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Vor rund drei Wochen kassierte die Wirtschaftskammer Baselland an der Urne eine ziemliche Schlappe. Direktor und FDP-Landrat Christoph Buser sieht selbst im Volksverdikt gegen die Energieabgabe kein Misstrauensvotum gegen den mächtigen Verband und seine Person.
Die Nachwehen der Abstimmung über die Energieabgabe sind noch nicht verebbt. Zuviel Geschirr wurde zerschlagen. Einerseits stellte sich die Handelskammer beider Basel gegen die Wirtschaftskammer Baselland – andererseits kam es innerhalb der FDP zu einer Zerreissprobe. Mittendrin: Wirtschaftskammer-Direktor und FDP-Landrat Christoph Buser, der das alles ganz normal findet.
Christoph Buser: Aus Sicht der Wirtschaftskammer war der 27. November kein schlechter Sonntag – auch wenn darüber anders berichtet wird. Wir haben mit dem Energiegesetz und dem Nicht-Rückbau der Rheinstrasse wichtige Ziele erreicht. Leider hat am Schluss das i-Tüpfelchen gefehlt – im energiepolitischen Bereich ein Ja zur Energieabgabe und bei der Rheinstrasse zur Initiative. Die Deponien-Abstimmung war ausser für den Baumeisterverband verbandspolitisch keine sehr wichtige Frage.
So ist es: Ich sehe das ganz anders als die bz. Die Wirtschaftskammer vertritt 10 000 Mitglieder und ist ihnen verpflichtet. An ihren Bedürfnissen richten wir unsere Aktivitäten aus – nicht daran, ob wir mit unserer Position jede Abstimmung gewinnen. Die Wirtschaftskammer steht mit ihren Positionen oft auf der Seite der Gewinner, manchmal auch auf der Seite der Verlierer. Das ist für den Verband kein Problem.
Am Mittwoch wurde eine Personalie bekannt, die auch Christoph Buser und die Wirtschaftskammer interessiert: Die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter wird Mitte 2017 neue Präsidentin der Handelskammer beider Basel (HKBB). Wie Buser auf Nachfrage sagt, habe ihn die Wahl insofern überrascht, als es einen Bruch darstelle, keine klassische Unternehmer-Persönlichkeit gewählt zu haben. Er verstehe aber die Strategie, dass die HKBB damit das Netzwerk in Bundesbern verbessern wolle. «Ich bin gespannt, ob sie dadurch mehr für ihre Mitglieder herausholen kann.» Dass dies auch Auswirkungen auf die Wirtschaftskammer haben könnte, glaubt Buser nicht, da man selbst den Schwerpunkt bei den KMU setze, die HKBB hingegen bei der Industrie. Es sei keine Konkurrenz. Zu 95 Prozent verfolge man dieselben Interessen und nur zu 5 Prozent sei man sich nicht einig. Auf jeden Fall möchte sich Buser demnächst mit Schneider-Schneiter austauschen. (mn)
Das sagen Sie. Tatsache ist: Ohne Rheinstrassen-Initiative hätte Rot-Grün viel stärker den – nun gutgeheissenen – Gegenvorschlag unter Beschuss genommen. Die Gefahr bestand real, dass die Rheinstrasse zurückgebaut wird. Das ist nun vom Tisch. Die Initiative stehen zu lassen, war darum taktisch richtig. Ein ähnliches Fazit ziehe ich bei der Energieabgabe: Unser Hauptziel war es, ein neues Energiegesetz auf die Beine zu stellen. Die Energieabgabe entsprach nicht einem Wunsch der Wirtschaftskammer. Sie war Teil unseres Entgegenkommens. Unschön ist das Resultat eher für die rot-grüne Seite. Zugunsten der Wirtschaft ist sie beim Energiegesetz einige Kompromisse eingegangen und hat nun ihr eigentliches Ziel, die Einführung einer Energieabgabe, nicht erreicht.
Ja, ich bin dezidiert dieser Meinung und habe dies bereits vor der Abstimmung gesagt. Die Gegner der Energieabgabe konnten dogmatisch argumentieren: «Keine neue Steuer». Die Wirkung der Abgabe wurde in diesem Umfeld kaum noch thematisiert.
Nein. Das ist die falsche Schlussfolgerung. Wir müssen von Fall zu Fall entscheiden, ob ein grosser Kompromiss über die Lager hinweg anzustreben ist.
Diese Idee ist nicht umsetzbar. Das Modell ist bundesrechtswidrig. Der kantonale Steuerverwalter Peter Nefzger hat dies jüngst öffentlich klargestellt. Letztlich basiert die Idee auf dem Bausparmodell von Hans Rudolf Gysin, meinem Vorgänger als Wirtschaftskammerdirektor. Es verstösst gegen das Steuerharmonisierungsgesetz.
Wir müssen über die Anpassung der energiepolitischen Ziele diskutieren. Die Baselbieter Stimmbevölkerung hat 2010 entschieden, dass im Kanton bis 2030
40 Prozent der verbrauchten Energie – ohne Mobilität – aus erneuerbaren Quellen stammen sollen. Das ist sehr ambitioniert. Alle Massnahmen, die nun noch erarbeitet werden, kommen zu spät, um dieses Ziel zu erreichen. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren, wenn jemand eine neue Idee hat. Anfang Jahr lädt ja die zuständige Baudirektorin Sabine Pegoraro zu einem Runden Tisch ein. Dann sehen wir weiter.
Nein, es bräuchte tatsächlich eine erneute Volksabstimmung. Das Nein vom 27. November lässt sich durchaus auch dahingehend deuten, dass das Volk sechs Jahre nach seinem Entscheid von 2010 die energiepolitischen Ziele nach unten korrigieren möchte.
Auch ich sehe zurzeit nicht, wie der Kanton in der derzeitigen Finanzlage einen Verpflichtungskredit von jährlich immerhin rund 10 Millionen Franken sprechen kann, ohne dass das Eigenkapital unter die Grenze von 100 Millionen fällt und deswegen die Steuern erhöht werden müssen.
Die FDP ist eine eigenständige Partei mit eigenständigen Positionen und einer eigenständigen Kultur. Es wäre nicht klug, wenn wir uns nach der SVP ausrichten würden. In vielen Punkten stimmen die Positionen von FDP und SVP überein, in anderen nicht. Das ist auch gut so. Persönlich unterstütze ich den bisherigen Kurs der FDP, der in der Energiepolitik mehr Ökologie einbringen will – aber das muss immer sehr wirtschaftsverträglich geschehen.
Es war unschön, dass im Abstimmungskampf freisinnige Exponenten öffentlich gegeneinander angetreten sind. Die politischen Gegner weisen auch genüsslich auf solche Auseinandersetzungen hin. Dabei ist doch klar: Flügelkämpfe gibt es auch in anderen Parteien. Schauen Sie nur, was aktuell in der SP Schweiz rund um die Wirtschaftspolitik läuft: Da wollen einige mal wieder das Privateigentum abschaffen, während die besonneneren Kräfte für einen realistischen Kurs plädieren. Selbstverständlich ist, dass in der FDP nun Gespräche geführt werden müssen. Dies geschieht aber parteiintern und nicht in der Öffentlichkeit (siehe Text rechts).
Auch das werden die internen Gespräche zeigen. Ich habe gelernt, dass eine Politik der Retourkutschen langfristig nicht zielführend ist.
Von solchen Diskussionen habe ich keine Kenntnis.
Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, bei den erwähnten Diskussionen in der FDP nun eine aktive Rolle zu übernehmen. Ich bringe meine Meinung ein, wenn ich danach gefragt werde – mehr nicht. Die Medien unterstellen gerne, ich würde als Wirtschaftskammerdirektor in der Parteileitung Druck aufsetzen und den eisernen Besen schwingen. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade wegen meiner Rolle als Verbandsdirektor halte ich mich in der Partei sehr zurück. Mein Fokus liegt auf der Wirtschaftskammer. Ich vertrete primär ihre Positionen.