Die Warnungen des Gemeinderats werden ignoriert. Die SP verzichtet auf ein Referendum.
Wie bereits bei der letzten Steuersenkung 2016 trat der bürgerliche Block geschlossen auf und brachte die von der Finanzkoordinationskommission (FikoKo) beantragte Senkung des Vermögenssteuerfusses von 47 auf 46 Prozent mit 19 zu 17 Stimmen durch. Damit sollen die Folgen der im Mai auf Kantonsebene angenommenen Topverdienersteuer, durch die hohe Einkommen stärker besteuert werden, abgefedert werden. Die Steuersenkung kostet die Gemeindekasse rund 660'000 Franken im Jahr.
Der Gemeinderat, SP, EVP, GLP und Grüne warnten vergeblich vor deren Folgen. «Diese Steuersenkung ist verantwortungslos», kritisierte Jürg Sollberger (EVP) und erinnerte an die laufend steigenden Kosten, unter anderem im Bereich Bildung und Familie, für den Riehen im kommenden Jahr erstmals über 50 Millionen Franken ausgibt. David Moor (GLP) sprach von einem «falschen Zeichen» und von zu vielen Unsicherheiten, die sich durch die Steuersenkung ergeben würden. Für Thomas Strahm (LDP) ist die Steuersenkung aber «finanziell verkraftbar». Es bestehe ein grosses Risiko, dass eine kleine Gruppe guter Steuerzahler aufgrund der Topverdienersteuer aus Riehen wegzieht. Unter anderem wurde Bettingen, das erst gerade die Steuern gesenkt hat, als attraktive Alternative angepriesen. Schlimmstenfalls würden die Reichen sogar ganz aus Basel-Stadt wegziehen, warnte Dieter Nill (FDP).
Die SP verzichtet trotz der Niederlage auf ein Referendum. «Wir haben intensiv darüber diskutiert. Aber es wäre schwierig zu vermitteln», erklärte Heinz Oehen. Zu Diskussionen innerhalb des bürgerlichen Blocks kam es aufgrund eines Antrags der CVP, die neben dem Vermögenssteuerfuss auch den Einkommenssteuerfuss senken wollte – um je einen halben Prozentpunkt. So würden wirklich alle Betroffenen der Topverdienersteuer entlastet und mit ihnen auch noch der Mittelstand, argumentierte Patrick Huber. «Damit würden wir auch jene entlasten, die viel verdienen und von der Topverdienersteuer betroffen sind, aber durch hohe Ausgaben weniger Vermögen haben.» Doch FDP, LDP und eine Mehrheit der SVP sahen mit der ausschliesslichen Senkung des Vermögenssteuerfusses eine gezieltere Entlastung der Betroffenen.
Die finanziellen Aussichten sind in Riehen alles andere als rosig. Für das kommende Jahr ist bei Gesamtausgaben von erstmals über 120 Millionen Franken ein Verlust von 1,6 Millionen Franken budgetiert. Für die darauffolgenden Planjahre drohen Verluste von je zwei Millionen Franken. Noch im Sommer warnte der Gemeinderat sämtliche Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte in einem Brief vor «tiefroten» Zahlen. Doch seitdem hätten sich die Aussichten verbessert, betonte Finanzchef Daniel Albietz (CVP). «Die Vermögen von einigen Steuerpflichtigen haben sich massiv erhöht, wodurch es auf der Einnahmeseite wieder besser aussieht.» Albietz warnte aber davor, diese Mehreinnahmen als nachhaltig anzusehen. «Vermögenssteuern sind weniger stabil als Einkommenssteuern. Wir müssen den Geldsegen mit Vorsicht und Dankbarkeit geniessen.»
Zu Beginn der Debatte zum Politikplan richtete Gemeindepräsident Hansjörg Wilde (parteilos) einen Appell an den Einwohnerrat und erinnerte an die anstehenden Herausforderungen mit diversen Projekten, die die Gemeinde sowohl finanziell wie auch organisatorisch fordern. Als Beispiel nannte Wilde die Digitalisierung der Verwaltung und die «explodierenden» Schülerzahlen. Die Gemeinde sei aktuell ein Segelschiff, das schwierig sei, es auf Kurs zu halten, so Wilde. Vor wenigen Jahren verglich der Gemeindepräsident Riehen noch mit einem Zug auf stabilen Schienen.