Basel Stadt
Pinke Hamburger und Öko-Waffeln: Basler Vegan-Messe lockte rund 4’000 Besucher an

An der zweiten Vegan-Messe in Basel zeigte sich: Vegan ist nicht nur eine Ernährungsart, sondern ein Lifestyle. Eine Reportage.

Tanja Bangerter
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Rund 4000 Besucher bestaunten die veganen Neuigkeiten in der Elisabethen-Kirche.

Rund 4000 Besucher bestaunten die veganen Neuigkeiten in der Elisabethen-Kirche.

Roland Schmid (26.September 2020

An Dekopalmen vorbei schlängeln wir uns in die vegane Zone. Ab jetzt gilt Maskenpflicht. Schnell wird klar: Hier, an der zweiten Vegan-Messe in der Basler Elisabethenkirche ist man, was man isst. Wir bestellen einen pinken Ham­burger und werden überrascht. Der Fleischersatz-Burger kommt nahe an das Original heran und schmeckt frisch und saftig. Am Nachbartisch lassen sich Vater und Sohn ein veganes Steinpilzrisotto schmecken. «Mein Sohn hat mich überredet», sagt der Basler und schmunzelt. Langsam auf den Geschmack gekommen, erweist sich auch unser Biss in orange Süsskartoffel-Frites als schmackhaft – salzig und knusprig eben, wie der nicht vegane Klassiker.

Ein Schild mit der Aufschrift «Kein Blut, nur Schlamm» hebt im Foodtruck «Hirschi» den Aspekt des Tierschutzes in den Vordergrund, der die Truckinhaber zur Umstellung auf vegane Ernährung motiviert habe. «Vegan heisst jedoch nicht gleich gesund», sagt der gelernte Koch und betont, dass er beim veganen Kochen auf Ausgewogenheit achtet.

Der vegane Markt ist ein Boomgeschäft

«Alternativen zu finden macht Spass», betont auch die Basler Food-Bloggerin Rahel Lutz. Verzichte man beispielsweise auf essenzielle Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren oder Mineralien, können Mängel entstehen, sagt eine Ernährungspsychologin im Gespräch mit der bz. «Besonders Algenöl ist als Fischersatz gerade für Kinder wichtig», betont sie.

Wir bleiben vor Kleiderstangen mit Funktionskleidern aus Bambus und Yogahosen stehen. «Wir ernähren uns ausschliesslich vegan», sagt ein Pärchen, währenddem es eine Waffel verschlingt. «Wir sind dabei, auf vegane Kleidung umzustellen», sagen die beiden. Sie hätten innerhalb weniger Wochen von vegetarisch auf vegan umgestellt.

«Vegan werden in einer Woche geht nicht», meint Petra Lorenz vom Messe-Organisator New Best Choice. Es sei ein Prozess, hinter dem man voll und ganz stehen müsse, sagt die gelernte Kosmetikerin. Während der erste Event in Bettingen in kleinerem Rahmen mit 200 Besuchern und 9 Ausstellern stattfand, seien sie am Wochenende von den Besuchern förmlich überrannt worden. «Es ist erfreulich», betont auch Geschäftsführer Hans Jürg Däppen. «Unser veganes Angebot boomt», sagt die Geschäftsführerin vom Liestaler Catering Herzlich. Ihr «Herzwärmer» – ein aromatischer Ingwertee – hinterlässt ein wohlig wärmendes Gefühl. Am Tonka Drink von Herrn Vegara sollen wir uns glücklich trinken – zumindest erinnert uns der süsslich-cremige Touch der südafrikanischen Tonka-Frucht an Sommertage.

Auch beim Standnachbar trinkt man die Lebensenergie direkt aus der Flasche. «Chi» heisst das Rohkostgetränk, das uns als «Soft-Fanta» angepriesen wird. Dieses prickelt zwar, hat aber einen hartnäckigen säuerlichen Nachgeschmack. Nun brauchen wir Schokolade. Und beissen in ein Stück «Menschenliebe» – eine in Regenbogenfarben verpackte Antwort des Adliswiler Kleinunternehmens Taucherli auf die homophoben Verstrickungen beim Konkurrenten Läderach.

Auch vegane Tattoos sind möglich

Der Name sei Programm, betont der Inhaber, der an Ostern mit bedürftigen Familien Osterhasen aus geschmolzener Restschokolade herstellt. Mit seiner «Bean to Bar»-Methode zahle er für den Import seiner Kakaobohnen zwar fünfmal mehr als Importeure von handelsüblicher Fair-­Trade-Schokolade. Das sei es ihm aber wert, betont der Münchensteiner und streckt uns die blossen Unterarme hin: Er hat sich die Passion für seine faire Schokolade gut sichtbar unter die Haut stechen lassen. Ein junger Mann lässt sich mit veganer, tierversuchsfreier Tattoofarbe ein thailändisches Schutzsymbol stechen. Etwas Farbe gönnt sich am Stand des Zürcher Make-up-Artisten Ci- ro Olivieri auch Veronika. «Es fühlt sich pflegend an», sagt die Baslerin, die ansonsten kein Make-up trage. «Gesundheit ist unser oberstes Gebot», meint Olivieri.

Wir folgen, trotz Maske, einer Duftnote und stossen auf «My Valentine». Bei der Herstellung der veganen Seife werde komplett auf Mikroplastik, Palmöl und Parabene verzichtet, betont Benjamin Wilpert, der als Veganer zu mehr Kraft gekommen sei. «Wir garantieren für absolute Frische», sagt eine Promoterin des österreichischen Familienunternehmens für Naturkosmetik Ringana. Bei unserem Messebesuch stossen wir danach auf «Beyond Spermidine». Auch das ist eine Neuerscheinung – es sind dies Kapseln, die die Zellerneuerung fördern sollen.

Wir belassen es bei einem vorsichtigen Schluck Chi, einem aufputschenden Nahrungsergänzungsmittel aus Koffein und Vitamin C. Nach dem bitteren Geschmack testen wir schliesslich Chips aus Spinat, Kürbis und Randen und beissen beim Genfer Start-up Freely Handustry zum Schluss unserer Reise durch die tierfreundlichste Konsummesse der Welt – dankbar – in ein Stück Raspberry Cookie.