Basler Strafgericht
Uni-Kaderarzt vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen

Mäuse hätten bei den Versuchen kein unnötiges Leid erfahren, fand das Strafgericht – Tierschützer sind unzufrieden. Am Dienstag hat das Basler Strafgericht einen 47-jährigen Kaderarzt vom Straftatbestand der Tierquälerei freigesprochen.

Silvana Schreier
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Bei der Kontrolle hatte das Veterinäramt 2018 festgestellt, dass zwei Mäuse nicht vorschriftsgemäss behandelt worden waren. (Symbolbild)

Bei der Kontrolle hatte das Veterinäramt 2018 festgestellt, dass zwei Mäuse nicht vorschriftsgemäss behandelt worden waren. (Symbolbild)

KEYSTONE/GAETAN BALLY

2500 Franken Busse muss ein 47-jähriger Kaderarzt bezahlen. Angeklagt war der Angestellte der Universität Basel wegen Tierquälerei und mehrfacher Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz. Die Hauptverhandlung in diesem Fall fand bereits im November vergangenen Jahres statt. Um weitere Zeugen anhören zu können, wurde das Verfahren verschoben. Das Basler Strafgericht hat am Dienstag das Urteil gefällt: Freispruch beim Vorwurf der Tierquälerei, eine Geldbusse für die Verstösse gegen das Schweizer Tierschutzgesetz.

Dem beschuldigten Kaderarzt des Kantonsspitals Baselland wurde vorgeworfen, zwei Mäuse nicht vorschriftsgemäss zu behandeln. In einem Tierversuchslabor der Universität Basel betrieb er Grundlagenforschung zur Entstehung von Krankheiten. Dafür wurden die Versuchstiere betäubt, und ihnen wurde ein kleines Loch in den Kopf gebohrt, um dort eine Probe zu injizieren. Die Mäuse wurden schliesslich ein Jahr lang beobachtet und analysiert.

Das Basler Veterinäramt stellte bei einer unangekündigten Kontrolle fest, dass sich bei einer Maus die Naht am Kopf gelöst hatte und die Wunde offen war. Bei der zweiten Maus wurden die Nähte nicht wie vorgeschrieben nach zehn Tagen entfernt. Der Beschuldigte sagte im November während der Hauptverhandlung, er stehe zu allem, was passiert sei. «Aber ich wehre mich gegen den Vorwurf der Tierquälerei.» Er schaue auch, dass sie so wenige Mäuse für die Versuche bräuchten wie möglich.

Abgefallene Naht war für Maus keine Mehrbelastung

Das Urteil des Strafgerichts fällt milder aus als die Strafe, welche die Basler Staatsanwaltschaft ausgesprochen hatte. Diese hatte den Leitenden Arzt Ende 2018 nach einer Anzeige des Veterinäramts Basel-Stadt wegen Tierquälerei und Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 490 Franken und einer Busse von 5000 Franken verurteilt. Dagegen legte der Arzt Rekurs ein.

Richterin Susanne Nese erklärt das Urteil so: «Die Staatsanwaltschaft sah die Tierquälerei im Fall der Maus, deren Naht sich löste. Das Veterinäramt wertete dies nicht so.» Die offene Wunde habe kein zusätzliches Leiden oder eine Mehrbelastung zur Folge. Auch habe der Arzt nach Kenntnis des Problems die nötigen Schritte unternommen, worauf der Fall einen komplikationslosen Verlauf genommen habe, sagte die Einzelrichterin bei der Urteilsverkündung.

Beschuldigter wirkte «unorganisiert»

Das Gericht sah jedoch die mehrfache Zuwiderhandlung gegen das Tierschutzgesetz als gegeben. Die Observationen seien vom Beschuldigten nicht sorgfältig dokumentiert worden. Zudem sei den Tieren nicht das in der Bewilligung vorgesehene Schmerzmittel verabreicht worden, was «leicht befremdlich» sei. Der Arzt habe sich den Auflagen gegenüber teilweise systematisch gleichgültig verhalten, sagte die Richterin. Nese: «Im gesamten Prozess schien es, dass es bei dem Beschuldigten unorganisiert zu- und hergeht.»

Aus Tierschutzsicht ist es schade, dass es keinen vollumfänglichen Schuldspruch gegeben hat.

(Quelle: Olivier Bieli, Basler Tierschützer)

Während der Hauptverhandlung im vergangenen November protestierten mehrere Tierschützer vor dem Basler Strafgericht. Sie gehörten unter anderem zur deutschen Organisation Ärzte gegen Tierversuche. Einer davon war der Basler Aktivist und Gnadenhofbesitzer Olivier Bieli. Er besuchte damals auch die Gerichtsverhandlung. «Aus Tierschutzsicht ist es schade, dass es keinen vollumfänglichen Schuldspruch gegeben hat», sagt Bieli auf Anfrage. Dennoch sei jeder Schuldspruch und damit auch jeder Gerichtsprozess wichtig. «Dass er schuldig ist, gegen das Tierschutzgesetz gehandelt zu haben, zeigt ja deutlich, dass er den Tieren Unrecht angetan hat.»