Baselbieter Wahlkampf 2023
Ärger im Plakatwald: Erste Ladung musste bereits entfernt werden – FDP und SVP gehören zu Spitzensündern

Wer beim wilden Plakatieren im Baselbiet sündigt, muss nicht mit einer Busse rechnen. Auch deshalb treibt der Plakatierwahn entlang von Kantonsstrassen wilde Blüten. Das Tiefbauamt demontierte bereits eine erste Ladung verkehrsgefährdender Plakate.

Andreas Schwald
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Der Wahlherbst 2023 wird wohl mit einem Plakatierrekord in die Annalen eingehen. Über 5000 Hohlkammer-Plakate zieren derzeit das Baselbiet.

Der Wahlherbst 2023 wird wohl mit einem Plakatierrekord in die Annalen eingehen. Über 5000 Hohlkammer-Plakate zieren derzeit das Baselbiet.

Bild: Kenneth Nars

Es ist alternativlos. Wer im Baselbiet aktuell Wahlkampf betreibt, kommt um eine wilde Plakatierung nicht herum. Das heisst: Eine Menge an sogenannten Hohlkammer-Plakaten bestellen und diese selbst oder von Freiwilligen aufhängen lassen. Kandidierende praktisch aller Baselbieter Parteien machen aktuell mit. Wie die bz vergangene Woche errechnete, hängen derzeit über 5000 solcher Plakate entlang der Kantonsstrassen. Damit bildet das Wahljahr 2023 mengenmässig einen neuen Höhepunkt.

Vor allem im Unterbaselbiet nimmt dies teilweise bizarre Formen an. Mehrere bz-Leser berichteten seither von bis zu sechs-, sieben- oder gar achtstöckigen Plakatregistern an den Kandelabern. Dicht befahrene Strassenzüge sind ebenso dicht mit staffelweise Konterfeis behangen. Wer die motiviertesten Helfer hat, ist im Vorteil: Ausser den Erstellungskosten für die Hohlkammer-Plakate scheinen der freundlichen Präsenz sonst kaum Grenzen gesetzt.

An Kandelabern nach oben schieben, bis es nicht mehr geht

Vierstöckige Kandelaber-Register sind bereits gang und gäbe, an einigen Stellen im Kanton überbieten sich die Stapler allerdings in der Menge.

Vierstöckige Kandelaber-Register sind bereits gang und gäbe, an einigen Stellen im Kanton überbieten sich die Stapler allerdings in der Menge.

Bild: Kenneth Nars

Bei den Kandelaber-Stapeln ist dazu nicht einmal die längste Leiter ausschlaggebend. Tatsächlich würden die jeweils älteren Plakate von tüchtigen Parteihelfern nach oben geschoben, damit zuunterst frische Plakate angebracht werden können, wie es seitens Baselbieter Tiefbauamt heisst.

Das Problem: Das Hohlkammer-Material – zwei Plastikseiten mit einer Wabenkammer dazwischen – ist zwar einigermassen stabil, doch die Befestigung der obersten Plakate kann ausreissen. Dann fällt das Material auf die Strasse und wird zum Verkehrshindernis.

Keine Bussen für die Wahlplakat-Sünder

Sehr wild plakatiert, aber noch in Ordnung: Wer hingegen Verkehrsschilder abdeckt oder die Sicht blockiert, dessen Plakate werden entfernt.

Sehr wild plakatiert, aber noch in Ordnung: Wer hingegen Verkehrsschilder abdeckt oder die Sicht blockiert, dessen Plakate werden entfernt.

Bild: Kenneth Nars

Seit vergangener Woche ist die Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) daher aktiv daran, den Plakatwald zu stutzen. Wie BUD-Sprecherin Andrea Bürki sagt, wurden vor allem im Oberbaselbiet etwa zwei Dutzend der meist doppelseitig angebrachten Plakate demontiert, insgesamt also rund 50 Stück Hohlkammer-Material. Dieses lagert im Werkhof zwischen. Holen es die Parteien nicht ab, muss es auf Kosten der Steuerzahler entsorgt werden.

Verfehlungen gab es vor allem wegen klarer Verstösse gegen das «Merkblatt verkehrsgefährdende Strassenreklame». Konkret verdeckten die entsprechenden Plakate die Sicht oder gleich Signalisationen bei Fussgängerstreifen beziehungsweise Hinweistafeln zu «Achtung Schulkinder». «Das geht natürlich nicht», sagt Bürki. Bussen kann der Kanton dafür allerdings keine verteilen, da die wilde Plakatierung im Kanton Baselland nicht entsprechend geregelt sei. Angeführt wird die Sünderliste im Oberbaselbiet übrigens laut Tiefbauamt von Kandidierenden der beiden Parteien SVP und FDP.