Palliativpflege
Grosser Rat sieht keinen Bedarf für ein Kinderhospiz in Basel – Verein kämpft dennoch weiter

Der Regierungsrat kommt zum Schluss, dass das Angebot an stationärer Palliative Care im Kanton Basel-Stadt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ausreichend vorhanden sei. Der Grosse Rat teilt diese Ansicht knapp und weist einen Vorstoss ab, der die Unterstützung durch den Kanton forderte.

Nora Bader und Aimee Baumgartner
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Der Grosse Rat schrieb den Anzug knapp ab mit 48 zu 41 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Der Grosse Rat schrieb den Anzug knapp ab mit 48 zu 41 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Symbolbild: fotolia

Der Verein Mehr Leben engagiert sich seit Ende 2017 für die Projektierung, Finanzierung und Umsetzung eines Palliativzentrums als Mehrgenerationenhaus. Dieses soll sich an betroffene junge Menschen und ihre Familien aus der Stadt Basel, der Region Nordwestschweiz und den angrenzenden Gebieten in Deutschland und Frankreich richten (bz berichtete). Am Mittwoch befasste sich erneut der Grosse Rat im Rahmen eines Anzuges von Joël Thüring (SVP) und Konsorten damit.

Die Anzugsstellenden baten den Regierungsrat daher zu prüfen und zu berichten, inwiefern die erwähnte geplante Realisierung eines neuen Mehrgenerationen- Palliativzentrums und damit die bestehenden Akteure des Projekts (namentlich auch das Bürgerspital) durch den Kanton unterstützt werden können und ggf. auch eine (kantonsübergreifende) Kooperation eingegangen werden kann.

Palliativ Care habe eine grosse Bedeutung, das sei unbestritten, so Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (Mitte). Der Regierungsrat kam aber zum Schluss, dass das Angebot an stationärer Palliative Care im Kanton Basel-Stadt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ausreichend vorhanden sei. Er sehe keinen Bedarf an einem weiteren Ausbau des stationären Angebots, beispielsweise durch ein Mehrgenerationenhaus, so Engelberger.

Palliative Versorgung werde bereits angeboten

Allfälligen Kooperationen unter den Anbietern, welche ohne Ausbau des Angebots auskommen, stünde der Regierungsrat gegebenenfalls offen gegenüber. Und: «Das im Anzug erwähnte Bürgerspital Basel (BSB) hat sich gemäss aktueller Auskunft gegenüber dem Gesundheitsdepartement aus dem Bereich stationäre Palliative Care zurückgezogen und hat nicht mehr die Absicht, sich am Projekt des Mehrgenerationenhauses zu beteiligen.»

Er betonte wie auch verschiedene Sprecher, dass es Familien oftmals bevorzugten, von den bereits bekannten Pflegekräften im UKBB oder USB palliativ versorgt zu werden. Bei Finanzierung in der Palliative Care gebe es Lücken, welche zuerst auf Bundesebene angegangen werden mussten, betonten verschiedene Sprecher, während andere sich klar für das Angebot äusserten, darunter Luca Urgese (FDP).

Schlussendlich schrieb der Grosse Rat den Anzug knapp ab mit 48 zu 41 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Das Positive, wenn man denn von positiv sprechen könne in diesem Zusammenhang, sei, dass es im Bewusstsein angekommen sei, dass es auch schwerkranke Kinder gebe, die auf palliative Betreuung angewiesen seien, sagte Anzugssteller Thüring.

Verein Mehr Leben sucht nun andere Möglichkeiten

Der Verein Mehr Leben betonte gegenüber der bz, das Vorhaben weiterzuverfolgen. «Wir nehmen den knappen Entscheid des Grossen Rats mit Bedauern zur Kenntnis. Gleichzeitig freuen wir uns, dass die schwierige Situation von unheilbar erkrankten Kindern und Jugendlichen sowie ihrer Angehörigen erstmals im Basler Grossen Rat diskutiert wurde. Wir hoffen, dass dies nicht das letzte Mal war», so der Kinder der Verein auf Anfrage.

Und weiter: Dass der Bedarf gerade für unheilbar erkrankte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie ihre Angehörigen vorhanden sei, zeigten mehrere aktuelle Studien sowie auch die Aktivitäten anderer Kantone. Stellvertretend für den Verein sagt der Kinderarzt Pierino Avoledo: «Wir sind mehr denn je davon überzeugt, dass mit dem von uns projektierten generationenübergreifenden Palliativ- und Hospizzentrums eine kantonale und trinationale Versorgungslücke geschlossen werden kann und werden das Projekt auf jeden Fall weiterverfolgen.»

Der Verein erhalte momentan viel Zuspruch aus der Basler Bevölkerung und von einzelnen Entscheidungsträgern und werden sich jetzt vermehrt in die gesellschaftliche und politische Diskussion einbringen. «Darüber hinaus wird sich bereits in den nächsten Wochen zeigen, ob wir ein konkretes Projekt in Basel projektieren können.» Parallel dazu sei man auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten, die jetzt, da kurzfristig keine Unterstützung von Seiten Kanton vorhanden sei, noch wichtiger würden, damit das für Basel und die Region so wichtige Projekt realisiert werden könne.


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