Bauprojekte
Visualisierungen von geplanten Gebäuden sorgen oft für Streit

Architekt liefern zu ihren Bauprojekt immer auch Bilder, die zeigen, wie das Ergebnis aussehen wird. Doch oft wird über genau diese Bilder gestritten, denn man kann damit schummeln.

Michel Ecklin
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Auf den ersten Visualisierungen ragte das Stadtcasino-Neubau von Zaha Hadid zu weit über den Barfüsserplatz.

Auf den ersten Visualisierungen ragte das Stadtcasino-Neubau von Zaha Hadid zu weit über den Barfüsserplatz.

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Kaum ein Bauprojekt kommt heutzutage ohne Visualisierung daher. Wer die Öffentlichkeit von seinem Bauvorhaben überzeugen will, muss mehr als nur Pläne präsentieren. Es braucht computergenerierte Bilder, die zeigen, wie der neue Bau, die sanierte Strasse aussehen könnte. Dies gilt erst recht, wenn ein politisches Gremium Geld sprechen muss. Visualisierungen ermöglichen eine emotionale Beurteilung eines Projekts, Fachwissen ist dann nicht mehr zwingend nötig.

Erstellt werden Visualisierungen meist von spezialisierten Büros, die das Bauprojekt buchstäblich ins rechte Licht rücken. Da wird mal eine Fassade geglättet, ein Innenraum aufgehellt, eine Stromleitung ist fast durchsichtig oder ganz wegretuschiert. Die Bäume spriessen frühlingshaft, es fliegen Vögel umher und die Landschaften sind voller Menschen, vorzugsweise junge, attraktive, die glücklich durch die Gegend wandern.

Kreative Perspektiven

Logisch, schliesslich handelt es sich um Werbung, für die ein Auftraggeber Geld gezahlt hat. Subtiler ist der kreative Umgang der Visualisierungsbüros mit Perspektiven, die rein rechnerisch nicht falsch sind, aber dafür sorgen, dass Gebäudehöhen weniger wuchtig erscheinen. Im Idealfall für die Anhänger eines Bauvorhabens fällt das Schummeln niemandem auf.

Doch manchmal werden die Visualisierungen selber zum Streitpunkt, etwa vor der Abstimmung über die Umgestaltung des Ziegelhof-Areals in Liestal 2012. Die Stadtregierung und die Bodeneigentümer warben gemeinsam mit einer Visualisierung, die zeigen sollte, dass die Stadtsilhouette nicht getrübt werde. Die Gegner waren anderer Meinung. Sie steckten die Bauhöhen notdürftig mit Luftballons aus. Erst unter Druck sah sich die Stadt gezwungen, selber das Bauobjekt auszustecken.

Darstellungen der Befürworter und Gegner

Vor der Claraturm-Abstimmung in Basel 2013 waren es die Gegner, die ein Bild verbreiteten – das den Bau nachweislich zu hoch darstellte. Das räumten die Gegner auch ein, doch sie verwendeten ihre Visualisierung weiterhin. Darauf hin veröffentlichten die Promotoren des Turms eigene Darstellungen. Ähnliche Auseinandersetzungen um Visualisierungen gab es im Fall von «Uf der Höchi II», einer Wohnüberbauung in Arlesheim, rund um die Messehalle von Herzog & de Meuron und den Neubau des Klinikums des Universitätsspitals.

Doch nicht immer muss hinter den angezweifelten Darstellungen böse Absicht stecken. Für den Casinoneubau auf dem Basler Barfüsserplatz liess das Architekturbüro von Zaha Hadid 2006 ein Bild erstellen, auf dem ein herausragender Teil des Baus fehlte. Das war deshalb brisant, weil das Hauptargument der Gegner lautete, der Bau sei zu gross. Die Regierung verwendete das Bild, um in der Volksabstimmung Stimmung für ein Ja zu machen. Gleichzeitig lehnte sie es ab, die Gebäudehöhen abzustecken. Diese seien irreführend, lautete die Begründung.

Roche rückt keine alten Bilder heraus

Doch bald konnten die Medien den Fehler auf der Visualisierung nachweisen, dafür reichte ein einfacher Vergleich mit den Bauplänen. Die Architekten erklärten, dass schlicht ein Fehler vorliege und nicht etwa eine Betrugsabsicht. Denn das beauftragte Visualisierungs-Büro in London habe gar nicht gewusst, dass eine öffentliche Auseinandersetzung über das Bauprojekt stattfinde. Die Regierung sah sich schliesslich gezwungen, das Bauvolumen nicht nur auszustecken, sondern mit Stoffen die Fassaden zu verdeutlichen. Der Casinoneubau wurde von der Mehrheit der Stimmbürger abgelehnt.

Wie brisant Visualisierungen sein können, zeigt das Beispiel Roche. Das Unternehmen weigert sich mehrere Jahre nach Fertigstellung Visualisierungen des Roche-Turms 1 von vor der Erstellung herauszurücken. Die lapidare Begründung: «Der Bau wurde so erstellt, wie wir ihn damals dargestellt haben.»

Links der heutige Zustand, rechts das damalige Modell der Architekten.

Links der heutige Zustand, rechts das damalige Modell der Architekten.

ken / zvg