Augenschein
Keiner tut was gegen das Velochaos am Basler Bahnhof

Die Velos stehen kreuz und quer rund um den Bahnhof, die offiziellen Plätze sind überfüllt, jedes vierte Velo wird wildparkiert und das Chaos in Basel nimmt kein Ende. Mehr Abstellplätze lassen auf sich warten.

Samuel Hufschmid
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Velochaos: Ein Ende ist nicht absehbar
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Veloparking: 1600 Plätze besetzt
Heumattstrasse: 75 Plätze, 105 Velos
Gundeli: 60 Velos, keine Plätze
Meret Oppenheim-Strasse: 25 Plätze, keine Velos

Velochaos: Ein Ende ist nicht absehbar

Daniel Nussbaumer

3000 Abstellplätze, 4000 Velos: So präsentiert sich seit Jahren die Situation am Bahnhof SBB – mit der logischen Konsequenz, dass hunderte Zweiräder an allen möglichen und unmöglichen Orten platziert werden. 2012 haben sich die Behörden gemeinsam mit den SBB des Problems angenommen und das «Konzept für Veloabstellplätze am Bahnhof SBB» erstellt. Darin sind kurzfristig (ab 2012) zwei zusätzliche Abstellanlagen mit insgesamt 700 und mittelfristig (ab 2015) zwei weitere mit insgesamt 2800 Plätzen aufgeführt.

Das Velochaos in der Stadt Basel nimmt immer mehr zu
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Velos vor dem Fumare/Nonfumare
Das Schild wird gekonnt ignoriert.
... beim Elsässertor kreuz und quer ... sar
Falknerstrasse
Vor dem Unternehmen Mitte auf der Traminsel
Velos vor dem Spielzeugweltenmuseum
Ein Velo an der Infosäule beim Barfüsserplatz
Velos vor dem Bahnhof
Trotz Verbot: Velo vor dem Bahnhof
In der Eile dient auch der Ampelpfosten als Veloständer.
Verbote werden ignoriert
Kreuz und quer stehen sie vor der Coop-Filiale beim Bahnhof

Das Velochaos in der Stadt Basel nimmt immer mehr zu

Sarah Serafini

Doch noch ist keines der Vorhaben realisiert. «Für diese Anlagen sind die SBB zuständig (Bebauungsplan Rail-City) oder im Lead, da sie auf ihrem Grund entstehen», stellt Barbara Auer vom zuständigen Amt für Mobilität fest. Die Möglichkeiten der Stadt seien ausgereizt, da an sämtlichen bahnhofsnahen Standorten bereits Abstellplätze eingerichtet worden seien: «Wir mussten feststellen, dass nur minim weiter von den Gleisen entfernte Abstellanlagen nicht oder nur wenig genutzt werden; etwa entlang der Peter Merian-Strasse.»

In Reih und Glied falsch parkiert

Grundsätzlich sei es schwierig vorherzusehen, ob Abstellanlagen von den Velofahrern akzeptiert würden. «Auch beim jetzt sehr gut ausgelasteten unterirdischen Veloparking unter dem Centralbahnplatz mit 1600 Plätzen war zunächst nicht klar, ob sie auch genutzt werden würden.» An anderen Orten zeige sich deutlich, dass der Bedarf das Angebot übersteige, wie beispielsweise an der Viaduktstrasse, wo die 100 bestehenden Abstellplätze regelmässig überfüllt seien.

Tatsächlich zeigt eine kurze Situationsanalyse der bz, dass im Bereich Viaduktstrasse gestern über 600 Zweiräder abgestellt worden sind. Auch andere Plätze rund um den Bahnhof waren teilweise massiv überfüllt. Vor dem Bahnhofeingang Gundeldingen, wo aktuell gar keine Abstellplätze zur Verfügung stehen, standen über 60 Fahrräder, schön ordentlich in Reih und Glied – aber leider illegal.

Es gibt auch freie Plätze

Dasselbe Bild bot sich auf der Margarethenstrasse, wo seit zwei Jahren der direkte Zugang zu den Gleisen 14 bis 17 möglich ist. Ein zu diesem Zweck errichtetes Parking an der Meret Oppenheim-Strasse war hingegen gestern von keinem einzigen Velo besetzt. Ebenso wenig waren die etwas weiter entfernten Abstellplätze bei der Peter Merian- und Gartenstrasse vollständig belegt, was Auers These bezüglich Distanz bestätigt.

SBB: Abhängigkeit von Projekten

Verzögerung auch beim Roboter-Parkhaus am Badischen Bahnhof

Eigentlich hätte der Grosse Rat diesen Herbst über den Kreditantrag eines vollautomatischen unterirdischen Parkings beim Badischen Bahnhof entscheiden sollen, das bei Zustimmung 2019 eröffnet hätte. Bereits vor zwei Jahren hatte das Parlament den entsprechenden Planungskredit über 540'000 Franken bewilligt.

«Das Nein zum Erlenmatt-Tram führt dazu, dass wir die Velo-Parkplatz-Situation rund um den Badischen Bahnhof neu analysieren müssen», sagt Martin Sandtner, Leiter des Planungsamts Basel-Stadt. Aus diesem Grund sei die Projektierung durch ein externes Planungsbüro noch nicht aufgenommen worden. «Wir müssen zunächst die neuen Rahmenbedingungen klären und analysieren, wie der Vorplatz in Zukunft ohne Erlenmatt-, aber mit dem ‹Tram Roche› aussehen wird», erklärt Sandtner. Dazu komme noch die unklare Baustellen-Logistik für die Osttangente.

Die Kosten der geplanten Anlage für 1200 Velos werden auf 11,5 Millionen Franken geschätzt. Diese sogenannte Hochregaltechnologie wird heute bereits bei der Gepäckaufbewahrung in grossen Bahnhöfen eingesetzt, ist für Veloabstellanlagen in dieser Grösse aber ein Novum. Bei einem kleineren Pilotprojekt in Winterthur zeigte sich aber, dass das System gewisse Startschwierigkeiten hatte. Vier Monate nach Inbetriebnahme der 300'000-Franken-Anlage hatte sie gemäss Medienberichten noch keinen einzigen Nutzer. Und die Boxen, in denen die Velos hätten abgestellt werden sollen, waren zu klein für Räder mit Einkaufskörbchen oder breiten Lenkern. Bei der Debatte im Grossen Rat wurden Bedenken geäussert, ob die Anlage funktioniere. «Die Erkenntnisse der Pilotanlage in Winterthur sollen in Basel einfliessen», hiess es damals.

Die Situation in Basel unterscheide sich nicht grundsätzlich von anderen Städten mit ebenfalls knappen Platzverhältnissen.

Vorbild Oerlikon

«Die beste Lösung sind wohl Projekte wie jenes in Oerlikon, wo die Stadt direkt unter den Perrons eine Veloabstellanlage realisiert, von wo aus die Pendler direkt zu den Zügen gelangen können.» Diese kostenpflichtigen Plätze würden vermutlich ausschliesslich von Pendlern genutzt, die für einen günstigen Preis einen Abstellplatz garantiert hätten.

Ob eine Lösung wie in Oerlikon auch in Basel möglich sei, konnte Schärli nicht sagen. Sicher ist, dass sich die SBB gemeinsam mit dem Kanton mächtig ins Zeug legen müssen, um die Vorgaben des Konzepts umzusetzen, denn nebst den kurz- und mittelfristig zu realisierenden Abstellanlagen sind westlich und östlich des Bahnhofs noch zwei langfristige Projekte vorgesehen. «Grundsätzlich halten wir am Konzept mit grossem Bedarf weiterer Abstellplätze fest, wobei es aufgrund fortgeschrittener Kenntnisse aktualisiert wird», sagt Auer.

Die Vergangenheit habe aber gezeigt, dass jedes zusätzliche Abstellangebot zu einer weiteren Nachfrage führe. «Erhebungen vor und nach der Eröffnung des unterirdischen Veloparkings haben ergeben, dass die Anzahl Velofahrer deutlich zugenommen hat. Das ist tatsächlich ein Problem für uns, wenn auch ein schönes.»