Strafgericht
Krawalle aus dem Jahr 2016: 16 Männer vor Gericht

16 Fussballfans müssen sich wegen Ausschreitungen vor dem Basler Strafgericht verantworten

Patrick Rudin
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16 brave Männer vor Gericht: Hooligans, Mitläufer oder nur Fans? (Symbolbild)

16 brave Männer vor Gericht: Hooligans, Mitläufer oder nur Fans? (Symbolbild)

Keystone

Der Krawall liegt fast vier Jahre zurück: Im April 2016 endete die Partie zwischen dem FC Basel und FC Zürich Unentschieden mit 2:2, und die Polizei befürchtete, dass sich einige FCB-Anhänger vom Stadion zum Bahndamm durchschlagen könnten, um dann rund um den wartenden Zürcher Extrazug im persönlichen Nahkampf doch noch einen Sieg davonzutragen.

Das Gittertor zum Bahndamm wurde entsprechend bewacht, die Polizei erhielt auf der Seite Birsstrasse schliesslich Verstärkung von zusätzlichen Polizisten. Für einige Fussballfans auf der dortigen Eventplattform war dies eine grobe Provokation auf eigenem Territorium, die Anfeindungen gingen schliesslich in grobe Gewalt über.

Es flogen reihenweise Flaschen, Pyros und Metallstangen auf die Polizei, ein Polizist wurde gewürgt, ein anderer geschlagen, eine Polizistin erhielt mit voller Wucht einen Tritt in den Rücken. Die meisten gewalttätigen Hooligans konnten danach wieder in der Menge untertauchen. Ein Polizist feuerte schliesslich eine Salve Gummischrot ab, ein Fussballfan verlor dadurch ein Auge. Die Untersuchung gegen den Polizisten wurde inzwischen rechtskräftig eingestellt, er habe sich laut Staatsanwaltschaft wehren dürfen.

Identifizierung schwierig, trotz Videomaterial

Als Verstärkung tauchte damals eigens die Beweissicherungs- und Festnahme-Spezialeinheit auf, diese musste aber schliesslich mehrere festgenommene Personen wieder laufen lassen, weil sich die Polizisten wegen massiver Angriffe selber in Sicherheit bringen mussten. Der Sachschaden an den Einsatzfahrzeugen war hoch, mindestens vier Polizisten wurden damals verletzt.

Von den wüsten Szenen existiert viel Videomaterial von der Polizei und vom Stadion, doch die Identifizierung der meist vermummten Chaoten war schwierig. Diese Woche nun sitzen immerhin 16 Männer im Alter zwischen 23 und 38 Jahren vor dem Basler Strafgericht. Die Staatsanwaltschaft hat sie bereits im Oktober 2017 angeklagt, hauptsächlich wegen Landfriedensbruch und Gewalt gegen Beamte. Einzelne Männer müssen sich auch wegen konkreten Körperverletzungsdelikten verantworten. Etwa die Hälfte von ihnen sass nach den Krawallen für mehrere Wochen in Untersuchungshaft. Mit Ausnahme eines Deutschen aus Mannheim wohnen alle Angeklagten in Basel-Stadt, Baselland oder dem Aargau, einer der Männer hat wegen seiner spanischen Staatsbürgerschaft nach den Vorfällen Probleme mit seiner Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Die restlichen 14 Angeklagten sind Schweizer Bürger.

Die Stimmung war am Montag zum Prozessauftakt ruhig, die Vorfälle liegen einige Jahre zurück, einige der Männer haben inzwischen eine Familie gegründet und kein Interesse mehr an Schlägereien. Sie arbeiten als Koch, Logistiker, Landschaftsgärtner oder Elektroinstallateur.

Niemand bestreitet Anwesenheit auf Eventplattform

Normalerweise werden Angeklagten zu den persönlichen Verhältnissen und auch zum Lohn direkt befragt, das Gericht wies die Männer am Montag aber darauf hin, dass sie bis Dienstag auch noch ganz diskret ihre aktuellen Lohnunterlagen einreichen können.

«Wie sind ihre Kontakte zur Fanszene heute?» war die Frage, die Gerichtspräsidentin Felicitas Lenzinger allen Männern stellte, und die Antworten waren unterschiedlich: «Ich habe mich völlig distanziert», sagte ein Mann, andere wollten sich zu diesem Punkt nicht äussern.

Viele der Angeklagten sind vorbestraft, meist wegen Krawallen an früheren Fussballspielen. Auch Stadionverbote haben viele schon erhalten, diese sind inzwischen allerdings bereits abgelaufen.

Dass sie an jenem Tag auf der Eventplattform dabei waren, wurde am Montag von keinem der Angeklagten bestritten. Viele betonten aber ausdrücklich, sie hätten niemanden bedrohen oder gar Gewalt antun wollen. «Es hat mich hässig gemacht, dass es so einen unverhältnismässigen Polizeieinsatz gab, obwohl es vorher gar keine Konfrontation gegeben hat», erklärte einer der Männer. Mehrere sagten auch, sie werden zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Einer sagte, er sei damals rasch nach Hause gegangen und habe unterwegs gar zwei Polizisten vor der dortigen Gewalt gewarnt.

Verteidigung plädiert auf Unverhältnismässigkeit

Die Verteidiger wittern ihre grosse Chance am Dienstag: Als Zeugen geladen sind von der Kantonspolizei der damalige Verantwortliche für die Sicherheit sowie der Gesamteinsatzleiter, sie werden dem Gericht zur Polizeitaktik Rede und Antwort stehen müssen. Einzelne Verteidiger haben bereits betont, der damalige Polizeieinsatz habe die Gewaltakte der Fussballfans geradezu provoziert. Ein Verteidiger verlangte gar, das Gericht solle die detaillierten geheimen schriftlichen Einsatzpläne einfordern, das Dreiergericht wollte davon allerdings nichts wissen.

Bei einem Schuldspruch drohen den Angeklagten bedingte Freiheitsstrafen, unbedingte Gefängnisstrafen sind in diesem Verfahren nicht zu erwarten. Das Gericht wird die Urteile Anfang März verkünden.