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Erstmals nimmt Kirchenratspräsident Lukas Kundert ausführlich Stellung zur Causa Christine Dietrich.
«Es ist eine meiner Aufgaben, dafür zu sorgen, dass sich die Kirche nicht spaltet. Diese Geschichte hat aber das Potenzial dazu.» Es sind deutliche Worte, die der Basler Kirchenratspräsident Lukas Kundert gestern über den Äther liess. Und sie sind Ausdruck der Krise, in welcher die Basler Reformierten derzeit stecken.
Vor rund drei Wochen hat diese Zeitung eine Recherche zur Kleinhüninger Pfarrerin Christine Dietrich publiziert. Die damals frisch gewählte Basler Kirchenrätin hatte während mehrerer Jahre eine wichtige Rolle inne im rechtsextremen Netzwerk «Politically Incorrect». Dietrich publizierte eigene Beiträge auf der Plattform, trat an islamfeindlichen Demonstrationen in Deutschland auf und unterhielt Kontakte zu einschlägig bekannten Hetzern. Als etwa beim Anschlag von Anders Breivik in Norwegen 77 Menschen umkamen, insinuierte Dietrich in einem Chat unter Rechtsextremen, dass jemand eine «giftige Freitagspredigt» gehalten hätte – eine klar islamfeindliche Spitze. Beiträge auf Facebook und Auszüge aus Predigten in Basel vermitteln das Bild, Dietrich habe sich noch immer nicht von ihrer Vergangenheit gelöst.
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Spätestens seit einem längeren Interview mit Dietrich, welches die bz anfangs dieser Woche publiziert hat, teilen sich die Basler Reformierten in zwei Lager. Die einen sehen darin, wie sich Dietrich eine rechte Gesinnung schönredet und ihre früheren Handlungen relativiert. Sie machen der vorbereitenden Wahlkommission schwere Vorwürfe, sie habe die Synode vor der Kirchenrats-Wahl bewusst getäuscht. Die anderen nehmen es Dietrich ab, wenn sie auf Distanz zu rechtsextremen Kreisen geht. Letztere erfuhren Auftrieb durch einen Artikel in der «Basler Zeitung», in welchem ein Extremismusexperte die Rolle Dietrich kleinredete.
In beiden Gruppen sind namhafte Stimmen der Kirche vertreten. Selbst im kleinen Kreis des Kirchenrats, dem obersten Führungsgremium, sitzen Kritiker von Christine Dietrich. Bislang verzichtete Kundert jedoch darauf, klar Position zu beziehen. Kirchensprecher Matthias Zehnder blockte mehrfach Anfragen dieser Zeitung mit dem Hinweis ab, die Wahl des Kirchenrats sei Sache der Synode und versandte lediglich Auszüge aus der Kirchenverfassung. Nun hat Kundert gegenüber dem «Regionaljournal» von SRF sein Schweigen gebrochen. Die Situation beschreibt er zusammenfassend als «unangenehm».
«So weit ich weiss, wusste die Wahlvorbereitungskommission der Synode Bescheid über die Hintergründe der Frau und das Verfahren, das in der Berner Kirche lief», sagte Kundert in der gestrigen Abendsendung. Er gehe davon aus, dass die Mitglieder der Synode einen Strich unter diese Geschichte ziehen wollten und Dietrich zutrauen, dass sie von diesem Umfeld abgekehrt ist.
Auch wenn Kirchenmitglieder bereits Neuwahlen forderten: Die Abwahl einer Kirchenrätin ist in den Reglementen der Evangelisch-Reformierten Kirche nicht vorgesehen. Der Ball liegt nun bei Dietrich, wie Kundert sagt: «Sie muss sich Gedanken machen, ob es ihr möglich ist, als Kirchenrätin zu amtieren, wenn Teile der Kirchenmitglieder Vorbehalte ihr gegenüber haben.» Er selber habe bereits das Gespräch mit ihr gesucht, über dessen Inhalt möchte er jedoch nicht reden. Dies sei eine Sache «unter vier Augen». Gegenüber dem «Regionaljournal» bekräftigte Dietrich, dass ein Rücktritt derzeit kein Thema sei.