Rotstab-Cabaret
Das Cabaret besticht mit gutem Wortwitz, aber die grossen Brüller fehlen

Ulrich Fluri
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Rotstab-Cabaret Liestal 2018
12 Bilder
Rotstab-Cabaret 2018 E Rampass bi de Bebbi: Lukas Ott, früherer Liestaler Stadtpräsident und nun Kantons- und Stadtentwickler in Basel-Stadt, wird imitiert.
Rotstab-Cabaret 2018 Christian Constantin (rechts), der Präsident des FC Sion, hat den Weg auf die Bühne des KV-Saals gefunden.
Rotstab-Cabaret 2018 Die Pfeifer des Stamms der Rotstab-Clique begeistern.
Rotstab-Cabaret 2018 Die Goldies vermögen mit ihren Schnitzelbänken nicht zu überzeugen.
Rotstab-Cabaret 2018 Der Stamm der Rotstab-Clique gibt den «Hanswurst» zum Besten.
Rotstab-Cabaret 2018 Übereifrige Mütter und Väter von Fussballjunioren sind auch am Rotstab-Cabaret ein Thema.
Rotstab-Cabaret 2018 Das verschobene Stadtfest ist für die Cabarettisten ein gefundenes Fressen.
Rotstab-Cabaret 2018 Das verschobene Stadtfest ist für die Cabarettisten ein gefundenes Fressen.
Rotstab-Cabaret 2018 Das verschobene Stadtfest ist für die Cabarettisten ein gefundenes Fressen.
Rotstab-Cabaret 2018 Die junge Garde der Rotstäbler überzeugt mit «Life is for living».
Rotstab-Cabaret 2018 Das verschobene Stadtfest ist für die Cabarettisten ein gefundenes Fressen.

Rotstab-Cabaret Liestal 2018

Nicole Nars-Zimmer niz

Da hockt man gute drei Stunden im proppenvollen und nicht sehr komfortablen KV-Saal – und ist trotzdem bestens unterhalten. Dafür sorgten die Rotstäbler dieses Jahr wiederum mit viel humoristischem Tingeltangel, das auch gestandene Liestaler Fasnachtshabitués zu begeistern vermag. Trotz einiger Durchhänger und dem typischen Premieren-Groove verdient sich das Cabaret 2018 zwar gute Noten, für einen Top-Platz im Ranking um den besten Jahrgang reicht es aber nicht.

Was dieser vorfasnächtliche Showdown mit seinen Machern Dieter Epple, Thomas von Arx, Maik van Epple und Barbara Kleiner dem Publikum bietet, ist beachtlich: eine gelungene Mischung aus absurder Komik, scharfer Satire und derbem Witz. So richtig zum Totlachen wars aber nie. Diesen Makel kompensierten indes die Protagonisten der musikalischen Unterhaltung, und das auf einem Niveau, das höchsten Ansprüchen genügt. So gaben die Pfeifer und Trommler des Rotstabstamms beim schwer zu spielenden Marsch «Husar» mit seinen vielen Rhythmuswechseln bereits zum Programmbeginn eine erste Kostprobe ihres Könnens. Derweil die junge Garde mit «Life is for living» die Bühne pfeifend und trommelnd in ein Ferienparadies verwandelten. Ein akustisch wie optisch starker Auftritt.

Im musikalischen Höhepunkt des Abends ging es dann schottisch zu und her. Da vereinigte der englische Pfeifen-Instruktor Paul Willmann im Stück «Highland Cathedral» vor prächtiger Kulisse die Pfeifer und Tambouren mit einem Dudelsackspieler, den Stedtli-Singers und der Liestaler Sopranistin Sarah Furrer zu einem wuchtigen Klangkörper. Grossartig – das hat das Cabaret noch nie erlebt.

Das Stadtfest und Lukas Ott

Das auf 2019 verschobene Stadtfest war für die Cabarettisten ein gefundenes Fressen, um alles, was die Liestaler so bewegt, scharfzüngig durch den Kakao zu ziehen. Dabei konnten die sieben Witzbolde ihren Klamauk gut gespielt inszenieren, punkto Dramaturgie und Pointen blieben sie aber einiges schuldig. Unter dem simplen Titel «Goooooool!!!» wurde dann das Problem der übereifrigen Väter und Mütter von Fussballjunioren in witzigen Szenen thematisiert. Da machte sogar der gut parodierte FC-Sion-Präsident Christian Constantin als Talent- und Trainer-Späher den Liestaler Kickern auf dem Gitterli seine Aufwartung.
Lukas Otts neue Funktion als Basler Stadtentwickler wurde im dritten Rahmenstück «E Rampass bi de Bebbi» ausgespielt. Seine Velotour durch die Stadt zusammen mit Regierungsrat Wessels kam aber als holpriger und wenig pointierter Sketch daher und verlief oftmals an der Grenze des guten Geschmacks.

Aufgepeppt und zusätzlich gewürzt wurde dieser Cabaret-Abend traditionell mit den Schnitzelbänken vom Muser Schang. Der Barde mit dem Hang zum Frivolen setzte in seinem breiten Baselbieter Dialekt messerscharfe Pointen zu Themen wie die Sissacher Sau-Metzgete, Maya Grafs Polit-Ambitionen oder das ganze Me-Too-Theater. Da konnten die Goldies mit ihrem etwas farblosen Auftritt nicht mithalten.

Dann wie immer vor der Pause: Die «Lupo-Rueche», die ihr Guggen-Spiel an der obersten noch zumutbaren Dezibel-Grenze zum Besten gaben.

Aadie Fasnacht

Diese Ankündigung gab auch an der Premiere viel zu reden: Die Rotstäbler wollen sich von der Liestaler Strassenfasnacht zurückziehen, sie fühlen sich nicht mehr verstanden. «Aadie Fasnecht, 88 Joor sy gnue»», titeln sie auf ihrem Zeedel, den Lorenz vor dem Vorhang zur Begründung etwas bedrückt vorliest. Danach spielen die Pfeifer und Trommler als prächtige in schwarz-weiss kostümierte Ueli sinnigerweise den Marsch «Ueli», und das unter dem Sujet-Auftritt «Eusi letschti Fasnacht». Jetzt fragt sich manch einer: «Stimmt das wirklich? Beugt sich eine so erfolgreiche und traditionelle Clique tatsächlich diesen angeprangerten Auswüchsen am Strassenrand und wirft den Bettel hin?»

Adieu nach 25 Jahren Rotstab-Cabaret sagte auch Charly Linder. Als Rösli outete er sich im Dialog mit dem ebenfalls nicht mehr jungen Guschti dann eben als Charly, legte die Frauenutensilien samt Perücke ab und verabschiedete sich vom Publikum. Ein berührender Akt, der mit tosendem Applaus quittiert wurde. Danke und alles Gute Charly!

Nach Mike van Epples Epilog mit einer sprachlich witzig gedrechselten «Hommage» an den nordkoreanischen Führer Kim Jong-un, der sich auf den Weg nach Liestal macht, zündeten die Stedtli-Singers traditionell das Schlussfeuerwerk des Cabarets. Dabei legte das ulkige Septett – allesamt begnadete Sänger – ein Finale auf die Bühne, das sich, in bekannte Songmelodien verpackt, vergnüglich über allerlei Ungereimtheiten lustig machte.