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Mehrere Dutzend Kinder aus Riehen werden in Lörrach unterrichtet, ähnlich ist es auch in Weil am Rhein. Doch es gibt Widerstand: Einige deutsche Schulen haben sogar einen Stopp für Schweizer Schüler erlassen.
Am Mittwoch berichtete die bz, dass mehrere Dutzend Kinder aus Riehen in Lörrach unterrichtet werden. Ähnlich ist es in Weil am Rhein: 39 Schüler mit Wohnsitz in der Schweiz gehen dort zur Schule, 22 davon ans Gymnasium. Weshalb sich die Eltern dafür entscheiden, ihre Kinder nicht in ein Basel-städtisches, sondern in ein Baden-württembergisches Gymnasium zu schicken, ist unklar.
Ein Kantonsangestellter, der anonym bleiben will, hat sich aufgrund des am Mittwoch veröffentlichten Artikels bei der bz gemeldet. Er sagt: «Viele der Kinder, die nach Deutschland in die Schule gehen, schaffen die Matur in der Schweiz nicht.» Er habe schon diverse Kontakte mit Eltern gehabt, die dies als Grund für den Wechsel nach Deutschland angegeben hätten, sagt er.
Ebenfalls in diese Richtung geht die Vermutung von Stefan Wolter, Professor für Bildungsökonomie an der Uni Bern. Er sagt: «Das Phänomen mit Schweizern, die im benachbarten Ausland ans Gymnasium gehen, ist auch in anderen Grenzkantonen bekannt, beispielsweise in der Ostschweiz.»
Verlässliche Statistiken seien zwar nicht verfügbar, jedoch könnte der Druck auf Eltern, ihre Kinder ins Ausland zu schicken, in den Kantonen Thurgau und St. Gallen sogar noch höher sein als in Basel. «In diesen Kantonen gibt es Aufnahmeprüfungen fürs Gymnasium und die Maturitätsquote liegt mit unter 20 Prozent deutlich tiefer als in Basel», sagt er. In den Nachbarländern Deutschland und Österreich liege die Abiturquote bei gegen 50 Prozent.
Besonders stark betroffen von diesem Ostschweizer «Bildungstourismus» ist die deutsche Stadt Konstanz. Dort wurde vor einigen Jahren gar ein Aufnahmestopp für Schweizer Schüler verhängt. Trotzdem geht aktuell im Durchschnitt in jede Klasse ein Schweizer, wie das Thurgauer Schulblatt in seiner aktuellen Ausgabe schreibt.
Kritische Stimmen gibt es auch in Lörrach. Eine Mutter, deren Kind ans Hebel-Gymnasium geht, schreibt: «In der Klasse unseres Kindes sind es drei von 30 Schülern, deren Familien in der Schweiz wohnen. In anderen Klassen ist es ähnlich. Es ärgert einen schon etwas, wenn man in Lörrach Steuern bezahlt und gleichzeitig Schweizer Kinder in Klassen aufgenommen werden, die übervoll sind.»
Hans-Joachim Friedemann, Leiter des staatlichen Schulamts Lörrach, bestätigt, dass das Hebel-Gymnasium wohl den grössten Anteil Schweizer aller öffentlicher Schulen entlang des Hochrheins und im Dreiländereck habe. Insgesamt seien es zwischen 20 und 30 Schülerinnen und Schüler im Schulamtsbezirk, wobei Schüler an Privatschulen nicht mitgezählt würden. Er sagt: «Für all unsere Schulen gilt die strikte Regelung, dass für Kinder und Jugendliche, deren Eltern den Wohnsitz ausserhalb Deutschlands nehmen, im Falle einer Schulplatzanfrage keine zusätzlichen Klassen eingerichtet werden dürfen. Es gibt jetzt schon genügend Lehrkräfte, die in Deutschland ausgebildet wurden und in Schulen der Schweiz arbeiten, beispielsweise weil die Verdienstmöglichkeiten dort besser sind.»