Es war ein Sprung ins kalte Wasser: SP-Regierungsrätin Tanja Soland musste sich kurz nach Amtsantritt in der Coronakrise beweisen.
Wer künftig eine kantonale Behörde telefonisch erreichen will und sogleich in die Warteschlaufe geschickt wird, bekommt Musik aus der Region Basel auf die Ohren. Eine kleine Veränderung, die Regierungsrätin Tanja Soland (SP) vorangetrieben hat. Sie sagt: «Man kann auch mit kleinen Dingen einen Stein ins Rollen bringen, der irgendwann eine Lawine auslöst.» Es gehört zu Solands Job, sich auch um kaum prestigeträchtige Entscheidungen zu kümmern.
Ihr Amt als Finanzdirektorin von Basel-Stadt trat sie am 1. Februar 2020 an. Vor fast einem Jahr wurde sie mit glanzvollen 26 935 Stimmen im ersten Wahlgang in die Exekutive des Stadtkantons gewählt. Ihre Mitkandidatinnen Katja Christ (GLP) und Nadine Gautschi (FDP) mussten sich geschlagen geben. Soland überzeugte die Wählerschaft von sich als Nachfolgerin ihrer Parteikollegin Eva Herzog, die in den Ständerat wechselte.
Kurz nach der Wahl hiess es in den Medien, Herzog hinterlasse grosse Fussstapfen und habe neue Massstäbe gesetzt. Setzt dies eine neue Regierungsrätin nicht unter Druck? «Ich will gar nicht irgendwelche Fussstapfen ausfüllen, sondern gehe einfach meinen Weg», sagt Soland dreieinhalb Wochen vor dem Wahltag. Sie rast gerade von Termin zu Termin – meist mit dem motorisierten Cargobike. Innert nur einem Jahr steht sie schon wieder mitten im Wahlkampf. «Anstrengend» und ganz anders sei es dieses Mal, meint Soland. «Ich stehe zwar nicht mehr so stark im Fokus wie vor einem Jahr.» Podien, Fototermine oder Interviews müssten aber dennoch neben der Arbeit Platz haben.
Wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt übernahm das Coronavirus das Zepter in Basel-Stadt. Die ersten Monate als Regierungsrätin seien «stark coronagetrieben» gewesen, sagt Soland. Gerade als Finanzdirektorin und somit als Leiterin des Querschnittdepartements sei sie viel mit den anderen Ämtern in Kontakt gestanden und habe die nächsten Schritte ausgehandelt. Eigentlich habe sie sich für die Anfangszeit vorgenommen, sämtliche Geschäftsstellen und Angestellten kennen zu lernen. «Das musste ich zurückstellen», sagt sie.
Die Entwicklungen der Pandemie forderten schnelle und weitreichende Entscheide der Regierungsrätin. Im März lancierte sie zusammen mit Wirtschaftsdirektor Christoph Brutschin (SP) die Unterstützungsprogramme für Basler Unternehmen – als erster Kanton griff Basel-Stadt der Wirtschaft unter die Arme.
«Natürlich kommt hin und wieder die Perfektionistin in mir hervor», sagt Soland. So hätten einige Versprechen, die sie vergangenes Jahr im Wahlkampf abgegeben habe, bisher warten müssen. Ihre Schwerpunkte seien aber bis heute: Klimaschutz, eine stabile Finanzlage und bezahlbarer Wohnraum. Letzteres Thema konnte die Finanzdirektorin bereits aufgreifen. Die kantonale Liegenschaftsverwaltung Immobilien Basel-Stadt wird das Wohnprogramm «1000+» aufgleisen. Darin geht es um die Kostenmiete: Der Mietzins hängt von der Anzahl Bewohnenden und deren Einkommen ab. «Hier machen wir wirklich vorwärts», verspricht Soland. Aufgrund der Coronakrise habe sich das Programm aber leicht verzögert.
Kerngeschäft der Regierungsrätin sind aber die Kantonsfinanzen: Im März präsentierte sie die Rechnung, die mit einem sechsfach höheren Überschuss abschliesst, als budgetiert war. Gleichzeitig versprach sie mehr Transparenz. Künftig erhalten die Baslerinnen und Basler einen Einblick in die Finanzplanung, da der Kanton die Hochrechnung fürs Folgejahr publizieren wird. Soland erhofft sich durch die Transparenz mehr Verständnis. Denn die Kantonsfinanzen können nicht immer derart erfreulich aussehen, noch müssen etwa die finanziellen Auswirkungen der anhaltenden Coronapandemie abgewartet werden.
Seit acht Monaten sitzt Tanja Soland in der Basler Regierung. Kaum im Amt gingen die grossen Fussstapfen, die Vorgängerin Herzog hinterlassen hatte, vergessen. Die grossen Veränderungen sind der SP-Politikerin zwar bisher nicht gelungen, Coronakrise und positive Kantonsrechnung entschuldigen dies vermutlich. Und immerhin werden die Baslerinnen und Basler künftig in den Telefonwarteschlaufen von regionaler Musik unterhalten.