Nähkästchen
Mary Born über den Corona-Sommer und ihre Arbeit beim Ferienpass: «Die Kinder sind ernsthafter geworden»

Mary Born, Projektleiterin Ferienpass bei der Jugendarbeit Basel, über Schutzkonzepte, knappe Budgets und Trendsportarten.

Rahel Koerfgen
Drucken
Traumjob Ferienpass: Mary Born hat «Arbeit» aus dem Nähkästchen gefischt.

Traumjob Ferienpass: Mary Born hat «Arbeit» aus dem Nähkästchen gefischt.

Kenneth Nars

Mary Born, welchen Begriff haben Sie aus dem Nähkästchen gefischt?

Mary Born: Arbeit.

Manche Menschen arbeiten, um zu leben, andere leben, um zu arbeiten. Was trifft auf Sie zu?

Ganz klar zweiteres. Ich liebe meine Arbeit. Die Projektleitung beim Basler Ferienpass von JuAr Basel ist mein Traumjob, ein Riesenglück.

Warum ist es für Sie ein Traumjob?

Weil er so abwechslungsreich ist. Einerseits habe ich viel Kontakt zu Menschen, andererseits ist hier perfekte Organisation und auch gute Planung ab Januar gefragt. Das liegt mir alles sehr. Und deshalb führe ich diese Tätigkeit bereits seit 20 Jahren aus. Es wird nie langweilig!

Ein Jubiläum, Gratulation!

Danke. Eigentlich wollte ich schon früher mit meinen Kollegen bei der Jugendarbeit anstossen, aber wegen der Coronapandemie war das nicht möglich, weil wir alle im Homeoffice gearbeitet haben.

Deshalb war auch lange nicht klar, ob die Ferienpass-Angebote in diesem Jahr überhaupt durchgeführt werden. Wie sind Sie mit der Situation umgegangen?

Ich hatte die Wahl: Pessimistisch zu sein und nichts unternehmen. Oder aber damit rechnen, dass im Sommer sich die Lage wieder beruhigt, und mit der Planung normal fortfahren. Ich habe mich für das Zweite entschieden, und jetzt bin ich sehr froh darum.

Können alle Angebote im Hinblick auf das Schutzkonzept der offenen Kinder- und Jugendarbeit überhaupt durchgeführt werden?

Leider nicht. Dort, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann oder die Betreuungsperson zur Risikogruppe gehört, war das nicht möglich. So entfällt etwa die Schatzsuche mit der Polizei, der Rätselspass im Tram oder die Führung in der Blindenhundeschule.

Dann mussten Sie schnell einen Ersatz finden.

Das war tatsächlich harte Arbeit. Die vergangenen Wochen habe ich 24 Zusatzangebote organisiert, etwa einen Escape Room der GGG Stadtbibliotheken. Das würde ich am liebsten selbst ausprobieren (lacht). Es ist gut, konnten wir noch Ersatz organisieren. Unter dem Strich bieten wir in diesem Jahr sogar mehr an und können so der gestiegenen Nachfrage entsprechen. Viele Familien bleiben wegen der Reisebeschränkungen zu Hause. Auch kurzfristige Buchungen sind möglich. In diesem Sommer ist halt alles anders. Aber das macht mir nichts aus. Ich liebe es, Rätsel oder, besser gesagt, Probleme zu lösen.

Klingt aber nach einer ziemlich intensiven Herausforderung, noch so auf die Schnelle solche Angebote an Land zu ziehen. Wurden Sie nicht ein wenig arbeitsmüde?

Nein, es kommen zum Glück immer genug Anbieter auf mich zu. Emotional war es nicht immer einfach, denn leider handelt es sich bei den stornierten Angeboten oftmals um kostenfreie Kurse. Für Familien mit kleinem Budget ist das natürlich sehr traurig. In so einer Situation macht die Arbeit dann ein bisschen weniger Spass.

Gäbe es die Möglichkeit, solchen Familien einen Rabatt zu gewähren?

Wir sind daran, eine Lösung zu finden, weil ich immer wieder von Eltern höre, dass sie es sich nicht leisten können. Ich hoffe, dass ab kommendem Jahr etwas in diese Richtung möglich ist.

In Basel und Region leben viele Expats. Nutzen deren Kinder den Basler Ferienpass auch, oder geht das nicht wegen allfälliger Sprachbarrieren?

Das ist kein Problem. Heute gehört es dazu, dass die Betreuungsperson Englisch sprechen kann. Es sind wirklich zunehmend Kinder aus verschiedenen Ländern dabei, das ist richtig multikulti. Rein englischsprachige Kurse planen wir aber nicht anzubieten.

Sie begleiten verschiedene Kinder Sommer für Sommer bei den Freizeitangeboten. Wie haben sich die Ansprüche, auch das Verhalten der Kinder in den vergangenen 20 Jahren verändert?

Die Kinder von heute sind irgendwie ernsthafter. Auch sehr konzentriert bei Arbeiten, die ihnen gefallen. Viele bringen schon Einiges an Wissen mit, man merkt, dass sie sich via neue Medien informieren. Und: Sie sind heute anständiger, ja wohlerzogener. Früher gab’s immer wieder ein paar freche Kandidaten, da wurden Betreuer teilweise beschimpft. Das kommt heute praktisch nicht mehr vor.

Und die Eltern?

Hier sind die Ansprüche klar gestiegen.

Inwiefern?

Sie wollen etwa genau wissen, was angeboten wird und wer die Betreuungsperson ist, was diese sonst im Leben macht. Das finde ich aber richtig, dass so genau geschaut wird. Man möchte sein Kind in guter Obhut wissen.

Was ist bei den Kindern und Jugendlichen derzeit besonders angesagt?

Trendsportarten sind immer sehr gefragt. Aktuell zum Beispiel Workshops zu BMX-Fahren oder Skateboarden. Auch manuelle Arbeiten stossen immer auf grosses Interesse, etwa der Kurs «Schnitzen mit dem Taschenmesser». Demgegenüber steht das Digitale, etwa das Programmieren lernen mit Robotern oder das Erstellen und Pflegen eines Instagram-Kontos. Und natürlich alles, was mit Tieren zu tun hat, etwa Reiten. Die Kinder und Jugendlichen sind in ihren Interessen stets sehr agil und flexibel. Das macht meine Arbeit natürlich leichter.

Was stört Sie an Ihrer Arbeit? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht immer Spass macht, während der Ferienzeit ständig unter Strom zu stehen.

Das macht mir gar nichts aus. Ich gehe jeweils im Frühling und im Herbst in die Ferien. Am schönsten ist es in Basel im Sommer, warum sollte ich dann weg?

Haben Sie als Kind selber die Angebote des Ferienpasses genutzt?

Leider durfte ich nicht. Meine Eltern wollten mich nicht in fremde Obhut geben. Darunter habe ich schon gelitten, ich hatte so Lust, mitzumachen und habe voller Neid mitbekommen, wie viel Spass meine Freunde bei den Kursen hatten. Wahrscheinlich kompensiere ich das jetzt ein bisschen mit meiner Arbeit (lacht). Und es erklärt, warum ich mit so viel Begeisterung an die Sache herangehe.