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Jetzt steht fest, wie es zur schweren Kollision in Muttenz kam. Der LKW fuhr geradeaus, statt abzubiegen. Gut möglich, dass der Fahrer abgelenkt war wegen des Unfalls an derselben Stelle kurz zuvor. Trotzdem gelte die Rennbahn-Kreuzung nicht als Unfall-Hotspot, sagt der Kanton – die Gemeinde dementiert.
Ein paar Sekunden später, und sie wäre mit ihrem Auto selber auf der Unglückskreuzung gestanden. So aber kam sie glimpflich davon, die Service-Angestellte des Restaurants Rennbahn in Muttenz: Sie befand sich bereits in der Einfahrt zum Mitarbeiter-Parkplatz, als es neben ihr knallte am Mittwochnachmittag: «Der Lastwagen fuhr einfach in die Seite des Trams», erzählt sie der bz. «Dieses sprang aus den Schienen, seine Räder standen teilweise in der Luft, ebenso die Vorderräder des LKW.»
Sie habe Schreie gehört. «Jemand sprang aus dem Tram, rannte sofort nach hinten, um Passagieren zu helfen. Ich weiss nicht, ob das der Chauffeur war, aber es sah danach aus.» Auf einem Handyfoto, das die Augenzeugin geschossen hat, ist dunkler Rauch zu sehen, er scheint vom Tram zu stammen.
Die Angestellte hat auch die Folgen des ersten Crashs auf derselben Kreuzung mitgekriegt. Kurz zuvor war ein Taxi-Van in einen weissen Roller gefahren. «Es hatte einen Riesenstau, eine Polizistin stand zwischen den Autos.»
Eine andere Augenzeugin sagt, ein Kollege der Polizistin habe sich zur Zeit der zweiten Kollision in einem grünen Technik-Häuschen befunden, das gleich neben der Kreuzung steht. «Das Tram verfehlte dieses Häuschen nur um ein paar Meter.»
Andere hatten weniger Glück, als der Lastwagen um 14.50 Uhr in das gut besetzte Tram prallte. Am Mittwochabend war die Rede von 37 Personen, die vor Ort auf Verletzungen kontrolliert wurden. Von diesen kamen 16 mit bis zu mittelschweren Verletzungen in Spitalpflege. Darunter befanden sich auch der Fahrer des LKW und der Tramführer.
Gemäss den Angaben der Baselbieter Polizei konnten im Verlauf des Donnerstags die meisten Verletzten die Spitäler wieder verlassen. Laut BVB verbrachte der Wagenführer die Nacht in Spitalpflege.
Die Polizei gab gestern Details zum Unfallhergang bekannt. Der Auffahrunfall auf der Kreuzung wurde demnach von einem 69-jährigen Taxifahrer verursacht. Er war von Basel her kommend auf der Sankt Jakob-Strasse in Richtung Muttenz-Dorf unterwegs. Bei der Kreuzung übersah er, dass eine 25-jährige Rollerfahrerin vor ihm abbremste. Das Taxi fuhr dem Roller ins Heck. Die Fahrerin musste von der Sanität ins Spital gebracht werden.
Noch während die Polizei mit der Unfallaufnahme beschäftigt war, kam es zur folgenschweren Kollision zwischen LKW und Strassenbahn. Der 51-jährige Lastwagenfahrer wartete vor dem Rotlicht auf der Birsfelderstrasse. Er befand sich auf der Spur für Linksabbieger. Als die Ampel auf Grün sprang, fuhr er jedoch nicht in Richtung Muttenz-Dorf, sondern geradeaus, in die Margelackerstrasse – nach wenigen Metern kam ihm dann das Tram in die Quere.
Gestern Vormittag waren die Aufräumarbeiten rund um die Sankt Jakobs-, die Birsfelder- und die Margelackerstrasse noch im vollen Gange. Mitarbeiter der BVB reparierten unter anderem die beschädigten Schienen, ebenso errichteten sie einen provisorischen Fahrleitungsmast – der vorherige war regelrecht umgemäht worden. Kurz nach Mittag war die Stromversorgung auf dem Abschnitt wieder hergestellt. So war es überhaupt erst möglich, dass ein anderes Tram das beschädigte Fahrzeug abschleppen respektive wegstossen konnte, das war um 14 Uhr der Fall. Um 15.30 Uhr wurde die Strecke freigegeben, danach verkehrten die Trams der Linie 14 wieder normal. Während des Unterbruchs hatten Ersatzbusse den Abschnitt zwischen St. Jakob und Pratteln-Endstation bedient.
Die demolierte Komposition kam zuerst auf ein Servicegleis bei der Haltestelle Basel-St. Jakob. In der Nacht, so lautete jedenfalls der Plan der BVB, sollte sie ins Depot Wiesenplatz transportiert werden.
Ob die Strassenbahn des Typs Flexity wieder fahrtüchtig wird, das weiss man bei der BVB noch nicht. «Wir müssen jetzt zusammen mit dem Hersteller Bombardier genau anschauen, wie stark das Fahrzeug beschädigt ist», sagt Mediensprecher Benjamin Schmid zur bz. Jedenfalls blieben die Drehgestellte an der Karosserie haften, trotz des heftigen Aufpralls. Auch dies eine Bedingung, dass das Crash-Fahrzeug überhaupt wieder auf die Schienen gehievt und bewegt werden konnte.
Wie die Polizei gestern mitteilte, seien Spezialisten von Polizei und Staatsanwaltschaft daran, den genauen Unfallhergang zu rekonstruieren. Nico Buschauer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Baselland, sagte auf Anfrage, es würde unter anderem abgeklärt, ob zwischen dem Auffahrunfall zwischen Taxi und Roller sowie der späteren Kollision überhaupt ein kausaler Zusammenhang besteht.
Auf einer Seite der Rennbahn-Kreuzung ist eine Verkehrsüberwachsungs-Kamera installiert. Da sie auf den Strassenraum gerichtet ist, hat sie den Unfall wahrscheinlich gefilmt. Polizei und Staatsanwaltschaft äusserten sich noch nicht zu möglichen Aufzeichnungen.
Die Rennbahn-Kreuzung galt bisher nicht als Unfall-Hotspot. Erst 2014 war die Sankt Jakobs-Strasse saniert worden. Die Gemeinde fordert trotzdem Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit.