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Gerichtspräsident Andreas Schröder verglich die Gewinnchancen bei den Geschäften des Angeklagten mit denen im Lotto. Kunden versprach er 1000% Rendite
«Das, was passiert ist, war nicht voraussehbar», hatte der 70-jährige Angeklagte noch Mitte Woche nach den Plädoyers beteuert. Die drei Richter sahen das anders: «Doch, es war voraussehbar, was passiert», meinte Gerichtspräsident Andreas Schröder am Freitag bei der Urteilseröffnung. Das Strafgericht in Muttenz verurteilte den 70-jährigen Mann aus Deutschland (bz berichtete) wegen Veruntreuung, Anstiftung zur Urkundenfälschung, Misswirtschaft und Unterlassen der Buchführung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Die Staatsanwaltschaft hatte 24 Monate beantragt.
Der Mann hatte drei Darlehen von Investoren im Umfang von knapp 400 000 Franken nicht zurückbezahlt und damit lediglich seine von Anfang an überschuldete Firma notdürftig am Leben erhalten. Schröder betonte, grundsätzlich sei es nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, sich mit der Zahlungsmoral von Darlehensnehmern zu befassen. Hier jedoch seien die Darlehen teilweise zweckgebunden erfolgt, zumindest ein Investor hätte das Geld klarerweise nicht gegeben, wenn er gewusst hätte, dass die Summe für das Stopfen von anderen Finanzlöchern verwendet wird.
Eine Frau hatte allerdings betont, ihr sei der Verwendungszweck egal gewesen, bloss die Rendite hätte sie interessiert. Deshalb gab es beim Vorwurf der Veruntreuung teilweise Freisprüche. Die gesamten Verfahrenskosten von über 30 000 Franken muss der 70-Jährige dennoch übernehmen.
Es sei auch nicht erkennbar, dass er das Geld irgendwie in werthaltige Projekte investiert und damit das Verlustrisiko begrenzt hätte, befand das Gericht. «Realistisch betrachtet war das nichts anderes, als wenn man ihnen Geld gegeben hätte, um damit Lotto zu spielen», sagte Schröder zu den Erfolgsaussichten der Projekte.
Auch sah das Gericht die für eine Verurteilung notwendige Bereicherungsabsicht klar als gegeben: «Man kann nicht jahrelang die Augen schliessen, andere ins Unglück rennen lassen, und dann behaupten, man habe immer daran geglaubt, dass irgendwann der grosse Geldsegen komme», erklärte Schröder in Bezug auf die Rechtssprechung des Bundesgerichts. «Jedes Kind weiss, dass es kein Investment gibt, bei dem bei 100 000 Euro Einsatz ein Zins von tausend Prozent besteht. Wenn das so wäre, würden auf dieser Welt nur noch Milliardäre leben», kommentierte Schröder die Versprechen des Mannes. «Die Gier nach schnellem Geld hat sie ausgezeichnet, ebenso aber ihre Kunden». Das Gericht hatte grosse Zweifel, ob der Mann nun vorsichtiger wird: Die Probezeit setzte es daher auf relativ lange vier Jahre an. Eine ähnliche Verurteilung in Offenbach hat der Mann weitergezogen, er dürfte wohl auch diesen Schuldspruch anfechten.