Das Vorhaben, beim Kraftwerk Birsfelden ein neues Quartier aus dem Boden zu stampfen, stösst selbst beim Gemeindepräsident auf Skepsis.
Die kürzeste Reaktion stammt vom Birsfelder Natur- und Vogelschutzverein (NVVB): Man sei sprachlos über die neuen Pläne, den Grünstreifen beim Kraftwerk zu überbauen.
Das Schweigen dürfte jedoch nicht lange anhalten. Es ist der NVVB, der das 1983 eingerichtete Biotop am Stausee mitinitiierte und seit mittlerweile zwanzig Jahren um dessen Erhalt kämpft – schon einmal wurde auch dank seiner tatkräftigen Hilfe ein Hochhausprojekt bei der sogenannten Parzelle 1550 östlich des Birskopfs verhindert.
Auch die neuen Pläne für die Überbauung der rund 40000 Quadratmeter grossen Parzelle 1550 sehen ein Hochhaus vor. Es käme beim heutigen Birskopfparkplatz zu stehen (siehe «Schweiz am Wochenende» vom 16.5.). Entwickelt hat das Konzept der Baukonzern Losinger Marazzi auf eigene Faust. Geht es nach den Bernern, wird entlang der Schleusenbecken ein länglicher Gebäuderiegel hochgezogen.
Die Freiwilligen, die sich für den Unterhalt des Biotops am Stausee einsetzen, äussern sich auf Facebook deutlich: «Soll der Ausverkauf Birsfeldens wirklich weitergehen und die letzten Grünflächen geopfert werden?» Das Biotop gebe es seit 37 Jahren und sei mittlerweile ein wertvoller Erholungs- und Naturraum. Gerade jetzt würden dort etwa die Mönchsgrasmücke und der Zilpzalp brüteten.
Weichen müssten bei der von Losinger Marazzi favorisierten Variante «Mäander» zudem Tennisplätze und Familiengärten. Die Pläne sehen zwar wieder einen Teich vor, das jetzige Becken müsste jedoch versetzt werden. Die Wiesen und Trockenmauern hätten grösstenteils dem Beton zu weichen.
Rückendeckung erhält der NVVB von den Grünen-Unabhängigen. Jürg Wiedemann, Präsident der Birsfelder Grünenabspaltung, schreibt, die Partei habe sich bislang stets «gegen eine weitere Versiegelung des Bodens ausgesprochen, ebenso für den Erhalt des Biotops.» Im nächsten Schritt würde man sich mit anderen Parteien und Organisationen wie zum Beispiel dem Natur- und Vogelschutzverein austauschen und «ein gemeinsames Vorgehen planen».
Die Birsfelder FDP teilt mit, sie unterstütze im Grundsatz die Stadtentwicklungspläne des Gemeinderats, insbesondere die Zentrumsentwicklung. Doch die Partei sieht die Parzelle 1550 offenbar auch künftig lieber grün: «Das besagte Gebiet am Rhein soll unserer Meinung nach weiterhin als Erholungs- Natur- und Sportgebiet genutzt werden.»
Eigentümerin der Parzelle ist die Kraftwerk Birsfelden AG, die via Energieversorgungsunternehmen Baselland und Basel-Stadt gehört. Das Kraftwerk war laut eigenen Aussagen selber nicht in die Planungen involviert, ebensowenig die Gemeinde, wie Gemeindepräsident Christof Hiltmann zur «Schweiz am Wochenende» sagte. Der FDP-Politiker äussert sich jetzt ebenfalls skeptisch zum Vorhaben. Er schreibt, Losinger Marazzi habe die Visionen für mögliche Wohnbauten letztes Jahr präsentiert, «seitdem erfuhr unseres Wissens die Projektidee keine weitere Konkretisierung.» Aus Sicht des Gemeinderates habe die Wohnraumentwicklung «gegen innen» Priorität, etwa im Ortszentrum. Dann folgt die sorgfältig formulierte Kritik am Standort: «Am Ortsrand, entlang des Rheins, steht der Natur- und Erholungsraum im Fokus.»