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Die Berufe Grenzwächter und Zollbeamter werden sich wegen der Digitalisierung stark verändern. Menschliche Erfahrung wird aber unerlässlich bleiben – wie ein Augenschein an der Grenze zu Basel zeigt.
Auf dem Asphalt reihen sich Lastwagen auf. Oft sind sie mit Nummernschilder aus Litauen, der Slowakei oder Polen gekennzeichnet. Vor einem dieser Grosstransporter versucht ein Mitarbeitender der Zollfahndung mühselig, mit einem russischen Lastwagenfahrer zu kommunizieren. Dieser kann kein Englisch und blickt etwas nervös auf die gelbblau-uniformierten Beamten, die sein Fahrzeug gerade untersuchen. Eine Expertin begutachtet den Zustand der Bremsscheiben, eine andere sucht mit einem Spürhund nach Drogen, ein weiterer taucht unter dem Lastwagen unter.
Am Autobahnzoll Basel/Weil am Rhein herrscht stets rege Aktivität. Ist er doch zusammen mit Genf und Chiasso einer der wichtigsten Eintrittspunkte für die 25'000 Lastwagen und mehr als zwei Millionen Personen, die täglich die Grenze überqueren.
Die Bedeutung der eidgenössischen Zollverwaltung ist enorm: Mit 23 Milliarden Umsatz im Jahr ist sie für rund ein Drittel der Bundeseinnahmen verantwortlich. Sie wird auch in Zukunft nicht an Gewicht verlieren. Neue Technologien werden die Grenzkontrolle vor bisher unbekannte Herausforderungen stellen. Direktor Christian Bock sagt vor Ort zu der Schweiz am Wochenende: «Wir müssen uns auf Drohnen, selbstfahrende Autos und eine Zunahme der Lastwageneinfuhren vorbereiten.»
Die Reform der Zollverwaltung ist eine Priorität der Bundesverwaltung. Deshalb hat das Parlament dem Vorhaben 393 Millionen Zusatzkredit zugesprochen. Als erste Neuerung sollen Grenzwächter und Zollbeamte sich zu einem einzigen Korps zusammenschliessen.
Die Arbeit der Zollbeamten wird auch rationalisiert. Dank dem Programm DaziT (nach dem rätoromanischen Wort für Zoll «Dazi» und «t» für Transformation) sollen zahlreiche Vorgänge digitalisiert werden. Seit 2018 ist bereits eine App in Betrieb, die ermöglicht, Güter online zu verzollen. Der sogenannte «Quick-Zoll» feiert bereits Erfolg: 800'000 Franken wurden dank der App eingenommen. «Da die Papierverzollung nur minim zurückgegangen ist, gehen wir von Zusatzeinnahmen aus», sagt Isabelle Emmenegger, Vize-Direktorin und Leiterin von DaziT.
In Zukunft soll auch mit der App «Via» die Schwerverkehrsabgabe (für Lastwagen, Reisebusse und Wohnwagen) mobil bezahlt werden. Mit dem Programm «Activ» soll die Erkennung von Waren automatisch erfolgen, was die Wartezeiten reduzieren wird. «Aktuell halten noch alle Lastwagen am Zoll an. In Zukunft soll es nur noch ein kleiner Teil davon sein», versichert Emmenegger. Damit sollen die Autoschlangen an Zollknotenpunkten wie Basel reduziert werden. Für Autofahrer ein Plus, für die Wirtschaft auch: Die Zollverwaltung rechnet mit 125 Millionen Einsparungen.
Auf die Frage, ob die Digitalisierung Arbeitsplätze kosten wird, antwortet Emmenegger klar: «Nein. DaziT ist kein Sparprogramm.» Menschliche Erfahrung und Instinkt blieben für die Zollüberwachung unerlässlich. Emmenegger will nicht Menschen durch Maschinen ersetzen, sondern Mitarbeitende aus dem Büro holen, um Fahrzeuge zu kontrollieren. «Weniger administrativer Aufwand, dafür mehr Einsatz aufs Feld.»
Tatsächlich ist das Personalaufgebot am Zoll gross. Nach wie vor kontrollieren die Beamten nach Gespür. Die Röntgenanlage, die Lastwagen scannt, unterscheidet reguläre Ware nicht von Schmuggelware. Dafür ist eine Beamte verantwortlich, welche die Scans auf den Bildschirmen sorgfältig untersucht. «Klassische Versteckmöglichkeiten sind zum Beispiel unten bei den Werkzeugkasten», erklärt sie. Fündig wurde sie in dem Fall nicht. «Wir dürfen uns keine Illusionen machen. Sobald der erste Lastwagen kontrolliert wird, alarmiert der Fahrer via Whatsapp ganz Europa», so Christian Bock.