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Es stört nicht, dass Heiri zu seiner wahren Identität schweigt – der Baselbieter Bauer ist spannend genug. Wir haben den Schnitzelbänkler im Hotel Basel zu einem Gespräch getroffen.
Heiri: Dankeschön.
Ich warte ab, was Du erzählst. Wir vom Land sind bekanntlich zurückhaltend.
Ich dachte zuerst auch, das klappe nicht. Dann habe ich mit Heiri aber eine Rolle gefunden, die passt. Man kann als Bauer kein Städter sein und Baseldeutsch reden. Wobei dies Heiri im allerersten Jahr noch tat...
Ja. Ohne zu Rappen. Erfolgreich war ich nicht. Ich teilte dem Comité dann mit, dass ich es nun mit Rap versuchen werde. Die Reaktion war: Das geht nicht! Ich habe mich durchgesetzt und mir gesagt: Wenn das auch nicht ankommt, trete ich wenigstens ab, nachdem ich meine Idee ausprobiert habe.
Das Comité fand es von Anfang an gut. Sie haben mir damals in einem Brief mitgeteilt, dass ich recht hatte und die Figur funktioniert.
Heiri ist gar kein Dialekt. Es ist schlicht eine Abkürzung von Heinrich.
Ja. Darum war für mich klar: Ohne Kalb läuft nichts. Mein Heiri ist ein Bauer vom Lande, der in die Stadt geht, diese liebt, gleichzeitig aber auch überfordert ist mit dem städtischen Treiben.
Nur bedingt, ich fühle mich eigentlich nicht überfordert. Die Figur selber aber, schüchtern und trotzdem frech, passt zu mir. Auch die Welt der Bauern ist mir nicht fremd, daher war klar, dass ich ein Bauer sein möchte mit einem Kalb an meiner Seite.
Das wusste ich nicht.
Das glaube ich gern, die haben so viele Melodien verwendet, dass es mich nicht wundert, dass diese dabei war.
Ich lese täglich Zeitungen, höre Radio und schaue die Nachrichten. Mindestens drei Themen pro Woche bewegen mich – und diese notiere ich mir.
Das heisst nicht, dass ich es nicht verwenden kann. Oft mische ich Themen, die nichts miteinander zu tun haben. Aktuell mische ich die Metoo-Debatte mit Christian Constantin. Sobald ich das Thema anspreche, erinnern sich die Leute an dessen Prügel-Attacke.
Das kommt nur so rüber, weil ich ja quasi aus dem Stall in die Welt schaue. Ich hatte Erdogan- und Burka-Verse, die Pointen haben aber immer mit Hühnern oder dergleichen zu tun, daher wirkt alles lokal.
Ja. Es kam schon vor, dass ich am Morgenstreich eine Idee hatte und den Vers am selben Abend gesungen habe.
Jein. Ich teste meine Verse zuvor an einer Vernissage in einem Cliquenlokal. Dort singe ich vor Bekannten, die die Verse benoten. Manchmal bewegt mich ein Thema – und erst an diesem Abend merke ich, dass es sonst niemanden bewegt. Beispielsweise habe ich mal einen Vers über das Nilpferd Farasi aus dem Zolli gemacht, den kaum jemand verstanden hat, weil kaum jemand wusste, wer Farasi ist.
Da gehen die Meinungen auseinander. Bei uns im Comité ist diese Zeit tatsächlich vorbei. Oder anders gesagt: Wir machen keine Zürcher-Verse bloss wegen den Zürchern. Es muss eine Geschichte dahinter stecken.
Nehmen wir Deutschland: Der dortige Rechtsrutsch ist ein Thema, aus dem ein Schwooben-Vers entstehen kann. Doch nicht einer, bei dem es darum geht, die Deutschen runterzumachen, nur weil sie Deutsche sind. Das Wort Schwoob darf vorkommen, solange nicht das Wort als solches die Pointe ist. Vorletztes Jahr habe ich über deutsche Ärzte, also Schwoobe, in Schweizer Spitälern gesungen. Thema war aber, dass wir Schweizer so viele Deutsche holen. Wobei auch viele Leute bei den plumpen Schwoobe-Versen lachen.
Das würde ich nicht behaupten.
Ich als Bauer kann gar keine intellektuellen Verse dichten.
Nein, wir Bauern sind bodenständig. Wir dichten Verse, die mit unserem Alltag zu tun haben. Da kommen auch intellektuelle Themen vor, etwa die Universität, allerdings im Sinne von: Wir Bauern verstehen nicht, weshalb es überhaupt eine Uni braucht, wenn es doch in Sissach eine Bauernschule gibt.
Ich möchte, dass die Pointen verstanden werden. Manche Verse streiche ich nach der Vernissage, weil sie dem Testpublikum zu kompliziert waren.
Das mache ich nicht. Bis jetzt jedenfalls. Langverse nur um der Langverse willen finde ich teilweise langweilig. Es mag merkwürdig klingen, doch es ist viel einfacher, einen Langvers zu dichten als einen Zweizeiler. Man hat viel länger Zeit, um eine Geschichte zu erzählen. In zwei Zeilen eine Geschichte inklusive einer Pointe zu erzählen ist die hohe Kunst des Schnitzelbanks.
Das, was passiert, muss vorkommen. Deshalb singe ich über Metoo – weil es passiert. Tabu hingegen ist bei mir der Tod. Nie würde ich jemandem den Tod wünschen. Der Tod in einem anderen Sinne aber kann Thema sein. Dieses Jahr etwa singe ich darüber, dass Polo Hofer nicht mehr da ist. Da geht es letztlich auch um den Tod.
Nein. Das Comité gibt neuen Schnitzelbänklern Empfehlungen ab, verbieten tut es aber nie etwas.
Ich bin ein Bauer aus dem Baselbiet, der Schnitzelbänke singt (zwinkert).