam es zu fast 89 500 Flugbewegungen.
Als Folge davon hat die Lärmbelastung in allen Gebieten rund um den Flughafen zugenommen. Besonders in der Nacht zwischen 22 und 6 Uhr wurde eine erhöhte Lärmbelastung registriert. Gleichzeitig wird in dem Bericht aber festgehalten, dass die gesetzlichen Lärmgrenzwerte in allen Messstationen klar unterschritten worden seien. Nur fünf als «sehr laut» bezeichnete Flüge wurden registriert – die Hälfte vom Vorjahr.
Regelmässige Streitigkeiten
Auch Leutenegger schlägt sich als Vizepräsidentin des Schutzverbands der Bevölkerung immer wieder mit dem Flughafen und den Behörden herum. Sie spricht von einem «fast schon rechtsfreien Raum». Aktuelles Beispiel: die finanziellen Überschüsse. Gemäss dem Abkommen werden sie im Verhältnis zum Personen- und Güterverkehr verteilt. Nur werde dies von Frankreich und der Schweiz derzeit unterschiedlich interpretiert, erklärt der Bundesrat. Der Flughafen-Verwaltungsrat hat deshalb eine Arbeitsgruppe beauftragt, eine Vereinbarung über vergangene und zukünftige Gewinne auszuhandeln.
Christoph Brutschin scheint weniger Bedenken zu haben: Im Staatsvertrag sei der Euro-Airport als paritätische Institution ausgestaltet, lässt der Basler Wirtschaftsdirektor ausrichten. Heisst: In wichtigen Fragen sind die Schweiz und Frankreich gleichberechtigte Partner. Doch auch Brutschin, der selber im Flughafen-Verwaltungsrat sitzt, weiss, dass der Euro-Airport ein Spezialfall ist und stets eine Einigung zwischen den beiden Staaten nötig ist. «Das wird dadurch erschwert, dass der Flughafen auf französischem Boden liegt und deshalb im Staatsvertrag festgelegt ist, dass immer dann, wenn der Staatsvertrag Fragen nicht klärt, französisches Recht gilt.»
Frankreich bleibt am Drücker
Leutenegger kann das nicht nachvollziehen – zumal die Schweiz in der Vergangenheit einen Grossteil der Investitionen getätigt hat. Und der Bundesrat will gemäss seinem im März vorgelegten Luftfahrt-Bericht den Stellenwert des Euro-Airports noch verstärken. Verkehrsministerin Doris Leuthard spricht von einem Flughafen von nationaler Bedeutung. Weil einzig am Euro-Airport noch Reserven bestehen, will die Landesregierung diese verstärkt nutzen, um so die steigende Nachfrage abdecken zu können.
Angesichts fehlender Rechtssicherheit sind diese Pläne für Leutenegger schwer zu verstehen: «Bei Konflikten kann weiterhin immer Frankreich bestimmen.» Bisher aber seien seitens der Schweiz keine Anstalten zu beobachten gewesen, daran etwas zu ändern. Deshalb ist nun die SP-Nationalrätin aktiv geworden. Vom Bundesrat will sie wissen, welche Schlussfolgerungen er aus den Fragen rund um die Eigentumsverhältnisse zieht. Für Leutenegger selber ist klar: «Der Staatsvertrag muss so rasch wie möglich angepasst werden.