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Rund eine Million Unfälle ereignen sich jedes Jahr in der Schweiz - auf der Strasse, im eigenen Zuhause und bei Freizeitaktivitäten. Im Interview erklärt bfu-Direktorin Brigitte Buhmann, wie sie die Schweizer vor Unfällen bewahren will.
Frau Buhmann, Sie waren vergangene Woche in den Skiferien. Sie trugen doch einen Helm, oder?
Brigitte Buhmann: Selbstverständlich! Ich habe auch die Bindung kontrollieren und mit der bfu-Skivignette versehen lassen.
Wie muss man sich den Haushalt der bfu-Direktorin vorstellen: Ist dort alles zertifiziert, kontrolliert, niet- und nagelfest?
Nein. Wir haben ein ganz normales Haus und nur wenige Anpassungen gemacht. Ich bin dieses Jahr 54 Jahre alt geworden und habe bemerkt, dass ich beim Duschen nicht mehr über einen ganz so sicheren Stand verfüge. Deshalb habe ich Antirutsch-Streifen in die Badewanne geklebt. Auch Handläufe könnten irgendwann ein Thema werden.
Hatten Sie in Ihrem Leben schon mal einen Unfall?
Ja. Vor etwa 20 Jahren fuhr ein Skifahrer in mich hinein. Das ist selten, nur acht Prozent der Unfälle beim Skifahren sind Kollisionen. Das wissen wir aus unserer Statistik.
Was sind die häufigsten Unfälle, die den Schweizern ausserhalb des Jobs widerfahren?
Ganz klar Stürze. Von einer Million Unfällen, die wir in der Schweiz jährlich registrieren, sind über 300'000 Sturzunfälle. Danach folgen Fussball und Schneesport. Im Strassenverkehr machen uns vor allem die Neulenker und Motorradfahrer Sorgen.
Wie sieht es mit Bergsteigen aus? Ein berühmter Bergsteiger hat mal gesagt, man dürfe nicht Alpinist werden, wenn man mit Sicherheit im Bett sterben wolle...
Im Bergsport ist es so, dass es zwar nicht so viele Unfälle gibt; wenn sie aber passieren, sind sie häufig schwerwiegend. Der Anteil der Alpinisten an den Sportlern ist tief, aber bei ihnen gibt es fast die Hälfte der tödlichen Sportunfälle.
Will die bfu die Null-Risiko-Gesellschaft?
Nein. Das ist nicht möglich. Aber wir wollen sichere Umgebungen. Und die Menschen, die gewollt Risiken eingehen, sind in der Minderheit. Wir sprechen bei fünf Prozent der Bevölkerung von sogenannten «Sensation Seekers», diese suchen per se das Risiko. Aber auch diese vertrauen auf die Dienste der bfu.
Das müssen Sie uns erklären.
Auch ein Base Jumper, der sich mit dem Fallschirm von Felsen stürzt, steigt in ein Bähnli, um auf den Berg zu gelangen. Und wenn er in dieses Bähnli steigt, vertraut er darauf, dass es sicher ist, also die Seile geprüft, die Türschlösser in gutem Zustand und so weiter. Genau das ist unsere Aufgabe: Sichere Umgebungen schaffen, Fremdgefährdung minimieren.
Wo ist die bfu in den Städten tätig?
Da fällt mir der Basler Centralbahnplatz ein. Vielen sind sicherlich die Schienen aufgefallen, bei denen der Zwischenraum hellblau eingefärbt ist. Das geht auf eine Beratung der bfu zurück.
Gibt es Unterschiede zwischen den Kantonen oder Städten, sind Basler risikofreudiger als die Luzerner?
Die Kantone sind zu kleinräumig, um Aussagen zu machen. Auch die Daten aus den Städten sind zu wenig aussagekräftig. Wir wissen aber von grossen Unterschieden zwischen den Sprachregionen. Grob gesagt kann man festhalten, dass in der Romandie und im Tessin die Gurtentragpflicht nicht so gut eingehalten wird wie in der Deutschschweiz. Das Problem mit Alkohol am Steuer ist in der Romandie und im Tessin ebenfalls grösser. Die Tessiner verursachen auch mehr Motorradunfälle, was mit der stärkeren Verbreitung der Motorräder auf der Alpensüdseite zu tun hat. Wir haben darauf mit gezielten Kampagnen reagiert.
Apropos Kampagne: Wird die bfu weiter mit auffällig jugendlichen Kampagnen werben?
Sie meinen sicher «Franky Slow Down», die Figur, die zu mehr Gelassenheit im Strassenverkehr aufruft. Hier besteht die Zielgruppe aus Neulenkern und jungen Männern, die besonders viele Unfälle verursachen. Bei ihnen kommt Franky gut an. Wir wollen mit positiven Botschaften eine Verhaltensänderung erzielen. Schockbilder funktionieren da nicht, Zeigefinger-Kampagnen gehen gar nicht.
Franky wird uns also noch eine Weile medial begleiten?
Ja, das ist sicher!